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Samstag, 30. Dezember 2006

Urlaub in Berlin

Mit Yuli (und Annika) in Riobamba

Ich bin wieder in Berlin angekommen und fühle mich hier wie im Urlaub, nach 12 Tagen geht es ja schon wieder weiter. Die letzten Tage waren noch einmal chaotisch organisiert von AFS: am Dienstag früh (2. Weihnachtsfeiertag, der in Ecuador normaler Arbeitstag ist), flogen wir von Guayaquil nach Quito, nach tränenreichem Abschied am Flughafen von den Familien. In Quito erfuhren wir dann, dass AFS uns für die letzte Nacht in Ecuador wieder auf dem Campamento Nueva Vida ausserhalb von Quito einquartieren wollte. Das muss man sich mal vorstellen, inzwischen hatten wir natürlich auch in Quito allerlei Bekannte, von denen wir uns verabschieden wollten, der letzte Abend in der Wildwest-Bar in Quito war schon organisiert, und AFS will uns jwd (für die Nicht-Berliner: janz weit draußen) auf einem Campingplatz unterbringen, weil dort die Kosten ein paar Dollar niedriger sind. Enrico, Annika und ich waren uns sofort einig, dass wir notfalls in Quito in ein Hotel gehen (für 7 Dollar), aber Enrico hatte eine noch bessere Idee, nämlich seine Gastmutter vom Kurzaustausch zu fragen, ob wir die eine Nacht in ihrem Haus verbringen können. Das ging dann auch ohne Probleme, und so lernten Annika und ich auch diese sehr nette Familie noch einen Tag lang kennen, und der Abend in Quito mit Ximena (Enricos Spanischlehrerin) in der Wildwest-Bar war auch gerettet. Am nächsten Tag dann der Witz: Unser Flug (übrigens auch der von Tim nach Australien) ging von Quito über Guayaquil und dann weiter nach Madrid. So waren wir also 1,5 Tage später wieder am Flughafen von Guayaquil und haben uns gefragt, wofür uns AFS eigentlich nach Quito geschickt hatte...
In Berlin dann die Eingewöhnung/Umgewöhnung:
  • Es ist so ruhig hier, selbst auf der voll belebten Einkaufsmeile Schlossstrasse schweigen sich die Menschen an, kein Geschrei der fliegenden Händler, es sind keine Autohupen zu hören, die Busse fahren fast lautlos.
  • Ich habe im Moment keinen Festnetzanschluss, brauche also ein Cyber wie in Ecuador, das sind Internet-Cafés, aus denen man auch billig ins Ausland telefonieren kann (in Ecuador kostet das weniger als 10 Centavos die Minute nach Deutschland). Der erste Anlauf bei dunkin donuts/easy internet ist ein Reinfall, die haben nur reine Terminals, von denen man keine Dateien/Bilder ins Internet laden darf. Telefonieren geht dort auch nicht. Vom Handy kostet es über 3 Euro die Minute nach Ecuador. Heute habe ich nun ein Cyber in Berlin-Steglitz in der Albrechtstraße gefunden: mit CD-Laufwerk und 25 Eurocent Tarif nach Ecuador. Geht doch.
  • Der 30°-Temperaturunterschied fällt nicht so schwer aus wie gedacht, ich laufe mit meiner coolen Alpaka-Andenmütze herum (wahrscheinlich bin ich der einzige, der die cool findet...) und schwitze mit Pulli und dicker Jacke.
  • Annikas Mutter hat mir ihre alte Digitalkamera geschickt, klein, kompakt, genau das richtige für Afrika. Vielen Dank!!
  • Zuhause lege ich meinen mp3-Sampler mit Latino-Musik ein (Reggaeton, Salsa, Bachata, Vallenato). Meine Gedanken schweifen zurück in eine andere Welt.

Hier noch ein paar Bilder aus Riobamba und Banos, danke an Annika, die eine Super-CD mit Bildern als Weihnachtsgeschenk verteilt hat!

Unplanmäßiger Halt auf der Zugfahrt zur Teufelsnase, da ein Erdrutsch die Gleise versperrt.

Wir haben gerade die geräumte Strecke passiert.

Die Teufelsnase, der Schienenbus fährt nach rechts, um gleich darauf rückwärts links runter zu fahren.

Melcocha, die Süßigkeiten aus Zuckerrohrsirup in Banos, werden um eine Astgabel geschleudert, um sie zum Aufschäumen mit Luft anzureichern.

Banos liegt spektakulär in den Anden an einem Steilhang zum Fluss.

Sonntag, 24. Dezember 2006

Mit der Bahn zur Teufelsnase

Die letzten 2 Wochen, der Reiseteil, vergingen sehr schnell und wir Voluntäre versuchten noch schnell die Orte und Sehenswürdigkeiten zu erhaschen, die wir in den Monaten zuvor nicht geschafft hatten. Darunter waren Quito und die Galápagos-Inseln, danach blieben noch 5 Tage bis Weihnachten übrig. Während Enrico sich für eine Dschungeltour entschied, war Annika und mir das zu stressig. Wir hätten dann keinen Tag mehr in Guayaquil gehabt zum Verabschieden von Freunden oder Einkaufen von Mitbringseln und Weihnachtsgeschenken. Ausserdem wollte ich die letzten Tage noch mit Yuli verbringen, meiner ecuadorianischen Freundin. So haben wir uns für eine 3-Tagesfahrt nach Riobamba und Baños in die Sierra (Anden) entschieden, mit Yuli und Annika.

Hauptattraktion war dabei die Bahnfahrt um die Teufelsnase von den Anden zur Küste herunter. Die Strecke wird als die schwierigste der Welt bezeichnet und hat ursprünglich Quito in den Anden mit Guayaquil (Duran) an der Küste verbunden. Nach mehreren Unterspülungen ist jetzt allerdings nur noch ein kleines Teilstück zwischen Riobamba und Sibambe befahrbar. Die Teufelsnase selbst ist ein Berg mit 2 Spitzkehren, bei dem der Zug ein Stück rückwärts fährt und dabei in wenigen Minuten 100 Höhenmeter überwindet. Früher ein wichtiges Transportmittel für Ecuadorianer, fährt der Zug heute nur noch mittwochs, freitags und sonntags und wird fast ausschliesslich von Touristen aus Europa und den USA benutzt. Ausser Yuli haben wir an Ecuadorianern nur noch einen kleinen vielleicht 10-jährigen Jungen gesehen, der sich neben uns gesetzt hat und wie ein Wasserfall erzählt hat. In unserem Fall fuhr kein Zug, sondern drei Schienenbusse, und die Mehrzahl der Reisenden hat sich traditionell auf das Dach gesetzt, dort hat man einfach die beste Aussicht auf die herrliche Berglandschaft.

Es geht frühmorgens um 7:00 los, da ist es noch kalt auf dem Dach und die Händler im Bahnhof bieten einem aufdringlich ihre Waren an: Neben Kaffee und Frühstück auch Handschuhe, Mützen und Schals aus Alpaka-Wolle, sowie "Poncho Rain" (sprich: Rein), die englisch-spanische Bezeichnung für einen Regenponcho. Der Zug hält zwischendurch zweimal in Guamote und Alausi, wo man sich bei Kaffee/Tee aufwärmen und die sonstigen Bedürfnisse erledigen kann. Kurz nach Alausi, um 11:00, dann ein unplanmässiger Halt: Die Gleise sind in einer grossen Pfütze nicht mehr zu sehen, und hinter der Pfütze dann ein meterhoher Erdrutsch mit Steinbrocken. Mit Schaufel und Spitzhacke versuchen einige Arbeiter, die Erdmassen wegzuräumen, und wir Schaulustigen auf dem Dach schliessen Wetten ab, ob und in welcher Zeit wohl das Gleis wieder befahrbar gemacht werden kann. In Deutschland wäre ich jetzt wahrscheinlich sehr unruhig, da jede Verzögerung in der Regel alle nachfolgende Pläne durcheinander bringt. Hier dagegen haben wir noch keine nachfolgenden Pläne gemacht und die ecuadorianische Lässigkeit lässt uns einfach nur interessiert zugucken und ruhig abwarten, was jetzt passiert. Einige Touristen verlassen das Zugdach, um selbst mit Hand anzulegen und rollen grössere Steine aus dem Weg. Nach und nach kann die Pfütze abfliessen und wird der Erdhügel immer kleiner. 1 - 1,5 Stunden später sieht man das Gleis wieder und unter dem Beifall der Passagiere für die Arbeiter rollt der Zug wieder an. Dann kommt endlich die Teufelsnase, der Zug fährt vorwärts, rückwärts und wieder vorwärts den Abhang hinunter und auf dem Dach wird einem dabei ganz schwindelig. Unten steht eine Bahnhofsruine ohne Dach, früher war hier der Abzweig nach Cuenca, in einem Dreieck wendet der Zug und wir warten auf die Rückfahrt nach Alausi, von wo aus wir mit dem Bus zurück nach Riobamba fahren. Es soll einen Plan geben, dass die restliche Bahnstrecke ab 2008 wieder instand gesetzt wird, hoffentlich wird das wirklich durchgeführt.

Fotos im Internet von der Strecke, die eigenen Fotos von Annika werden nachgeliefert (im Hotel Tren Dorado haben wir ebenfalls übernachtet, zum Weiterblättern im Link rechts die kleinen Fotos anklicken)!

Am nächsten Tag haben wir noch einen Ausflug nach Baños am Fusse des Vulkans Tungurahua unternommen, der erst am 17.8.2006 und 16.10.2006 das letzte Mal ausgebrochen war. Baños ist das Tor zum Dschungel von Ecuador und von hier aus kann man viele Aktivitäten wie Rafting, Canyoning, Bungee-Jumping, Wandern, Mountain-Biking, Klettern usw. unternehmen. Leider hatten wir nicht viel Zeit, um 1 Uhr mittags traten wir schon die 7,5-stündige Busfahrt nach Guayaquil zurück an.

Alltag in Ecuador VI

Bevor ich meine Koffer packe für den 12-Tage-Ausflug nach Berlin, möchte ich noch ein paar Alltagsgebräuche erwähnen, über die ich bisher noch nichts geschrieben habe.

Kaffee und Schokolade

Ecuador ist der siebtgrösste Kakaoerzeuger der Welt und ein grosser Kaffebohnenproduzent, man sollte also meinen, dass es hier auch eine lange Tradition der Cafés und der Schokoladenzubereitung gibt. Weit gefehlt! Im Supermarkt sucht man fast vergebens nach Schokolade, ausser von dem Hersteller Nestlé findet man nur Importprodukte (u.a. auch Ritter Sport und Kinderschokolade). Es gibt nur weisse Schokolade, weisse Schokolade mit Smarties und Vollmilchschokolade, keine weiteren Varianten wie Traube-Nuss, Joghurt oder gar Knusperkeks. Auch andere Produkte wie Twix, Rocher oder M&Ms gibt es zwar in vielen Märkten, aber ebenfalls importiert und zu Fantasiepreisen ab 4$ aufwärts (oder in Winzpackungen). Der Schokoriegel hier heisst Manicho und wird seit Juli 2006 wieder produziert, offensichtlich stand die Firma La Universal vorher kurz vor dem Konkurs. Manicho ist ein Schokoriegel mit Erdnüssen (auf spanich "mani").

