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Sonntag, 18. August 2019

Mobilität


Wenn ich mal in Berlin bin, also meist nach der Arbeit auf dem Nachhauseweg, probiere ich unterschiedliche Verkehrsmittel aus. Um fit zu bleiben, habe ich mich z.B. bei Lidl Bike, der Berliner Variante von Call a Bike, angemeldet. Am Ostkreuz bei meiner Arbeit steht immer ein Rad innerhalb von 100 m zur Verfügung und so fahre ich abends bei gutem Wetter oft von Ostkreuz nach Südkreuz mit dem Rad statt mit der S-Bahn. Man muss sich einmal registrieren, was etwas aufwändiger war. Danach bucht man per App, abgerechnet wird im Halbstundentakt, einmal jährlich zahlt man 3€ im Basistarif. Für meine 45 Minuten wird mir eine Stunde abgerechnet, ich zahle 2€ (wenn ich das Rad an einer virtuellen Station abgebe, die man nur in der App, nicht real sieht und wo man sich deshalb schon mal vertun kann), außerhalb der Station 50c mehr. Die Räder sind robust, haben eine 7-Gang-Nabenschaltung und sind meist sehr gut in Schuss. Ein solides Angebot, preislich unschlagbar.

Als es in Berlin im Juni mit den Elektrorollern losging, habe ich mit Lime eine Fahrt vom Hauptbahnhof durch den Tiergarten zum Zoo unternommen. Die Anmeldung ging unkompliziert in der App, zum Fahren muss man allerdings erst einmal Guthaben von mindestens 10€ aufladen. Die Bedienung der Roller ist intuitiv, macht Spaß, das Fahren ist aber sehr ungewohnt und wacklig, vor allem in engen Kurven und auf Kopfsteinpflaster. Auf die Straße würde ich mich ohne weitere Übung erstmal nicht trauen. Aber gut, im Radfahren hat man meist auch jahrelange Übung, im Rollerfahren dagegen halt gar keine. Nach 19 Minuten und 4€ (die minutengenaue Abrechnung hat 20 Minuten draus gemacht, offenbar ein Bug in der jungen App) kam ich verkrampft am Zoo an. Ein teures und unbequemes Spielzeug für kurze Strecken. Damals hat eine Stunde 9€ plus 1€ pro Fahrt gekostet, also fünfmal so viel wie Lidl-Bike, inzwischen sind die Preise sogar noch angehoben worden (12€ plus 1€, 6,5 mal so viel wie Lidl-Bike).

Am Ostkreuz gibt es jetzt auch die neonroten Elektrofahrräder von Jump, einer Uber-Marke. Die Anmeldung ist ähnlich einfach wie bei Lime direkt über die Uber-App. Die Preise sind so hoch wie bei den Elektrorollern vor der Preiserhöhung: 1€ pro Fahrt, 15c pro Minute. Wenn man hier auf das Rad aufsteigt, kommt man sich vor wie Superman, Radfahren ist auf einmal so einfach und man überholt mühelos alle konventionellen Radfahrer. Man muss aufpassen, dass man nicht zu schnell fährt, obwohl man bei Jump nur eine 3-Gang-Schaltung hat. Als ich danach wieder auf meinem normalen Rad fuhr, dachte ich wirklich, es hätte einen Platten, so schwer kam es mir vor. 52 Minuten, 8,79€, hier kriegt man sogar 1c weniger berechnet. 25% günstiger als Elektroroller, aber viel bequemer und effektiver, eine gute Alternative zum Taxi innerhalb der Innenstadt auch für lange Strecken.

Anzumerken ist noch, dass ich alle drei Angebote mit schlechtem Gewissen, da ohne Helm, fahre. Es gibt jetzt schon Falthelme zu kaufen, die man immer im Rucksack haben kann. Ich denke, ich werde mir so einen zulegen.

Mittwoch, 24. Juli 2019

Alltag in Ecuador 2

Banken, Geldtransfer
Die Affen von Misahualli laufen nicht mehr auf dem Dorfplatz herum, aber im Wald sieht man sie noch auf den Bäumen
Es war nicht einfach, den Galápagos-Urlaub hier in Ecuador zu bezahlen. Gebucht hatten wir in einem Reisebüro in Ambato, das von außen durch ein verriegeltes Tor wie ein Privathaus wirkte, beim ersten Besuch war auch keiner da. Beim zweiten Mal hat es dann geklappt, die Reise war gebucht. Bezahlung war nur bar (beim Reisebüro oder Bareinzahlung bei der Hausbank) oder per Überweisung von einem inländischen Konto möglich, Kreditkarten wurden nicht akzeptiert. 600 $ waren am gleichen Tag als Anzahlung fällig, der Restbetrag fünf Tage später. Am Geldautomaten der Hausbank würde die Maestro-Karte nicht akzeptiert und das tägliche Limit für Kreditkarten Abhebungen liegt in Ecuador anscheinend bei 200 $, das wird einem aber nicht angezeigt, das kann man nur mit Trial and Error erforschen. Also zur nächsten Bank, die Maestro akzeptiert, da ist das Limit immerhin bei 500$ pro Tag. Dann mit vollen Taschen wieder zur Hausbank, Einzahlbeleg ausfüllen (ich habe nur zwei Formulare gesehen: Bareinzahlung und Barauszahlung, Überweisungen sind hier offenbar weiterhin die Ausnahme), an der Schlange von ca. 20 Leuten anstellen und nach zwanzig Minuten war die Anzahlung erledigt. Achso, per WhatsApp noch kurz das Reisebüro informieren und den Eingang bestätigen lassen. Für die Restzahlung mussten wir uns etwas anderes einfallen lassen, wir konnten schließlich nicht jeden Tag 30 Minuten nach Baños fahren, um Teilbeträge abzuheben und einzuzahlen. Also probierten wir Western Union online, einen Transfer vom eigenen Kontobach hier an Silvias Bruder oder Schwester. Hier ist für Transfers über 1.000 $ jedoch eine Online-Videochat-Zertifizierung notwendig. Der Chat baute sich immer auf, aber fror dann nach einigen Minuten wieder ein wegen der langsamen Verbindung hier. Er konnte nie zu Ende geführt werden. Als letzte Rettung half uns Silvias Schwester auf Lanzarote aus, sie schickte uns das Geld über Western Union, wir fuhren zwei Tage später nochmal  nach Ambato, Silvias Bruder hob das Geld ab und wir konnten nun erleichtert die Einzahlung in der Hausbank tätigen. Hier gibt es für alles eine Lösung!
Strand von Misahualli, Napo
Metro in Quito
Anflug auf Quito
Quito liegt zwischen zwei Anden-Bergzügen und kann sich deshalb nur in Nord-Süd-Richtung ausdehnen. So ist Quito 45km lang und nur maximal 5km breit. Der Verkehr wird über Busse und Autos abgewickelt und ist dementsprechend stets überlastet. Die beiden bisherigen Programme dagegen, Trolebus (Schnellbusse mit eigenen Fahrspuren und straßenbahnähnlichen Haltestellen, eingeführt 1995) und Pico y Placa (von der letzten Ziffer des Nummernschilds abhängiges Fahrverbot zu Stoßzeiten für einen bestimmten Werktag, eingeführt 2011) konnten wenig ändern, eine Trolefahrt vom Süden in den Norden dauert im Berufsverkehr 1,5 Stunden. Das soll sich ab Dezember 2019 (andere Quellen sprechen von März 2020) ändern, wenn die Metro von Quito eröffnet wird. Dann wird die Strecke mit 15 Stationen in 35 Minuten passierbar sein. 18 Züge mit je sechs Wagen sind dafür in Spanien bestellt worden, mindestens drei sind schon ausgeliefert worden.
Wassertaxis (gelb) auf Galápagos, Schiffe dürfen nicht direkt am Steg an!egen.
Freilaufende Hunde

Man sieht hier auf dem Land öfters freilaufende Hunde, was auch daran liegt, dass es wenig Zäune gibt. So ist der Nachbarhund manchmal in unserem Garten und die Autofahrer müssen immer achtsam sein. Einmal müsste ich beim morgendlichen Joggen meine erste Runde vorzeitig beenden, da zwei heftig bellende Hunde den Weg versperrten. Zum Glück waren sie nach der zweiten Runde nicht mehr da, ich wäre sonst gefangen gewesen.
Fritada (Schweinepfanne) und weiße Maiskolben

Donnerstag, 18. Juli 2019

Alltag in Ecuador

WhatsApp, Mobiles Internet

Bei meinem ersten Besuch 2006, das Smartphone wurde gerade erst erfunden, waren Blackberry-Handys hier am beliebtesten, wegen der Tastatur zum SMS Schreiben. Inzwischen gibt es hier einen WhatsApp-Boom. Taxifahrer chatten während einer Ampelpause, unser Hotel in Quito haben wir per WhatsApp gebucht, im Reisebüro wurden uns alle Vertragsunterlagen per WhatsApp zugeschickt, und auf der Taxifahrt zum Flughafen hat die Taxifahrerin uns gleich als Kontakt für die Rückfahrt mit Stammkundenrabatt aufgenommen ("Internationale Handyummer? Mit WhatsApp doch gar kein Problem..."). Mobiles Internet, vor ein paar Jahren hier noch unbezahlbar und ein Exot, kann man hier bei aufgeladenen Guthaben mit ein paar Eingaben in wenigen Sekunden tageweise dazubuchen. Auf unserer geliehenen SIM-Karte von Claro kostet eine Flatrate für Anrufe und SMS (die ja keiner mehr nutzt...) inkl. 1 GB Datenvolumen und WhatsApp unbegrenzt 3$ für drei Tage.
Halsenback, Abdichtband aus Deutschland wird hier gerne für Wasserhähne verwendet.
Richard Carapaz