Mit der Kaffeekultur ist es für europäische Verhältnisse hier auch nicht weit hergebracht. Der Standardkaffee ist der café con leche, das ist eine Tasse Milch, in die Nescafé löslicher Kaffee eingerührt wird. Den kann man natürlich auch mit Wasser statt mit Milch bekommen. Eine andere Form ist der café tinto, hier bekommt man zu seiner Tasse heissem Wasser ein Karäffchen mit esencia serviert, das ist ein dickflüssiges Kaffeekonzentrat, von dem man ein bisschen zu seinem heissen Wasser dazugibt. Dann gibt man ganz viel Zucker in den Kaffee (ohne Zucker trinkt den hier keiner), Milch oder Sahne gibt es nicht dazu. Filterkaffee (café americano) wird nur vereinzelt angeboten. In den Malls (Einkaufszentren) hat sich jetzt eine Kette etabliert, die Sweet & Coffee heisst. Hier gibt es leckeren Kuchen (Schoko/Manjar - Manjar oder Dulce de Leche ist ein süsser Milchbrotaufstrich - oder Erdbeer-Käsekuchen) und Kaffee in allen Variationen inkl. Cappuccino, ansonsten gibt es in Guayaquil ein McDonald's McCafé ähnlicher Machart und das war's dann auch schon mit Cafés im nordamerikanischen oder gar europäischen Stil in der Küste. Sieht man einmal von den bemannten (eher befrauten) Nescafé-Automaten in Malls und auf Flughäfen ab. Die Sierra ist viel touristischer, hier findet man in Cuenca z.B. das Café Austria in europäischem Stil.

Hotels, Frühstück und Mittagessen

Die letzten Wochen waren wir ja viel unterwegs und haben in Hotels übernachtet. Die Hotels sind einfach, haben aber meist einen recht ordentlichen Standard, sauber, mit heissem Wasser, Farbfernseher, eigenem Bad und Dusche. Man zahlt dafür zwischen 5$ (Baños) und 10$ (Esmeraldas) pro Person und Nacht, und es werden ohne Probleme auch Triple (Dreibettzimmer) angeboten. Ein Frühstück ist dabei nicht enthalten, kann man aber in der Regel im Hotel oder in einfachen Restaurants einnehmen. Das kostet meist 1,25$ und man bekommt dafür einen Kaffee (die Tasse Milch mit Kaffeepulver...), ein Glas frisch gepressten Saft (meist Brombeere oder Orange, aber auch Papaya oder andere Sorten), ein Rührei und ein Brötchen mit Käse (ohne Butter). Käse ist dabei der weisse, mozzarella-ähnliche Kuhmilchkäse, den es hier praktisch ausschliesslich gibt. Auch zum Mittagessen sucht man einfache Restaurants auf, die ein almuerzo completo, ein Mittagskomplettmenu, zu 1,50$ anbieten. Darin enthalten ist eine Suppe (meist Hühnerbrühe mit Hühnchenfleisch, Kartoffeln oder Yuka, Gemüse, gestern fanden wir aber auch Hühnerfüsse, Hals und Herz in der Suppe...), das Hauptgericht (Reis, Fleisch oder Huhn, Menestre (dickflüssige Linsen- oder Bohnensosse) oder Nudelsalat) und wieder der frisch gepresste Saft, manchmal auch noch ein Nachtisch. Natürlich kann man auch a la carte bestellen, dann zahlt man aber 3-4$ nur für das Hauptgericht. Ausländische Restaurants gibt es hier auch, hauptsächlich Italiener und Chinesen, aber auch Shawarma (das ist arabisch, meist von Libanesen betrieben, und bezeichnet eine mit Grillfleisch und Salat gefüllte Teigtasche) und Mexikaner.

Freundschaftsbänder


Armbänder aus Stoff, Leder oder Tagua sind in Ecuador weit verbreitet und auf allen Märkten zu Preisen zwischen 25 Centavos und 2$ zu erwerben. Im Laufe der Zeit habe ich vier Armbänder (s. Foto) und eine Halskette geschenkt bekommen von Teresa, Narcisa (gleich 2), Priscilla und Yuli. Sie sind eine nette Erinnerung, auch wenn das Auf- und Zuknoten (z.B. vor und nach dem Duschen) immer sehr mühselig ist.

Weihnachten und Silvester

Weihnachten wird in Ecuador ähnlich wie bei uns in der Familie verbracht, zu Essen gibt es Huhn, Truthahn oder Schwein. Die Geschenke werden erst Heiligabend um Mitternacht übergeben, dann wird auch der Braten gegessen. Zum Truthahn gab es bei uns die typische relleno de pavo, einen hellbraunen Brei mit Nüssen, Rosinen und Truthahnstücken. Vor dem Mitternachtsessen werden den ganzen Nachmittag schon bis um 12:00 SMSen mit allen Freunden ausgetauscht, bei denen man sich alles Gute wünscht, teils sehr religiös formuliert. Es gibt Weihnachtsbäume, aber keine echten, da hier keine Tannen wachsen. Die werden dafür meist schon einen Monat vorher aufgestellt, sie nadeln ja nicht... Der Advent mit Adventskranz, 4 Kerzen, Schoko-Adventskalender und Weihnachtsgebäck ist hier nicht bekannt und wird nicht gefeiert, Weihnachtsmärkte und Glühwein gibt es bei 30°C auch nicht, dafür wie in den USA Weihnachtsläden, die das ganze Jahr über geöffnet haben.

Zu Silvester werden Figuren aus Pappmaché gebastelt, die schon 1-2 Wochen vorher aufgestellt werden. Dies sind berühmte Personen (z.B. der noch amtierende Präsident Alfredo Palacio) oder nur lokal bekannte (im Zoo El Pantanal ist es dieses Jahr der Zoo-Biologe Marcos), die im vergangenen Jahr eine mehr oder weniger schlimme Bedeutung hatten. Auf die Figuren werden noch passende Texte geschrieben mit charakteristischen Eigenschaften, und bei der Ausstellung der Figuren wird Geld gesammelt (ich nehme an für die spätere Silvesterfeier). Am Silvestertag kommt es dann um Mitternacht zur Verbrennung der Figur, die Witwe (eine von einem Mann gespielte Frau) hält eine lustige Trauerrede. Schade, dass ich Silvester nicht mehr hier bin, das hätte ich mir gerne angesehen. Auf der anderen Seite soll dann ganz Guayaquil eine einzige Rauchwolke sein, weil alle Figuren gleichzeitig verbrannt werden.

Donnerstag, 21. Dezember 2006

Bilder Quito und Galapagos

Am Äquator (rote Linie), nördlich von Quito

Mit der Seilbahn sind wir auf den Pichincha gefahren, zu unseren Füssen liegt Quito

Zum Grössenvergleich habe ich mich aufs Bild geschummelt. Die Riesenschildkröten sind wirklich riesig und wiegen bis zu 300 kg.

Isla Santa Cruz

Eine Meeresschildkröte, erschöpft vom Eierlegen...

Ich bade vor der Insel Seymour, hinten unser Boot.


Frohe Weihnachten wünscht Kathi aus Österreich!

Dienstag, 19. Dezember 2006

Abschiedsstimmung

Die Galapagos-Inseln, Santa Cruz liegt in der Mitte

Der Galápagos-Urlaub war typisch ecuadorianisch gestaltet: Als Deutscher würde man sich wahrscheinlich einen Reiseführer (Buch) kaufen, Flug und Hotel buchen und dann selber Ausflüge unternehmen, in Restaurants essen, usw. In Ecuador gibt es keine Reiseführer, und wenn, werden sie nicht gekauft. Stattdessen hat man die ganze Zeit einen Guia (Reiseführer in Person) und kauft ein All-Inclusive-Angebot ein (Flug, Hotel, Führer, Mahlzeiten, Ausflüge). Das nimmt einem natürlich jede Menge Arbeit ab. Unser Führer hiess Jacinto, hat uns manchmal etwas rücksichtslos durch Erdtunnel robbend gehetzt oder auf schattenlosen Wegen nicht auf zurückbleibende, ausgetrocknete und entkräftete Teilnehmer geachtet, war aber ansonsten ganz nett. Ich glaube, das ist die typische ecuadorianische fehlende Anteilnahme. Die Inseln sind zum Teil bewohnter als ich dachte, auf Santa Cruz haben wir in einem richtigen kleinen Ferienort mit Geschäften, Internet-Cafés, Bars und Diskotheken gewohnt. Als wir abends von einem Café aus die vorbeifahrenden Autos beobachtet haben, haben wir nur weisse Pickups gesehen. Ich dachte schon, dass andere Autos hier nicht zugelassen sind. Hinterher erzählten uns die Männer aus der "Drogen-Ecke", dass das die Taxis auf Galápagos sind. Die Drogen-Ecke haben wir so getauft, weil dort nachts immer Männer auf der Strasse sassen, von denen man nicht wusste, welchen Geschäften sie gerade nachgehen. Wir haben sie dann danach gefragt und in der Unterhaltung waren sie ganz nett, wie alle Ecuadorianer. Ansonsten ist Galapagos für ecuadorianische Verhältnisse recht teuer (Flasche Wasser: 18-25 Centavos in Guayaquil, 28-50 Centavos auf Galapagos) , für Ausländer aber immer noch preiswert. Die Reisegruppe war übrigens für mich sehr angenehm zusammengestellt, ausser mir nur Frauen: Annika, Camilla (norwegische Voluntärin in Esmeraldas), Kathi (Österreich/Quito), Amitte (Austausch-Schülerin in Guayaquil/USA) und Karina (AFS-Koordinatorin aus Esmeraldas). Auf Galápagos trifft man fast nur auf ausländische Touristen und wenig Einheimische, aber das war mir vorher schon klar.


Die kleine Insel Santa Bartolomé vor San Salvador. Zwei Traumstrände: am linken legen die Meeresschildkröten ihre Eier ab, am rechten liegen die Robben am Felsen, hinter dem Felsen sahen wir Pinguine (ich wusste vorher nicht, dass es Pinguine auch am Äquator gibt...)

Wieder zurück in Guayaquil gab es gestern ein straffes Programm: morgens AFS-Abschlusstreffen der Voluntäre aus Guayaquil, wie schon bei den letzten Meetings waren nur noch Annika und ich anwesend, ich weiss nicht, was sich die anderen Voluntäre dabei denken. Abends bei der Abschlussparty im New York City Rock and Roll Café waren dann aber wieder alle dabei, mit Familien und jeweils einem Vertreter der Arbeitsstellen. Es wurden einige Dankesreden gehalten, als Dinosaurier habe ich mich kurz im Namen der Voluntäre bedankt, und hinterher gab es Essen und Tanz. Tagsüber Treffen mit Yuli (Planung einer gemeinsamen Reise mit Annika von Donnerstag bis Samstag nach Riobamba/Baños) und Verabschiedung von Narcisa und Marcelo in San Marino.

Sonntag, 17. Dezember 2006

Gestohlene Kameras und Galapagos

Also das Diebstahlrisiko in Südamerika ist schon ganz schön gross, ausser meiner Kamera sind auch anderen Voluntären Sachen "abhanden" gekommen, Enrico seine Kamera und sein Handy, und Sybilles Eltern beim Besuch in Esmeraldas die Kamera. Auch im Zoo kenne ich zumindest zwei Mitarbeiterinnen, denen das Handy geklaut wurde. Die Story von Sybilles Eltern ist interessant, sie werden es mir hoffentlich verzeihen, wenn ich hier davon berichte:

Die letzten zwei Wochen waren Sybilles Eltern zu Besuch in Ecuador. Bei einem Bummel in Esmeraldas ist dem Vater auf der Strasse aus der Gürteltasche die Kamera entrissen worden, und zwar nicht so unauffällig wie mir beim Shakira-Konzert, sondern richtig mit Wegreissen, Wegrennen und anschliessender Verfolgung durch den Vater, bis dieser zurückgehalten wurde, weil er bei der Verfolgung einen unsicheren Bezirk erreicht hatte, aus dem man als Gringo normalerweise nicht mehr unbeschadet herauskommt. Der Verlust war umso schmerzlicher, als nicht nur die Kamera, sondern auch alle vorher bei der Rundreise in Ecuador gemachten Fotos auf dem Speicherchip weg waren.

Was tun? In Esmeraldas wird die Sache so gelöst: Irgendjemand (ich glaube aus Sybilles Gastfamilie) bot sich als Mittelsmann zur Esmeralder Szene an, die Stadt ist ja klein und jeder kennt sich, und nahm Kontakt zu den Räubern auf. Der Wunsch war, die Kamera, zumindest aber den Speicherchip mit den Bildern, gegen einen Obulus wieder zu bekommen. Nach einem Tag war der Kontakt hergestellt, ein Angebot lag vor, und für 120$ wurde die Kamera mit Chip zurückgekauft. Sie hat zwar Schrammen und das Gehäuse ist halb aufgebogen, funktioniert aber noch einwandfrei, die Bilder sind auch noch alle drauf und Familie Luhmann hat ein Andenken mehr von Ecuador und eine spannende Geschichte zu erzählen. Mir wurde die Geschichte von den Eltern persönlich am Vorabend zur Galapagosreise in einer mexikanischen Bar in Quito erzählt und die Kamera gezeigt.

Zu Galapagos kann ich gar nicht viel schreiben, man muss dazu einfach die Fotos sehen, die ich nächste Woche sicherlich ergänzen werde (Dank an Annika, die fleissig fotografiert!). Nur so viel, wir haben uns auf der Isla Santa Cruz einquartiert und unternehmen von hier täglich, meist mit dem Schiff, tolle Ausflüge zu Nachbarinseln mit Traumstränden und einmaliger Flora und Fauna. Wir haben gesehen: natürlich die Galapagos-Riesenschildkröten, Wasser- und Land-Leguane, Blaufusstölpel, Flamingos, Fregattvögel mit dem aufgeblasenen roten Brustsack, Robben, Haie, aus dem Wasser springende Manta-Rochen, Delphine, Pelikane, die Darwin-Finken, Opunzien-Kakteen mit Baumstämmen und vieles mehr.

Dies ist mein 50. Blog-Eintrag und ich möchte mich bedanken für die Geduld und Ausdauer meiner fleissigen Leser! Liebe Grüsse nach Deutschland, in zwei Wochen bin ich wieder kurz in Berlin.

Sonntag, 10. Dezember 2006

Letzter Tag im Zoo und Aufbruch nach Quito

Am gestrigen Freitag war mein letzter Arbeitstag im Zoo El Pantanal. Ich habe Cola, Hanutas(*) und andere Kekse eingekauft und von meinem Geburtstagsgruppenfoto 25 Abzüge gemacht und an alle als Erinnerung verteilt. Die Kollegen haben sich darüber sehr gefreut, waren traurig über meinen letzten Tag und haben mir den Abschied nicht leicht gemacht. Nach mehr als vier Monaten hatte ich alle sehr lieb gewonnen und so gab es viele Umarmungen und hinterher im Bus bei mir Tränen. Die Arbeit hat mir sehr viel Spass gemacht, ich habe wohl über 60 Führungen auf spanisch, deutsch und englisch gehalten, immerhin dreimal Trinkgelder (zwischen 2 und 5 Dollar) bekommen (und viele Limonaden) und viel über die Tiere Ecuadors und über ecuadorianische Schulklassen (die Besucher) gelernt. Die Kooperationen mit den Zoos in Erfurt, Wien und Frankfurt wurden aufgebaut und Tierspenden (hauptsächlich Affen und Känguruhs) aus diesen Zoos sind angestossen. Ich habe Mäuse, Ratten und Schnecken gezüchtet und oft mit Huma, einem 4 Monate alten Puma, gespielt. Aber am schönsten waren die vielen Gespräche mit den Kollegen, aus denen sich einige Freundschaften, Liebeleien, Reisen und der Besuch einer Cocktailvorlesung an der Uni ergeben haben.

Am gleichen Abend bin ich im Nachtbus mit Annika nach Quito aufgebrochen, wo wir zusammen mit Enrico, Kathi, und Bekannten von uns die Stadt unsicher machen werden. Am Mittwoch geht es dann von Quito für 5 Tage nach Galapagos. Mein erster Eindruck von Quito: es ist nachts, morgens und abends kühl, mittags holt man sich dagegen leicht einen Sonnenbrand, und das Besteigen eines jeden Hügels ist in den ersten Tagen eine ziemliche Anstrengung in 2.850 m Höhe... Die Altstadt ist sehr schön, ähnlich Cuenca.

(*) Hanuta:
Ich bin erstaunt, wieviele deutsche Produkte man in Ecuador im Supermarkt kaufen kann: Hanuta, Kinderschokolade (1,31$), Kinder-Überraschungseier (heissen hier "Kinder sorpresa"), Rittersport-Schokolade (1,70$), Franziskaner-, Löwenbräu- und Holstenbier (je 2$ die Flasche), Uhu, Hansaplast, Wileda-Schwämme, Faber-Castell und Staedtler-Stifte, Pelikan-Radiergummi, Siemens-Handys, Nutella, Nivea-Creme, Haribo-Gummibärchen und vieles mehr. In Spezialgeschäften gibt es noch mehr, wie z.B. ein Partyfässchen Löwenbräu für stolze 30$ oder ein Franziskaner-Weizenbierglas für 5$. In umgekehrter Richtung ist es schon schwieriger, in deutschen Supermärkten findet man wahrscheinlich nur Bananen, Thunfisch und eventuell Krabben und Schnittblumen aus Ecuador.

Freitag, 8. Dezember 2006

Richards Geburtstag

Gestern hatte Richard, der Vater meiner Gastfamilie, Geburtstag. Ausser der Familie waren die Angestellten der Firma und Freunde der Familie eingeladen, auch Annika, und so kann ich von ihrer Kamera hier einige Fotos zeigen:

Es gab ecuadorianische Tacos (nicht etwa mexikanische, wie ich beim ersten Anblick gesagt hatte), Richard zeigt hier, wie man die so füllt, dass hinterher nichts tropft. Vorne links die Geburtstagsschokotorte.

Gruppenbild der Angestellten und der Familie mit Damen: von links nach rechts, hinten Juan Pablo, Betto, Tomas (alle drei Firma), Camilo (Gastbruder und Firma), ich, Diego (Gastbruder), Meili (Firma), Richard, René (Gastbruder), vorne Gabucho (Firma), Teresa, Leo und Alex (alle 3 Gastfamilie), im Hintergrund steht schon der geschmückte (Kunst-)Weihnachtsbaum. Echte Weihnachtsbäume gibt es hier nur ganz vereinzelt zu kaufen.

Zifu, der Vater der drei Labradoren, wird im Dezember 7 Jahre alt.

Nach dem offiziellen Teil kommt der inoffizielle in Richards Schlafzimmer: es wird rituell die DVD von Leonardo Favio gespielt und laut mitgesungen. Das ist wie eine Haushymne. Die Deutschlandfahne war eines meiner Gastgeschenke...

Auf Richards Bett versammelt sich die Familie.

Dienstag, 5. Dezember 2006

Shakira, Frust und Familienbilder

Das war ein langes Wochenende, am Donnerstag früh kam Enrico aus Esmeraldas zu Besuch, Grund war das Shakira-Konzert am gleichen Abend, und blieb bis zum Sonntag abend. Über die Vorbereitungen zum Konzert wurde in der Presse hier schon Tage vorher berichtet, es gibt solche Grosskonzerte hier nicht oft, und so hat die interessierte Leserschaft erfahren, dass Shakira nur italienisches Mineralwasser trinkt, viel Obst und Gemüse isst, dass ihr Lebensgefährte sie auf der Tournee begleitet, aber in der Suite des Hilton Colon (Kolumbus-Hilton) ein eigenes Schlafzimmer hat. Hm, ist doch mal interessanter als immer die trockenen Politik-Nachrichten in Deutschland... Ausserdem wurde geschrieben, dass man (nicht professionelle) Kameras mitnehmen darf, um das unvergessliche Event zu verewigen.

Um 20:00 ging es los, meine Gastbrüder (die nicht mitkamen, 21$ Eintritt ist hier sehr viel Geld) waren schon ganz nervös, als Enrico und ich um 18:30 immer noch zu Hause waren, das Stadion und der Andrang sei gross und so spät kämen wir nicht mehr herein. Eine Stunde später hatten wir aber rechtzeitig den Innenraum des Stadions erreicht und uns einen guten Platz (für unsere Preisklasse) ausgesucht. Unser Vorteil: Durch die europäische Grösse konnten wir ganz gut über die Menge schauen, während sich andere Zuschauer ärgerten: sie hatten die Plastikferngläser für einen (oder zwei?) Dollar erstanden, die ihnen aber nichts nützten, weil sie damit nur den Hinterkopf des Vordermannes vergrössern konnten, aber keinen Blick auf die Bühne erhaschten.

Mit einer halben Stunde Verspätung (also für hier recht pünktlich) ging es dann los und wir waren fasziniert von Shakiras Bauchnabel, ihren Tänzen und dass die Zuschauer schon gleich beim ersten Lied auswendig mitsangen. Ich habe tolle Fotos und Videos gemacht. Und dann passierte das, was ich in Südamerika eigentlich immer erwartet hatte, aber durch die bisherigen guten Erfahrungen unvorsichtigerweise verdrängt hatte. Als ich wieder ein Bild machen wollte und vorne an meine Fotogürteltasche fasste, war diese leer. Irgendwie ein blödes Gefühl. In Gedanken versuchte ich zu rekonstruieren: normalerweise merkt man, wenn einem jemand vorne an den Gürtel unter das darüberhängende Oberhemd fasst, und ein Gedränge war auch nicht. Naja, bei einem Lied tanzten auf einmal zwei kleine rundliche Frauen vor uns und drängelten ganz schön, ich gab natürlich nicht nach, man muss ja seinen guten Platz verteidigen. Nach einem halben Lied waren sie auch schon wieder weg. Guter Trick, muss man anerkennen, ich habe nichts gemerkt.

Für mich war der Abend dann gelaufen, der Kopf sagt zwar, Ärgern hat keinen Sinn, da man jetzt eh nichts mehr dran ändern kann, und das Frustgefühl wurde hinterher mit zwei Krügen Bier besänftigt, aber das hilft nicht richtig.

Das restliche Wochenende war wieder sehr schön, Annika, Enrico und ich waren praktisch ständig zusammen und haben die Stadt unsicher gemacht. Am Freitag vormittag hat Enrico mich in den Zoo begleitet, wo ihn meine ganzen Kolleginnen erst einmal kennenlernen wollten. Ansonsten haben wir viel philosophiert, z.B. über in Deutschland unumstössliche Grundfeste, die hier ganz anders sind: die Mondsichel, die liegt und nicht aufrecht steht; die zwei Jahreszeiten (Trocken- und Regenzeit statt wie bei uns Frühling, Sommer, Herbst und Winter); der kreisrunde kleine Schatten zur Mittagszeit; die nur halbstündige Dämmerungzeit hier.

Ich hatte bisher nur wenig Bilder meiner Familie gemacht, der nahende Abschied und Annikas Kamera haben das jetzt mal nachgeholt:

Richard, Vater der Gastfamilie

René (Gordo), Meili (gehört nicht zur Familie, sondern zur Firma), Marco (Flaco), Teresa, Jorge (Zuco) und Oscar, in Klammern die hier üblichen Spitznamen (Dicker, Dünner und Blonder)

Jorge, René, Diego, Oscar und Andres

Leo, Alex und Diego

Camilo

Dienstag, 28. November 2006

Alltag in Ecuador V

Ich will jetzt nicht jeden Tag einen neuen Artikel schreiben, aber heute habe ich mich so gefreut, dass ein langer Kampf gegen die Windmühlen sein glückliches Ende nahm:

Behörden

Über die Beantragung des Censos hatte ich ja schon berichtet. Der Censo entspricht in etwa der Meldebescheinigung, und mit ihm wird man in Ecuador bei vielen Touristenattraktionen wie ein Einheimischer behandelt. Es gibt da nämlich enorme Unterschiede bei den Eintrittspreisen. Beispiel Galapagos-Inseln:
  • Eintritt Ausländer: 100$
  • Eintritt für Bürger von Andengemeinschaft- oder Mercosur-Ländern: 50$
  • Eintritt für Einheimische oder hier gemeldete Ausländer: 6$

Das sind Unterschiede, oder? Für die Ruinen von Ingapirca haben wir 6$ gezahlt, Einheimische zahlen 1$. An der Costa dagegen gibt es kaum Touristen, deshalb auch keine zwei verschiedenen Preise. Somit haben wir den Censo ausser in Cuenca bisher noch nicht gebraucht. Am Wochenende wurde ich aber doch unruhig, da in zwei Wochen die Galapagosreise ansteht und ich im Gegensatz zu Annika noch nicht einmal eine Bescheinigung hatte, dass ich den Censo beantragt habe (und er im Moment nicht prozessiert werden kann, da keine Formulare vorhanden). Also habe ich heute eine Stunde eher im Zoo Schluss gemacht und mich zur Policia de Migracion, zur Ausländerbehörde aufgemacht. Ziel war, den Censo zu erhalten (obwohl ja telefonisch immer gesagt wird, es gibt keine Formulare), oder zumindest die Annika-Bescheinigung.

Im Gegensatz zum letzten Mal (ein Freitagnachmittag im August) war diesmal am Montag das Wartezimmer gerammelt voll und es fand ein Mischsystem aus Schlangestehen und Wartenummern ziehen statt: man stand eine halbe Stunde in der Schlange, um dann eine Wartenummer (die 65) zu bekommen. Das Schicksal meinte es mal wieder gut mit mir, und sandte mir ein paar Feen. Die erste Fee schenkte mir nach einer Stunde ihre Wartenummer (die 58, immerhin 7 Plätze vorher). Mit dieser Nummer kam ich nach 2,5 Stunden um Punkt 18:00 (Ende der Sprechzeit) in das Amtszimmer. Dort dann die grosse Enttäuschung: die aufgrund des Andrangs schon etwas genervte Beamtin fragte nach den KO-Kriterien: sobre und especie, beides konnte ich nicht vorweisen - und tschüs! Mit sobre hatte ich schon gerechnet, das sind grosse gelbe DIN-A4-Briefumschläge, die in der Schlange alle ausser mir hatten. Especie war schon schwieriger, das Wort kenne ich nur aus dem Zoo und heisst Tierart. Sollte es aber im Erdgeschoss geben. Dort habe ich mich durchgefragt und für 4$ eine Mischung aus Wertmarke und Plastikträger für den späteren Ausweis erstanden. Briefumschläge gab es bei der Behörde nicht. Also habe ich schon frustriert das Gebäude verlassen (es wurde nach 18:00 keiner mehr reingelassen) und mich mental darauf eingestellt, am nächsten Tag wieder 3 Stunden auf dem Amt verbringen zu müssen.

Die zweite Fee sagte mir nun: nicht so schnell aufgeben! Gegenüber der Behörde ist der Zentrale Busbahnhof, und davor in den Geschäften gibt es eigentlich alles zu kaufen (z.B. Zahnbürsten), warum nicht auch Briefumschläge? Der erste Laden hatte tatsächlich das Gewünschte, schnell zurück gespurtet, dem verdutzten Einlassaufpasser bei der Behörde meine zweite Wartenummer (die 65, die erste wurde beim ersten Mal gleich einbehalten) gezeigt und ihn überredet, mich doch noch einmal reinzulassen. Oben stand noch fast die gleiche Schlange, ein Mann erkannte mich wieder und gestikulierte mir freundlicherweise, dass ich doch gleich ins Zimmer reingehen könne, ich wäre ja schonmal dagewesen. Dann ging alles ganz schnell, ich legte alles vor, meine ganzen Papiere wurden gar nicht mehr auf Vollständigkeit geprüft, sondern nur schnell in den Umschlag gesteckt, ein Digitalfoto von mir gemacht (was alle amüsiert hat, weil das Stativ nicht auf meine Grösse ausrichtbar war und ich in die Hocke gehen musste), der Ausweis mit Foto ausgedruckt, verschweisst, die Beamtin sagte, nach mir bearbeite sie nur noch zwei, die restliche Schlange könne morgen wieder kommen. Die 65 wäre nicht mehr herangekommen...

Was ich mich frage ist, warum man telefonisch immer vertröstet wird, wenn dann doch vor Ort alles vorhanden ist und der Ausweis ausgestellt werden kann. Oder ich hatte Glück, und die Formulare (oder die especies?) gibt es erst seit heute wieder, am Tag nach den Präsidentschaftswahlen.

Filmstar III

Ich habe in Filmstar I und II ja schon beschrieben, wie man hier auffällt, wenn man weiss, gross, blond und blauäugig ist. Bei meiner letzten Führung am Freitag haben z.B. die Schulmädchen gefragt, ob meine Augen echt seien, sie seien so schön blau. Sie haben dann selber eingesehen, dass die Frage unsinnig war, aber schmeicheln tut das schon und zum Abschied haben sie alle aus dem Schulbus herausgewunken und "Chao Tim!" gerufen.

Am Wahlsonntag war ich mit einer Freundin Yuli hier am Malecon und durch die Innenstadt bummeln. Nach einer Weile bekommt sie eine SMS von einer Freundin Tanya, die uns beide gesehen hat. Heute werde ich von Jenifer im Zoo angesprochen, was ich gestern gemacht hätte. Ihre Schwester Leo (die ich nur zweimal kurz im Zoo vorbeigehen gesehen habe) hätte uns gesehen. So klein ist Guayaquil, trotz der 4 Millionen Einwohner. Das erste Mal war mir dieser Paparazzi-Effekt in Esmeraldas aufgefallen, wo alle möglichen Leute (z.B. Verwandte von den Gastfamilien) immer genau wussten, wo wir waren oder gerade hingingen, die Gruppe von uns Weissen fiel halt auf...

Wasserversorgung

Die Wasserversorgung in Guayaquil ist im Gegensatz zu Esmeraldas, wo das Wasser wohl öfters ausfällt, ganz gut. Trotzdem wird hier manchmal in ganzen Bezirken das Wasser abgestellt, wegen irgendwelcher Bauarbeiten. Als Ankündigung steht meist in der Zeitung, in welchen Bezirken und wann es gerade kein Wasser gibt. Da ich die aber nicht regelmässig lese, ist es immer eine böse Überraschung, wenn man wie heute verschwitzt von der Arbeit und dem Amt zurückkommt und dann auf dem Trockenen sitzt. Das passiert etwa 1-2 mal im Monat. Mal sehen, in Afrika werde ich mich bestimmt noch sehnen nach dem guten südamerikanischen Standard...

Montag, 27. November 2006

Präsidentenstichwahl

Die beiden Kandidaten in der Stichwahl: Rafael Correa (57%) und Alvaro Noboa (43%)
Ecuador hat heute in der Stichwahl einen neuen Präsidenten gewählt. Noch gibt es zwar nur Hochrechnungen, aber alle 3 grossen Institute sind sich einig, dass Rafael Correa gewonnen hat und am 15. Januar sein Amt antreten kann. Nur der Grossunternehmer und Bananenkönig Noboa, der Kandidat mit dem grössten Wahlkampfetat, zweifelt seine 3. Wahlniederlage in Folge an und kündigte rechtliche Schritte und eine Einzelstimmenauszählung an. Nach einer von ihm finanzierten Wahlumfrage führe er nämlich mit 6 Prozentpunkten Vorsprung...
Inzwischen fahren im Zentrum von Guayaquil Autokorsos mit den neongrünen Fahnen von Correa herum, das erinnert an die Fussball-WM, hat man das in Deutschland nach einer Wahl schon mal gesehen? Ansonsten wurden seit Freitag bis Sonntag nachmittag 768 Personen festgenommen, weil sie die ley seca, das Alkoholausschankverbot in den 48h vor den Präsidentschaftswahlen, gebrochen haben.

Sonntag, 26. November 2006

Alltag in Ecuador IV

Es gibt noch einiges zu schreiben über die kleinen Dinge des Alltags hier, wie stehen die Ecuadorianer z.B. zu

Handys?

Im Zoo arbeite ich ja mit vielen Leuten um die 20 zusammen, und jeder von ihnen hat ein Handy, einige sogar zwei. Das liegt daran, dass es hier zwei grosse Mobilfunknetzanbieter gibt, nämlich Porta und Movistar. Die meisten haben ein Handy mit Prepaid-Karte, die Gespräche innerhalb eines Netzes sind wesentlich billiger, als von einem Netz zum anderen, und viele kaufen sich für z.B. 2$ ein SMS-Paket für 120 SMSen dazu, die nur innerhalb des Netzes benutzt werden können. Eine SMS von Netz zu Netz kostet dagegen 7 Centavos. Die Handys kosten von 30$ in einfachster Ausführung bis zu 200$ in aktuell gängiger deutscher Ausführung mit Farbkamera, Video und grossem Display. Meine Familie hat mir eins für 30$ geliehen, fast alle anderen haben das Standardmodell für 200$! Ich frage mich, wie das bei den hier üblichen Arbeitslöhnen von 1$ die Stunde finanziert werden kann, ein Student muss hierfür alleine ca. 2 Monate lang arbeiten (hat mir Viviana erzählt, die im Moment für 2 Monate nicht mehr erreichbar ist, da ihr Handy im Reisebus gestohlen wurde. Schlimmer für sie ist noch, dass sie nun auch kein Adressbuch mehr hat, da alle Daten im Handy gespeichert waren). Von einem Netz ins andere wird hier grundsätzlich nicht telefoniert, und auch praktisch keine SMSen geschrieben. Dafür leiht man sich dann das Handy eines Freundes, der das gewünschte Zielnetz hat. Oder man hat halt zwei Handys, ein Porta und ein Movistar. Telefoniert wird auf dem Handy übrigens eher selten, meist ist nämlich kein Saldo mehr vorhanden, nur noch das SMS-Paket.

Mein Leihhandy hat Movistar, und damit bin ich ganz schön ausgeschlossen. Alle Movistar-Besitzer schwören zwar darauf, dass Movistar viel besser und billiger ist. Aber das ist wie bei Windows und Macintosh (obwohl Macintosh nicht billiger ist, der Vergleich hinkt also etwas): Porta hat sich trotzdem durchgesetzt und ist Marktführer. Somit schreibe ich zwar immer brav und fleissig viele SMSen an meine vielen Kontakte im Telefonspeicher, bekomme aber fast nie eine Antwort (ausser von Annika und Enrico, den deutschen Voluntären). Aber für den restlichen Monat lohnt sich jetzt der Umstieg von Movistar auf Porta auch nicht mehr...

Pünktlichkeit und Uhren

Das wird ja oft erwähnt, dass Südamerikaner immer zu spät kommen und keine Uhren tragen. Da muss ich mal eine Lanze für die Ecuadorianer brechen. Bei allen Verabredungen, die ich mit 1 oder 2 weiteren Ecuadorianern hatte (also Treffen von 2-3 Personen), waren die Ecuadorianer sehr pünktlich oder haben sich vorher kurz telefonisch gemeldet (sogar netzübergreifend!), dass sie etwas später kommen. Etwas anders ist es bei Familienfeiern oder Gruppentreffen. Da kommen die Gäste schon mal gerne 1-1,5 h zu spät. Aber der Rekord wird wohl von den nicht-ecuadorianischen (und nicht-deutschen) Voluntärinnen gehalten, in Guayaquil von der US-Amerikanerin Christine, die grundsätzlich zwischen 45 Minuten und 3,5 Stunden zu spät kommt.

Uhren werden hier wirklich seltener als bei uns getragen, was aber nicht heisst, dass die Menschen kein Interesse an der Zeit haben, im Gegenteil. Als Uhrenträger werde ich oft gefragt, wie spät es ist. Wahrscheinlich sind die Menschen dann nur zu faul, ihr Handy herauszuholen... Und wenn es um die Mittagspause oder den Feierabend geht, wissen alle ganz genau, wie spät es gerade ist.

Worte in die Tat umsetzen

Gabi aus Cuenca hat ein nettes Lieblingszitat auf hi5 (und das bezeichnenderweise auf deutsch!): "Es ist nicht genug zu wollen, man muss auch TUN!". Das passt ganz gut zu Ecuador, wie oft habe ich erlebt, dass grosse Dinge besprochen oder angekündigt wurden (Reisen, Pläne fürs Wochenende, Geschenke, Aktivitäten), die dann sang- und klanglos nicht stattfanden, aber auch ohne dass dafür eine Absage gemacht worden wäre. So war ich in Gedanken schon in Riobamba auf dem Dach des sagenhaften Andenzuges um die Teufelsnase unterwegs, Fallschirmspringen an den Andenhängen, auf einer Studentenprojektreise in Guaranda (dem Rom Ecuadors), stolzer Besitzer eines Ecuador-Fussball-Nationaltrikots, auf dem Konzert der legendären Salsaband Gran Combo in Duran und auf der Affeninsel im Amazonasdschungel. Alles super Ideen (ok, dem Fallschirmspringen habe ich nicht ganz getraut...), die teilweise wochenlang vorher geplant wurden und über die auf einmal keiner mehr geredet hat. Oder Geburtstagspartyeinladungen, über deren Details mir noch Bescheid gegeben wird. Liegt das wirklich nur daran, dass ich Movistar habe?

Ich glaube, das ist ein grundlegender Mentalitätsunterschied hier im Vergleich zu Deutschland, genauso schnell, wie neue Ideen enthusiastisch auf den Tisch kommen, werden alte unvollendet nicht mehr weiterverfolgt, und das ganze unter Spontaneität verbucht. Ist im Prinzip ja auch nicht schlimm, wenn man nur rechtzeitig darüber informiert werden würde. Aber das wird hier anscheinend als Hol-, nicht als Bringepflicht angesehen.

Am heutigen Sonntag gibt es die Stichwahl um das Präsidentenamt. Mal sehen, wie die Politiker ihre Worte hinterher in die Tat umsetzen...

Liebe Grüsse nach Deutschland aus dem vorweihnachtlichen Guayaquil, hier stehen bei 30ºC schon überall die (künstlichen) Weihnachtsbäume und das Wettrüsten der Weihnachtsmänner und Lichterketten in den Vorgärten hat auch schon begonnen!

Donnerstag, 23. November 2006

Geburtstagsbilder

Ich bin ja noch die Bilder von meinem Geburtstag im Zoo schuldig, die Kerlly aufgenommen hat und mir jetzt dankenswerterweise über hi5 zur Verfügung gestellt hat:

Ich habe die Torte gerade erhalten und freue mich aufs Aufessen! - Der Gelbstich im Gesicht muss eine Spiegelung sein...

Morder la torta! - Kurz nach dem Anbeissen der Torte, alle freuen sich...

Gruppenbild mit den Guias
(obere Reihe: Paul, Geovanny Z., Gonzales, Willy (Wellington), Geovanny P.
mittlere Reihe: Denisse, ich, Nelly, Carlos, Marcos
untere Reihe: Kerlly, Lizbeth, Viviana, Yadira, Lissette)

Jetzt fotografiert Kerlly, dafür ist Ricardo mit auf dem Bild

Hi5 ist hier übrigens DAS Internetsystem, um mit seinen Freunden in Kontakt zu bleiben, es ist in Ecuador sehr weit verbreitet. Man kann seine Fotos hereinstellen, mit seinen Freunden chatten, Nachrichten verschicken usw. Meine hi5-Homepage: http://timheiko.hi5.com

Samstag, 18. November 2006

Eine Woche Cuenca

Ingapirca - Ruinen der Inkas und Cañari

Diese Woche verbringe ich in Cuenca, alle Voluntäre der Küste haben für eine Woche in Familien in der Sierra (Anden) getauscht und umgekehrt. In dieser Woche müssen wir nicht arbeiten. Meine Familie besteht aus den beiden Eltern Maria Eugenia und Alfredo, sowie den Söhnen José Luis (4), Juan Alfredo (10) und der Tochter Angelica (18), die gerade ein Austauschjahr mit AFS in Deutschland verbringt. In ihrem Zimmer bin ich untergekommen, die Familie ist sehr nett und versorgt mich mit allem: Essen, Fahrten in die Innenstadt, Vermittlung von weiblichen Singles (die beiden reizenden Mitzwanziger Gabriela und Andrea, erstere kann nach einem Austauschjahr in Deutschland perfekt deutsch sprechen) zum abends Ausgehen, Vermittlung eines Ganztagesausfluges in den Nationalpark Cajas mit befreundeten Führern. Alfredo hat eine Ranch mit 9 Pferden und fährt Rallyes, die Kinder sind pferdebegeistert (Springreiten, Rodeo) und spielen Fussball und Schach.


Cuenca - Azulejos (Kacheln) Strassenschilder wie in Andalusien

Cuenca hat einige Abwechslung gebracht. Die erste Umstellung war das Wetter in der Sierra. Von der Küste kannte ich nur täglich konstantes Wetter, jeden Tag 30°C, seit Juli nur einmal nachts eine Andeutung von Regen, die Abwechslung bestand darin, dass der Himmel manchmal bedeckt und manchmal ganz klar war. Hier hatten wir bei der Ankunft auf einmal Regen, und zwar richtigen deutschen Dauerregen, und nur noch 15°C. Das Wetter wechselt hier ständig, es kann vormittags schönster Sonnenschein mit Sonnenbrandgefahr sein und eine Stunde später kalt und Regen. Allerdings hat in der Sierra schon Anfang November die Regenzeit begonnen, die an der Küste erst im Dezember los geht. Einen Schirm hatte ich zum Glück mit, eine dickere Jacke für Ausflüge in die Berge wurde mir von der Familie geliehen.

Nationalpark Cajas mit Annika und Tim (Australien)

Die zweite Umstellung: Cuenca ist eine hübsche, saubere, ruhige Kleinstadt (mit 350.000 Einwohnern die 5-grösste Ecuadors), die Menschen sprechen deutliches Spanisch (ausser dem "rr", das hier eher wie "rjsch" gesprochen wird) und legen viel Wert auf Kultur. Die Küste ist dagegen heiss, laut, hässlich-modern, die Menschen sprechen schnell und unverständlich und essen genauso schnell. Die Bewohner der Küste werden deshalb als monos - Affen - bezeichnet. Die Familien in der Sierra haben mehr Hausangestellte, als ich es bisher an der Küste erlebt habe.

Da die Familie in der Woche gearbeitet hat und die Kinder in der Schule waren, habe ich mit Annika und dem anderen Tim viele Ausflüge gemacht: nach Ingapirca (Ruinen der Inkas und Cañari, letztere waren die Ureinwohner in dieser Andenregion, bevor für ca. 70 Jahre die Inka die Herrschaft übernahmen, dann kamen schon die Spanier), die Thermen von Baños (Cuenca) und gestern in den Nationalpark Cajas mit Wanderung, Freilichtmuseum und Forellenfischen. Die Wanderung auf 3.500 m Höhe war sehr anstrengend, zudem hat mittendrin der Dauerregen angefangen und auf den nassen Matschwiesen an den Berghängen sind wir alle mehrfach ausgerutscht. Naturgewalten in Reinform... Die beiden Führer Andres (seiner Familie gehört der Freizeitkomplex mit Forellenzucht) und Alexandra haben das alles mitgemacht und sich reizend um uns gekümmert.



Nationalpark Cajas bei Sonnenuntergang

Die Woche war sehr komprimiert, u.a. gab es eine Expressentführung eines reichen Unternehmers, dem Onkel von Alfredo. Montag abend entführt, die Forderung soll zwischen 1 und 2 Millionen Dollar gewesen sein, zwei Tage Verhandlungen, dann gab es einen Geldtransport der Bank im Panzerwagen in unbekannter Höhe, der Wagen wurde mehrmals umgeleitet (sollte auch mal kurz nach Guayaquil fahren) und Freilassung dann in der Nacht zum Donnerstag. Meine Familie war natürlich sehr besorgt, aber auch ruhig, man konnte ja nicht helfen. Der Geisel geht es den Umständen entsprechend gut, es war die erste Entführung in der Familie.


Maria Eugenia zeigt mir die Hacienda

Dann war ich bei zwei Familientreffen bei mir und bei Annika eingeladen, interessant beim ersten die zwei Diener, die einem ständig Whiskey oder Cola gebracht haben, und zwei völlig getrennte Gesprächskreise: zuerst war ich als einziger Mann bei den Frauen "verirrt", die sich über die festen Freunde der Töchter und Rezepte unterhalten haben, dann wurde ich zu den Männern gewunken, die ausschliesslich über Motocross und Autos geredet haben. Bei der zweiten Feier gab es nur einen Gesprächskreis, es ging um die bevorstehenden Präsidentschafts-Stichwahlen, wobei die Politik nicht erwähnt wurde, sondern ob die Kandidaten sympathisch wirken und vor allem, was deren Ehefrauen machen. Es war schon spät, Annika und ich waren durch den Cajas-Ausflug sehr müde, und ich machte dann den Fehler, nach der Bedeutung von 2 blauen Plastik-Armbändern zu fragen, die zwei der älteren Damen trugen. Das waren tatsächlich all-inclusive-Armbänder von dem DomRep-Urlaub vor einem Jahr, die als Andenken an die schöne Zeit immer noch getragen wurden. Fehler deshalb, weil sich der Aufbruch (und meine Mitfahrgelegenheit nach Hause) dadurch um ca. eine halbe Stunde verzögert hat...


Alfredo junior und senior trainieren Polo, Alfredo senior war mit 14 einer der besten Polospieler Ecuadors

Heute nachmittag geht es auf die Hacienda meiner Gastfamilie und morgen wieder zurück ins warme Guayaquil. Liebe Grüsse zurück nach Europa!

Weitere Bilder von Cuenca (die ganze Innenstadt steht unter Weltkulturerbe) und der Familie gibt es hier.

Mittwoch, 8. November 2006

Alltag in Ecuador III

Ich habe ja noch verschiedene Themen des Alltags versprochen, fangen wir mal an mit meinem Lieblingsthema, den

Bussen. Ständig können kürzere Unterbrechungen auftreten: Ich habe Fahrer erlebt,
  • die auf die Tankstelle gefahren sind und es sich im letzten Moment doch noch anders überlegt haben,
  • die ausgestiegen und an einem Wasserhahn ihre Trinkflasche aufgefüllt haben,
  • die den Bus wegen geringem Reifendruck geräumt haben, in diesem Fall bekommen alle Fahrgäste ihre 25 Centavos Fahrgeld wieder ausgezahlt.

Die fliegenden Händler fragen den Busfahrer immer nach Erlaubnis und bestechen ihn auch schon manchmal mit den angebotenen Produkten, wie einer Mandarine oder Bonbons. Bonbons werden immer an alle Fahrgäste mit 5-6 Stück auf die Hand ausgeteilt, dann werden sie angepriesen und im zweiten Durchgang wird entweder das Geld (25 Centavos Standardpreis) oder die Bonbons wieder eingesammelt. 25 Centavos ist auch der Bus-Standardpreis für:

  • Eis am Stiel,
  • 5 Mandarinen,
  • 10 in Plastik verschweisste Ciruelas (das sind kleine saure, grüne Pflaumen, die mit Salz gegessen werden, beim ersten Mal widerlich sauer, ab dem zweiten Mal schmecken die richtig gut...),
  • 2 Schokoriegel,
  • eine Halbliter-Wasserflasche,
  • Pan de Yuca (ein Yukawurzelgebäck)
und sicherlich noch vieles mehr.

Bei den Überlandbussen werden Wünsche bei den angebotenen Filmen angenommen, bei der Fahrt nach Quevedo haben wir z.B. eine Cran-Combo-DVD (Kultgruppe aus Puerto Rico, vergleichbar Buena Vista Social Club) von Narcisa einlegen lassen und uns das Musikvideo angeschaut.

Die Ärzte und Krankenhäuser sind hier erstmal nicht gross anders als bei uns, Guayaquil ist damit z.B. sehr gut ausgestattet. Ich habe es ausprobiert, als mein Innenohr im September einmal geblutet hatte und ich nicht wusste, ob nicht vielleicht eine exotische Spinnenart seine Eier bei mir abgelegt hat. Also bin ich zur AFS-Vertrauensärztin, die erst ab 16:00 nachmittags ihre Praxis öffnet (erster Unterschied) und einen dann persönlich in der Praxis empfängt, ohne Sprechstundenhilfe (zweiter Unterschied). Das Blut im Ohr hat ihr gar nicht gefallen, ohne Untersuchung hat sie mich gleich an einen Ohrenarzt verwiesen, der seine Praxis in einer Polyklinik hatte. Für die Überweisung hat sie kein Honorar genommen (dritter Unterschied). Auch dieser Arzt wird abends erst richtig aktiv, mein Termin war um 19:30. Dieser hatte eine Vorzimmerangestellte und konnte sich an einen AFS-Voluntär erinnern, den er mal vor 2 Jahren verarztet hatte. Mein Ohr hat er kurz gereinigt, zum Glück nur ein harmloses Furunkel festgestellt, und mir die morgens von Richard empfohlenen und von mir schon in der Apotheke gekauften Antibiotika und Schmerzmittel (vierter Unterschied, bei uns ist so etwas nicht frei verkäuflich) per Rezept bestätigt. Dann musste er für AFS noch ein einseitiges Formular ausfüllen, damit ich die Kosten hinterher erstattet bekomme. Die Viertelstunde Untersuchung hat dann 40$ gekostet, die ich bar gezahlt habe. Meine Familie und Richard, der ja selber vor ein paar Jahren praktiziert hat, fand das total überteuert, AFS hat mir das Geld aber ohne Murren erstattet. Ich glaube, die Arztkosten sind hier in den letzten Jahren extrem gestiegen: von umgerechnet 1,50$ Stundenhonorar 1995 auf fast europäisches Niveau heute.

Während die meisten Ecuadorianer recht unkompliziert sind, kann man das von den Behörden hier nicht behaupten. Praktisch seit unserer Ankunft müssen wir Voluntäre einen sogenannten Censo, entspricht einer Meldebescheinigung, bei der Ausländerbehörde beantragen. Die Unklarheit fängt damit an, was man für diesen Antrag alles braucht, es gibt dazu mehrere sich widersprechende Anleitungen (was z.B. die Zahl der Fotos betrifft), und der eigentliche Sachbearbeiter hat auch noch seine eigene Meinung dazu. Die Kopien des Miet- oder Kaufvertrages des Hauses des Gastvaters mussten bei Annika z.B. notariell beglaubigt werden, bei mir reichte die einfache Kopie. Nachdem wir Ende August alle notwendigen Papiere eingereicht hatten, sagte man uns, dass es leider zur Zeit keine Formulare gebe, um den Antrag vollständig zu prozessieren. Wir sollen uns am 20. September noch einmal melden. Da hiess es dann, durch die Präsidentenwahlen verzögere sich noch einmal alles, am 20. Oktober gab es immer noch keine Formulare (und das übrigens in ganz Ecuador, die Voluntäre in Esmeraldas haben das gleiche Problem), bis heute nicht. Auf der anderen Seite sollen einige Voluntäre, die den Censo im August zu spät beantragt hatten, eine Strafe von je 200$ zahlen (die natürlich durch ein Propina, ein Schmiergeld, auf ca. 10$ pro Person zu drücken ist).

Verkehrspolizisten sind auch Menschen und haben Brüder, so haben wir zufällig Marcelos Bruder getroffen, als wir nach dem Zoo unterwegs zum Bowlingspielen waren. Da die Zeit knapp war, hat uns die Streife kurzerhand von Miraflores zur Mall San Marino mitgenommen, eine Fahrt von 10 Minuten. Marcelo, Narcisa und ich sassen zu dritt auf der Rückbank, haben uns die auf der Ablage liegenden Mützen aufgesetzt, während die Streife kurz von einer Polizistin angehalten wurde. Es sei ein Verkehrsunfall aufzunehmen, ganz in der Nähe. Alles klar, aber erst wurden wir ganz in Ruhe nach San Marino gefahren und verabschiedet, der Unfall hatte Zeit...

Wahlkampf auf Mauern


Der Wahlkampf für das Präsidentenamt ist hier irgendwie anders als bei uns. Am 15. Oktober fanden die Wahlen statt. Man hat das Gefühl, dass es hier keine Parteien gibt, sondern nur Namen und Farben. Statt Plakatwänden werden hier Mauern und ganze Häuser in den Farben der jeweiligen Liste angemalt. Dann steht der Name drauf, die Listennummer, und meist davor noch "Vota todo" - "Wählt alle xy". Wahlprogramme kommen hier nicht vor, vielleicht in den Diskussionsrunden im Fernsehen, wo die 5 Kandidaten mit den grössten Chancen oft diskutiert und aus Protest auch schonmal die Veranstaltung verlassen haben. Die Veranstaltungen in den Strassen waren Fahnenumzüge, bei denen oft T-Shirts mit den Kandidaten verschenkt wurden, auch wieder ohne Wahlaussagen. Wie es sich für eine südamerikanische Wahl gehört, gab es am 15. Oktober zwar einen (überraschenden) Gewinner, Alvaro Noboa, der aber mit 27% keine ausreichende Mehrheit hatte, so dass am 26.11. eine Stichwahl gegen den Zweitplazierten, Rafael Correa, stattfindet. Noboa ist einer der reichsten Männer Ecuadors, der im Testament für das Bananenimperium seines Vaters nicht berücksichtigt wurde, sich den Grossteil aber trotzdem gerichtlich eingeklagt hat und dadurch Schlagzeilen macht, dass er die Kinder seiner Angestellten unentlohnt auf den Plantagen arbeiten lässt und die Mindestlöhne durch geschickte Zeitarbeitsfirmenmodelle unterläuft. Correa ist dagegen linkspopulistisch gerichtet, gegen das Freihandelsabkommen mit den USA und die Dollareinführung, will die Eigenheimzulage verdoppeln und ist im Gegensatz zu Noboa ein Mann der Sierra. In Ecuador herrscht übrigens Wahlpflicht, wer nicht wählt, muss eine Strafe zahlen, kann keinen Führerschein beantragen und hat andere Unannehmlichkeiten. Damit man sich in Ruhe seine Wahl überlegen kann, gibt es 48 Stunden vorher keinen Alkoholausschank in ganz Ecuador, selbst nicht für Touristen.

Montag, 6. November 2006

Spontanes Ferien-Wochenende

Mit Annika, Sybille und Enrico im Parque Historico
Diese Woche war wieder sehr spontan, und das Sorglosprinzip, die stete Wendung zum Guten, hat auch Anwendung gefunden. Geplant war ja am Mittwoch mit Annika und meinen ganzen Gastbrüdern die Fahrt zum Fest nach Pasaje, und von Donnerstag bis Sonntag die Dienstreise zum Fest von Cuenca mit Tierausstellung.
Alle meine Gastbrüder kommen aus Pasaje, einer Kleinstadt in der Provinz Oro (Oro ist die Bananenhochburg der Welt), wo einmal im Jahr, immer zwei Tage vor dem Fest von Cuenca, ein Fest gefeiert wird. Das Fest beginnt morgens mit Festumzügen in den Strassen, abends spielen Gruppen auf vielen Bühnen Live-Musik, und es gibt viel Bier und Tanz. Praktisch ganz Pasaje ist die ganze Nacht auf den Beinen. Annika und ich waren wie bei meinem ersten Pasaje-Ausflug bei der Familie von Leo und Diego untergebracht, wir fuhren die 4 Stunden Busfahrt mittags mit dem ersten Trupp um Alex herum mit, Diego und Leo konnten wegen Vorlesungen erst später nachkommen. So besuchten wir mit Alex und Manuel erst einen Jahrmarkt mit Riesenrad, das für 75 Centavos so schnell und so lange drehte, dass uns allen schlecht wurde, am meisten Annika. In Deutschland drehen die irgendwie langsamer. Also wieder nach Hause zu Alex fahren und erstmal ausruhen.
Zwischendurch kam eine SMS aus Cuenca, wo mein Chef Richard schon seit Montag alles für die Ausstellung vorbereitete: es gäbe wegen der Feria leider keine Hotelzimmer mehr, die Dienstreise ist abgesagt, sorry für die Umstände. Wir sind ja spontan. Nun gab es für mich zwei Möglichkeiten: wie die anderen Gastbrüder bis Sonntag in Pasaje bleiben, genug Wäsche hatte ich ja mit, oder am Donnerstag mit Annika nach Guayaquil zurückfahren, wo Enrico und Sybille aus Esmeraldas von Donnerstag bis Freitag zu Besuch kamen. Die beiden Tage waren nämlich wegen der Feria von Cuenca in ganz Ecuador frei, was mir im Zoo oder sonstwo (von der Familie, von AFS) keiner gesagt hatte. Nichtswissend hatte ich mich ja freiwillig für diese 4 Tage gemeldet, um in Cuenca zu arbeiten, wo ich in einer Woche sowieso noch einmal für einen einwöchigen Kurzaustausch von AFS hinfahre. Die Sorglosigkeit hat mir dieses Problem nun von selber gelöst, und ich entschied mich dafür, Annika nicht alleine zurückfahren zu lassen und Sybille noch ein letztes Mal in Ecuador zu sehen.
Das Fest war dann sehr schön und ausgiebig, wir haben zwei Bands gehört, in denen ein Freund von meinen Brüdern bzw. der Gastonkel von Annika mitgespielt haben, Diego hat mir Miss Pasaje, seine Ex-Freundin, vorgestellt (die ich natürlich gerne mit Küsschen begrüsst habe), ich habe fast alle Bekannten von meinem ersten Besuch in Pasaje wiedergetroffen, viel getanzt und laut Annika wie alle anderen auch wohl viel getrunken. Um fünf Uhr nachts ging es zum Ceviche-Essen, um neun kurz zum Frühstück nach Hause, danach gleich weiter zu einem Fluss, wo wir bis zum frühen Nachmittag hin badeten. Danach ein leckeres Mittagessen bei Leos Eltern, dann zum Bus nach Guayaquil, endlich ein paar Stunden schlafen (im Bus) und Ankunft in Guayaquil um 18:00.
Sybille und Enrico waren Donnerstag früh mit Camilla und Emma angekommen, hatten sich die Stadt zu Fuss angeschaut, Camilla und Emma sind dann weiter die Ruta Del Sol an der Küste langgefahren, während Sybille und Enrico ins Kino gingen. Da wir sehr müde waren, fuhren wir vom Bus direkt zum Kino, trafen die anderen und hatten noch einen schönen Abend bei Kentucky Fried Chicken und in einem Park.

Enrico amüsiert sich und uns beim Tanzen.

Die nächsten beiden Tage waren sehr schön und deutsch, wir haben am Freitag zu viert Stadtbesichtigung gemacht und u.a. die Weihnachtsbäume und Krippen bestaunt, die hier seit dem 1. November überall aufgestellt sind, wirkt komisch in der prallen Sonne... Am Samstag haben wir uns mit Enrico (Sybille war schon abgereist) den ganzen Tag über nur vom Foodcourt ser Mall San Marino bis zum schräg gegenüberliegenden McDonald's bewegt und über Gott und die Welt philosophiert und uns prima unterhalten. Zwischendurch habe ich mit Narcisa das ausgefallene Krebsessen für den Sonntag verabredet (Sorglosigkeitsprinzip II).

Krebsessen bei Narcisa
Die Krebse und sonstigen Zutaten haben wir am Sonntag früh lebend auf dem Mercado Caraguay gekauft (22 Krebse für 10$), einem grossen Markt der sehr beeindruckend war: riesige Fische, Krustentiere, Obst, Gemüse, sonstige Lebensmittel... Die Krabben (cangrejos) ändern erst nach dem Kochen ihre Farbe und werden dann (krebs-)rot, eine andere Sorte (jaiba) wurde weissbraun. Zum Aufklopfen lagen Holzhammer bereit, dazu gab es Suppe und Krebs-Ceviche, einfach lecker, auch wenn der Aufwand des Knackens sehr gross ist und alles eine ziemliche Herum-Sauerei ist!
Achja, das Clasico Barcelona - Emelec fand heute wieder in Guayaquil statt, diesmal hat Barcelona 2-1 gewonnen und ist damit Zweiter in der Tabelle!
Mehr Fotos.

Mittwoch, 1. November 2006

Halbzeit-Orientierung in Playas

Am letzten Wochenende waren wir 100 Tage in Ecuador, mehr als die Hälfte unserer 160 Tage hier. Grund genug für AFS Ecuador, eine Art Zwischenbilanz mit allen Voluntären zu ziehen. So wurden wir alle am Dienstag abend angerufen, Annika und ich haben gerade deutsche Eierkuchen (für die Nicht-Berliner: Pfann(e)kuchen) mit Bolognese-Sauce oder Nutella, Zucker-Zimt und Apfelstücken für meine davon begeisterte Familie gebraten, dass wir uns am Samstag früh alle um 8:30 am Busterminal einfinden sollten, es gehe nach Playas, einen Strandort an der Küste ca. 2 Busstunden von Guayaquil entfernt.

Am Samstag früh war die Überraschung gross, als uns verkündet wurde, dass die Reise über 2 Tage geht (Samstag UND Sonntag). Dass sei uns angeblich am Telefon gesagt worden, aber keiner der 6 Voluntäre hat das mitbekommen. Was soll's, an die ecuadorianische Spontaneität sind wir ja schon gewöhnt, das hat jetzt auch keinen mehr umgehauen. Also schnell noch Zahnbürste und Zahnpasta am Busterminal gekauft, die Familien telefonisch oder per SMS informiert und alle Termine für den Sonntag absagen. Schade, ich wäre am Sonntag bei Narcisa zum Krebsessen eingeladen gewesen...

In Playas waren wir in einem netten Strandhotel (ganz aus Holz, Moskitonetze über den Betten, Veranda mit Poolbillard, Tischtennisplatte, Bar und Schwimmbad) untergekommen und nach dem Mittagessen in einer Cevicheria haben wir dann mit der AFS-Chefin von Guayaquil, Venus, am Strand Fragebögen ausgefüllt und improvisierte Kurzvorträge gehalten, z.B. über die Architektur, die Wirtschaft und die Flächennutzung von Ecuador. Für die besten Antworten (oder auch einfach nur per Losglück, als keiner die anderen bewerten wollte) gab es dann kleine Preise. Leider waren wir zwar am Strand, sind aber nicht zum Baden oder Strandwandern gekommen, da der Strand ab 18:30 (Einbruch der Dunkelheit) laut Hotelbesitzer zu gefährlich sei. So sind wir bis zum Abendessen in einer Pizzeria durch den Ort gelaufen, einen typischen Küstenort in Ecuador: modern-hässliche Architektur, wenig Grün und eine Aneinanderreihung von Restaurants und Geschäften. Abends dann strenges Regiment von Venus: Ausgeherlaubnis nur bis 23:00 (ich bin mit Venus, Annika und dem anderen Tim im Hotel gelieben) und Treffen am nächsten Morgen um 7:30.

Nach dem Frühstück auf verstaubtem Geschirr (die Strandsaison beginnt im ecuadorianischen Sommer ab Dezember und geht bis April) ging es weiter mit einem Ecuador-Quiz: Welche Farben hat die Ecuador-Fahne (gelb-blau-rot), Quevedo ist die Hauptstadt welcher Provinz (Los Rios), wo gibt es Süssigkeiten vom Körper Christi (Cuenca) usw. Dann ging es im Taxi (Pritschenwagen, alle ausser Venus sitzen hinten auf der Ladefläche) zum 8 km entfernten Nachbarort Puerto Morro, wo der Umweltteil unserer Globalen Schulung gehalten wurde: Delfinbeobachtungen von einem Boot aus in Mangrovengewässern nahe der Küste. Daneben haben wir viele Reiher, Pelikane und sonstige Wasservögel gesehen.

Die Globale Schulung von AFS ist Teil des Voluntärsprogramms. Ohne Erklärung oder Einführung ging die vor ein paar Wochen los und besteht aus insgesamt 7 Teilen, wie Gesundheitssystem (am Beispiel von behinderten Kindern), Drogenmissbrauch, Afroecuadorianer und Bildungssystem. Jeder Teil findet in einer Stiftung oder einem Zentrum statt, die Idee ist sehr gut, die Durchführung leider oft sehr langweilig. Und wieder typisch die ecuadorianische Organisation: eine Schulung wurde von heute abend auf morgen früh angesetzt, so dass gar keine Zeit bestand, die Arbeitstelle zu informieren, dass man am nächsten Tag nicht oder erst später kommt. Nicht nur die Teilnehmer, sondern auch die Organistoren kommen mitunter 1 Stunde zu spät zum vereinbarten Treffpunkt. Und nur die beiden Deutschen sind immer die Blöden, die stundenlang warten. Das ist ein Punkt, an den ich mich hier nicht gewöhnen kann. Wobei mir das komischerweise bei Ecuadorianern ausserhalb von AFS noch nicht vorgekommen ist, nur bei AFS und den anderen nicht-deutschen Voluntären...

Meine eigene Zwischenbilanz: Ich bin noch zwei Monate hier, aber irgendwie wird diese Zeit wohl wie im Flug vergehen. Es sind noch viele Sachen geplant und praktisch keine Freiräume mehr für spontane Aktivitäten, anbei meine voraussichtlichen Pläne:

1.11. Fest von Pasaje mit allen meinen Brüdern und Annika
2.11.-5.11. Fest von Cuenca, Dienstreise, Helfen bei einer Tierausstellung
12.11.-19.11. Kurzaustausch für alle Voluntäre: für eine Woche kommen wir in eine neue Gastfamilie nach Cuenca, in dieser Woche müssen wir nicht arbeiten
24.11.-26.11. Projektreise mit Studenten aus dem Zoo nach Guaranda (steht noch nicht 100%)
2.12.-3.12. Enrico kommt nach Guayaquil und wir gehen am 2.12. auf ein Konzert von Shakira (21$ Stehplatz Innenraum)
8.12. letzter Arbeitstag im Zoo
9.12.-12.12. Urlaub, wahrscheinlich Fahrt nach Quito
13.12.-17.12. 5 Tage Galápagos-Inseln
18.12.-23.12. ??? vielleicht Oriente
24.12-25.12. Weihnachten in Guayaquil
26.12. Flug nach Quito, letztes Abschlusstreffen aller Voluntäre
27.12. Abflug von Quito
28.12. Ankunft in Berlin

Ich habe 57 Nummern in meinem Handy gespeichert, 34 davon Ecuadorianer ausserhalb der Familie und der anderen Voluntäre. Ich lese National Geographic Español und überlege, den kommenden letzten Harry-Potter-Band auf Spanisch zu lesen. Wird mir der Abschied schwer fallen? Ich glaube schon, einfach wegen der vielen netten Kontakte und Menschen, die ich hier kennengelernt habe. Auf der anderen Seite freue ich mich natürlich genauso wieder auf die Familie, die vielen lieben Freunde und den Komfort in Deutschland. Werde ich wieder kommen nach Ecuador? Ich nehme es mir fest vor. Was werde ich am meisten vermissen? Das Filmstargefühl, dass mir hier auf Schritt und Tritt begegnet.

Freitag, 27. Oktober 2006

Manta

Annika und Enrico am Strand von Manta

Auch auf der Mantafahrt hatte ich mich auf die ecuadorianische Sorglosigkeit verlassen und mich unvorbereitet (ohne Mittag gegessen zu haben, ohne Fahrplan und ohne Hotel in Manta) um 12:00 mittags mit Annika am Busterminal getroffen. Um 12:10 wurden uns Karten für eine Abfahrtszeit 12:00 verkauft, also gingen wir schnell durch das Drehkreuz und suchten den Bus. Der kam erst 5 Minuten später und fuhr gegen 12:30 ab. Puh, das ging doch wieder mal sehr glatt, jetzt warteten wir nur noch auf die Händler, die bestimmt bald Essen und Trinken anbieten würden. Was wir nicht wussten: es handelte sich um einen Ejecutivo-Bus, der ohne Halt direkt nach Manta fährt, dafür schneller ist (3,5 Stunden) und etwas teurer (5$ statt der Faustregel 3,5 Stunden = 3,50$). Ohne Stopp natürlich auch keine Händler, dafür ein unplanmässiger Halt auf der Landstrasse, bei dem uns erklärt wurde, dass die Klimaanlage leider nicht mehr funktioniert (auch ein Ejecutivo-Merkmal, die Klimaanlage). Leider gingen auf unserer Seite auch die meisten Fenster nicht auf, und so kamen wir dann gegen 4:00 ziemlich hungrig (wir hatten nur Kekse gegessen, die Annika zum Glück vorsichtshalber mitgenommen hatte) und total überhitzt in Manta an. Dort erwartete uns Enrico aus Esmeraldas in einem Standrestaurant, Sybille konnte wegen Sonnenbrand leider nicht mitkommen. Nach einigen Inka-Kolas (gelbe Kola, irgendwie war mir nicht nach Bier zumute :o) ) und meiner ersten Ceviche con Camarones, einer limonensauren kalten Garnelensuppe, sehr lecker, ging es uns wieder besser und wir machten uns langsam auf die Suche nach einem Hotel.

Wir nahmen das erstbeste Hostal, ein Dreibettzimmer für 20$, und fuhren wieder zurück an den Strand. Und da erwartete uns natürlich, wir sind ja in Südamerika, eine Misswahl, das Fest von Manta begann an diesem Freitag (jede Stadt in Ecuador hat einmal im Jahr sein Fest, bei dem tagsüber Umzüge sind und abends Strassenfest mit viel Essen, Livemusik, Tanz, Volksfest usw.). Nach der Misswahl wurden 2m grosse Heissluft-Papierfiguren in den Nachthimmel geschickt.

Montecristi mit Kirche und Eloy-Alfaro-Denkmal


Am Sonntag haben wir erstmal das Hotel gewechselt, das nachts und morgens doch sehr laut war und weil wir komische Flohbisse an unseren Armen fanden. Das nächste Hotel kostete nur 18$ zu dritt und war sehr viel besser. Dann machten wir einen Busausflug nach Montecristi, der Hochburg der Strohhüte, die bei uns als Panamahut bekannt sind. In den dortigen Manufakturen kann man die Hüte und allerlei sonstiges Kunsthandwerk kaufen, was Annika und ich auch gemacht haben.

Das bessere der beiden Hotelzimmer und mein neuer Hut



Abends in Manta nach dem Baden im Meer (sehr schöne Brandung!) dann Langschlendern über das Strassenfest und Sehen-und-gesehen-werden. So lernten wir einen dickbäuchigen und sehr gesprächigen Barcelona-Fan (die ecuadorianische Erstliga-Mannschaft, nicht die spanische) kennen, den wir nur in der Pause des Bierholens wieder abschütteln konnten. In der Zwischenzeit schaute ich den kleinen Ecuadorianerinnen nach, die sich im Vorbeigehen nach uns umdrehten und uns lächelnd zuwinkten. Und zum Schluss fand ich mich als Statist eingebaut in einem Stück von zwei Strassenkünstlern wieder, die anscheinend sehr lustig waren, jedenfalls hatten die Einheimischen ihren Spass dabei. Ich konnte leider nicht alles verstehen. Interessant war noch ein Rummel, der einer Riesenradausstellung glich, sieben Riesenräder standen neben anderen Karussellen im Kreis. Und zur Abwechslung wurde mal nicht die schönste, sondern die hässlichste Frau der Welt ausgestellt, ein Wesen mit Frauenkopf und Spinnenkörper. Wir haben uns Chilenische Eier gekauft, ein frittiertes Fettgebäck ähnlich Pfannkuchen (oder für die Nicht-Berliner: Berliner [Ballen]), nur kleiner und ohne Füllung, die sehr lecker waren. Ansonsten musste man auf dem Rummel aufpassen, mit dem Kopf oder Arm nicht gegen ein sich drehendes Fahrgeschäft zu stossen, da es nicht immer die bei uns üblichen Absperrungen gab.

Am Sonntag waren wir dann vormittags auschillen am Pool, mittags schön beim Italiener Pizza essen und nachmittags mit dem Bus zurück nach Guayaquil.

Einen weiteren Bericht und vor allem mehr tolle Bilder (z.B. von den Riesenrädern) gibt es bei Enrico.

Donnerstag, 26. Oktober 2006

Geburtstagsbräuche

Letzten Donnerstag hatte ich Geburtstag und konnte so mal die ecuadorianischen Bräuche kennenlernen. Ich selber hatte nichts gross vorbereitet und liess ganz im Sinne der ecuadorianischen Sorglosigkeit alles auf mich zukommen. Ausser dass ich kurz vorher die Familie gefragt hatte, wo ich am besten feiern könnte, da das Haus gerade wegen Umbauarbeiten im Büro eine grosse Baustelle war. Meine Gastbrüder freuten sich, da die Jüngeren normalerweise Donnerstags nicht ausgehen dürfen, und wir wählten einen Tag vorher (für ecuadorianische Verhältnisse also sehr frühzeitig) die Tanzbar Waikiki für den Abend aus.

Doch vorher war ich ja noch im Zoo arbeiten. Anscheinend bringt man hier zum Geburtstag eine Torte selber mit, jedenfalls wurde ich mehrfach gefragt, wo denn die Torte sei. Allerdings habe ich bisher noch keinen anderen gesehen, der das gemacht hätte. Nach dem Mittagessen wurde ich dann auf einmal von den Kollegen, die wohl alle samt Chef zusammengelegt hatten, mit einer grossen Torte überrascht, und das Ritual "Happy Birthday"-Singen (auch hier wollten sie die Strophe von mir selbst auf Deutsch hören) und Kerze auspusten (in Form eines diskreten Fragezeichens) begann. Beim Anbeissen der Torte wurde ich dann natürlich mit der Nase noch leicht hineingeditscht, die Fotos davon liefer ich nach, sobald ich sie im Internet von den Kollegen herunterladen kann. Die Torte war sehr gross und reichte für über 20 Personen. Der Chef hat mir dann noch eine Guia (Zooführerin) nach Wahl als Geschenk angeboten, leider konnte ich mich bei so viel netten Frauen nicht entscheiden :o) Machismo-Humor...

Abends um 10:00 sind wir dann ins Waikiki gefahren, eine Bar mit freiem Eintritt und Bezahlen nach Konsum (Bier 1,25$), also das in Europa vertraute System. Das andere Modell, bar libre = all inclusive, bei dem Männer zwischen 10 und 15$ und Frauen zwischen 0 und 3$ Eintritt zahlen und dafür so viel trinken können, wie sie wollen, habe ich mit Rücksicht auf die Gastbrüder und Freunde nicht gewählt, da das hier sehr viel Geld ist und viele dann nicht mitkommen könnten. So waren alle 9 Gastbrüder, Camilo mit Freundin, und die anderen Voluntäre dabei, und es wurde viel getrunken und etwas getanzt. Das Bier wurde in Nachttöpfen mit 6 Strohhalmen serviert, aus dem dann alle getrunken haben. Zusätzlich gab es für mich ein Trinkspiel auf Kosten des Hauses, bei dem auf eine Bierflasche ein Aufsatz gesteckt wird, der aussieht und mir in den Mund gesteckt wird wie ein Schnorchel, dann wird die Flasche kopfüber nach oben gedreht und innerhalb von Sekunden ist der ganze Flascheninhalt in meinem Mund. Sehr witzig, vor allem für die anderen... Um halb 3 sind wir dann mit mehreren Taxen nach Hause gefahren, wo zusammen mit Richard, der wegen der noch andauernden Trauerzeit nicht mitgefahren war, noch eine Flasche Orangen-Wodka, ein Geschenk von Anita, in grosser Runde probiert wurde.

Insgesamt machen sich die Ecuadorianer wenig aus Geschenken, die Anwesenheit und das gemeinsame Feiern steht mehr im Vordergrund, was ich sehr schön fand, weil ich bisher noch nie mit allen Gastbrüdern gleichzeitig was gemacht habe. Die Geschenke kamen dafür von den Voluntären, Annika mit einer Latino-Tanz-CD (die ich mir schon immer hier kaufen wollte aber nie wusste, was gut ist) und Anita mit der besagten Wodkaflasche.

Am nächsten Tag, Freitag, waren die Brüder ganz schön fertig, für mich ging nun das Wochenendprogramm los: Arbeiten im Zoo bis mittags (ich hatte leider nicht freibekommen) und dann Fahrt mit Annika nach Manta an die Küste, wo wir Enrico aus Esmeraldas getroffen haben. Darüber dann mehr im nächsten Bericht.

Vielen Dank noch an alle aus Deutschland für die vielen lieben e-Mails, einen Handy-Anruf und einen Brief, der noch unterwegs ist! Darüber habe ich mich hier sehr gefreut!

Dienstag, 17. Oktober 2006

Sorglosigkeit in Ecuador

Salinas, der schönste Strand Ecuadors?

Was ist der markanteste Unterschied zwischen der ecuadorianischen und der deutschen Mentalität? Warten und Spontaneität wurde schon oft erwähnt und passt auch. Anders ausgedrückt ist es für mich das Planen und Vorausdenken der Deutschen und die spontane Sorglosigkeit der Ecuadorianer, und beides wird von dem jeweiligen System unterstützt.

Ein Beispiel: gestern am Sonntag war ich mit Annika einen Tag am Strand von Salinas, ca. 2 Busstunden von Guayaquil entfernt. Was würde man dafür in Deutschland wahrscheinlich tun?
  1. Busverbindungen für Hin- und Rückfahrt heraussuchen (Fahrplan, wann fährt ein Bus?), eventuell Platz reservieren. Und
  2. Reiseproviant für die Fahrt (Stullen, Kekse, Obst) einkaufen und vorbereiten.

Wir sind das zum grossen Teil ecuadorianisch angegangen: Da es hier eh keine Fahrpläne oder Liniennetze gibt, haben wir uns um 8:00 früh am zentralen Busbahnhof verabredet. Es war Präsidentenwahl, schon 2 Tage vorher ab Freitag galt das ley seca, die Sperrstunde in Ecuador: kein Alkoholausschank in Kneipen, Restaurants, Diskotheken. Wir wussten nicht, ob es auch Einschränkungen im Busverkehr gibt, da auch keine Museen oder sonstige touristischen Einrichtungen auf hatten, es herrscht Wahlpflicht in Ecuador. Trotzdem riskierten wir es. Am Terminal angekommen sehen wir dann bei unserer Busgesellschaft (es fährt heute nur eine einzige nach Salinas) eine Schlange am Schalter von mehreren Dutzend Metern. Au weia, wahrscheinlich sind die nächsten Fahrten alle schon ausverkauft und wir kommen hier erst mittags los. An diesem Tag reisen nämlich viele Ecuadorianer zum Wählen in ihre Heimatstadt, wo sie gemeldet sind. Doch nun setzt das Prinzip der ecuadorianischen Sorglosigkeit ein: wir stehen erst einmal eine Weile herum und warten, was passiert.

Und schon nach einer Minute werden wir angesprochen, wir verstehen den Mann erst nicht, er redet etwas von einer Cola (bzw. Kola), was hier entweder Limonade, Warteschlange oder Schwanz bedeuten kann. Wir denken, er will uns eine Cola verkaufen. Dann geht er kurz weg, kommt nochmal wieder und setzt neu an: er meinte die lange Warteschlange, die wir mit einem Propina (Trinkgeld) von einem Dollar umgehen könnten, er würde uns Tickets verkaufen für die Busfahrt, die sofort als nächstes abfährt, er arbeite bei der Buslinie. Kurzer Blickkontakt mit Annika: handelt es sich um einen Trickbetrüger, der Touristen ausnehmen möchte? Der Mann sieht relativ harmlos aus und wir entscheiden uns für das Angebot. Und wirklich, der Mann kauft für uns an der Schlange vorbei zwei Tickets, schleust uns durch das Drehkreuz, begleitet uns zum Bus - und bekommt sein Trinkgeld. 5 Minuten später fahren wir los. Für vieles (alles?) gibt es in Ecuador mit Propinas eine Lösung.

Reiseproviant: Annika hat morgens zum Erstaunen ihrer Gastschwester 4 Stullen geschmiert, so viel Vorausplanung hat ihre Schwester noch nie vorher gesehen. Zusätzlich hatten wir noch vorher Kekse eingekauft. Die Brote waren lecker, aber im Bus gab es natürlich auch wieder alles zu kaufen von den fliegenden Händlern: frittierte Bananenspezialitäten, Kokossaft, Getränke usw. Der Ecuadorianer kauft im Bus, und die Sachen sind nicht viel teurer als im Supermarkt: die Trinkflasche Wasser 0,5l z.B. eisgekühlt im Bus für 25 Centavos, warm im Supermarkt für 18 Centavos. Irgendwann gegen Schluss der Fahrt sitzen nur noch 4 Leute im Bus und der Fahrer hat entweder keine Lust mehr oder darf nicht weiter fahren, er winkt uns raus zu einem Taxi, das er im voraus bezahlt und uns zum gewünschten Ziel, dem Strand von Salinas, weiterfährt. Das ist Kundenservice.

Die Rückfahrt gehen wir ähnlich sorglos an: um 18:00 haben wir keine Lust mehr auf Strand, laufen zur nächsten grossen Strasse, halten nach 1 Minute den nächsten Bus an, und fragen ob er nach Guayaquil fährt. Fährt er natürlich nicht, aber für 50 Centavos für beide fährt er uns zum Busbahnhof von La Libertad, der nächstgrösseren Stadt, wir steigen aus, der nächste Mann fragt uns "Guayaquil?" (manchmal denke ich schon, die Leute hier können Gedanken und Wünsche lesen), führt uns zum Schalter, wir kaufen die Tickets, steigen in den Bus, kaufen dem Händler noch 2 leckere Limonaden ab, und wieder geht es ohne Wartezeit gleich los. Irgendwie kundenfreundlich, bei diesem System braucht man auch einfach keine Fahrpläne, Liniennetze oder Reiseproviant. Ecuadorianische Sorglosigkeit...


Kerlly und ich, die Kleinste und der Grösste im Zoo

Ein weiteres Beispiel für spontane Freizeitgestaltung: Am Donnerstag vormittag fragt mich die Kollegin Kerlly im Zoo, Studentin, ob ich Lust hätte, heute eine Cocktailvorlesung zu besuchen. Die Studenten lernen bei Tourismus und Hotelwesen auch Kochen, und heute sei der Cocktail Piña Carebeña (ähnlich Piña Colada) dran. Und die Uni befände sich ausserdem in Urdesa, nicht weit von mir zu Hause. Klar, das lasse ich mir nicht entgehen, und so breche ich eine Stunde vorher als normal mit 4 Kolleginnen auf, treffe vor Ort noch auf ca. 15 weitere Damen und vielleicht 4 männliche Studenten. Der Professor ist Roman, ein ukrainisches Koch, vielleicht Ende 20, der neben spanisch auch deutsch, englisch, französisch und italienisch (und bestimmt auch russisch) sprechen kann. Wir stehen um eine grosse Granittheke herum und bereiten alles vor: die frischen Ananas werden klein geschnitten und mit der blossen Hand ausgepresst, die Süsse-Dickmilch-Dose mit einem Küchenmesser geöffnet, es wird 1/3 Rum, 1/3 Saft, 1/3 Dickmilch und zwei Teelöffel Zucker im Shaker gemixt, die Garnitur mit Cocktailkirsche vorbereitet und los geht das Probieren der Ergebnisse. Zwischendurch wie immer viele interessierte Fragen an mich, eine Studentin will wissen, ob ich spanisch verstehe und testet das zum Vergnügen aller mit dem Satz, was für schöne Augen ich hätte. Jaja, blaue Augen kennt man hier praktisch nicht. Und das nächste Mal bin ich doch wohl hoffentlich wieder dabei, da wird mexikanischer Salat zubereitet? Naja, das kann ich ja dann wohl kaum noch abschlagen...

Mir geht's also weiterhin sehr gut hier, liebe Grüsse nach Deutschland!