Ecuador hat mit dem Radrennfahrer Richard Carapaz einen neuen Nationalhelden, nachdem dieser dieses Jahr als erster Ecuadorianer das Giro d'Italia gewonnen hat. Aufgewachsen in einem kleinen Andenbergdorf nahe Kolumbien in 2.900 m Höhe ist er nun Spezialist für Bergstrecken. Sein Bild wirbt für Movistar, den zweitgrößten Mobilfunkanbieter (nach Claro) in Ecuador. Silvias Onkel Daniel erzählt mir, dass er alle Etappen vom Giro d'Italia und nun von der Tour der France im Fernsehen verfolgt. Nur bei Marathon, dem Adidas Ecuadors, ist man darauf noch nicht eingestellt, Fahrradtrikots gibt es da noch nicht zu kaufen.
Richard Carapaz beim Giro d'Italia
Smalltalk

Wenn Silvias Tanten Mercedes (Miche) und Rosa zu Besuch kommen, ist für mich immer Smalltalk mit Onkel Don Daniel angesagt. Als ehemaliger Lehrer ist er einer der wenigen Ecuadorianer, die auch an internationalen Themen interessiert sind. So haben wir uns über Gelbwesten, Fridays for Future, Brexit und die nordirische Grenze, Radrennen, die Neue Seidenstraße Chinas und die Lage in Venezuela unterhalten. Auch wollte er wissen, was sich für mich seit dem letzten Besuch in Ecuador vor zwei Jahren verändert habe. Ich antwortete, dass es nun auch Pizza im Bus gäbe und im Zentrum von Puyo die oberirdischen Kabel jetzt unterirdisch verlegt würden.
Besuch der Tanten (3. Und 4. von links) in San Francisco, Don Daniel 6. von links
Die ecuadorianische Lösung für das Problem der in der Mitte ausgefranzten Kuchenstücke: das runde Mittelstück 
Venezulaner

Zur Zeit kommen viele venezulanische Flüchtlinge nach Ecuador. Viele reisten noch weiter nach Peru, das seit dem 15. Juni alle Venezulaner nur noch mit Reisepass und humanitären Visum (erhältlich in den peruanischen Konsulaten in Venezuela, Kolumbien und Ecuador) einreisen lässt. Flüchtlingsorganisationen organisierten dafür Bustransfers von der kolumbianisch-ecuadorianischen Grenze zur ecuadorianisch-peruanischen Grenze. Seit der peruanischen Entscheidung ist der Flüchtlingsstrom in Ecuador von 1.500 täglich auf über 4.000 angestiegen. Vorher hatte Peru zwei Jahre lang großzügig ca. 800.000 Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen an Migranten ausgegeben. Nach Schätzungen sind seit 2015 vier Millionen Venezulaner geflüchtet, 15% der Bevölkerung, 1,5 Millionen davon nach/über Ecuador, 300.000 leben in Ecuador. Im Januar 2019 kam es zu landesweiten Protesten gegen Venezolaner, nachdem eine junge, schwangere Ecuadorianerin von ihrem venezolanischen Freund erstochen wurde. Präsident Lenin Moreno führte daraufhin eine neue Spezialgrenzbrigade ein und fordert nun polizeiliche Führungszeugnisse für alle Einwanderer. In Quito haben wir Venezolaner im Busbahnhof gesehen, die Taxifahrerin erzählte, dass sie dort bis fünf Uhr morgens zum Schlafen geduldet werden.

"Wir schaffen das!", Chemnitz und bayerische Grenzpolizei: gibt es alles ähnlich in Peru und Ecuador.

Mittwoch, 17. Juli 2019

Galápagos

schläfriger Seelöwe

Flamingos
Galápagos-Schildkröten im Aufzuchtzentrum Isabela

Nach 13 Jahren kehre ich, diesmal mit Silvia und Melly, wieder nach Galápagos zurück. Wir haben wieder eine Tour für Einheimische gebucht, vier Tage Puerto Ayora auf Santa Cruz, davon 1,5 freie Tage. Am komplett freien Tag haben wir zusätzlich einen Ausflug nach Villamil auf Isabela gebucht, dort haben wir mehr Tiere gesehen als die anderen Tage zusammen: Auf der zweistündigen, bewegten Bootsfahrt dorthin Delfine, schon am Bootssteg Seelöwen und Meeres-Eidechsen, auf der vorgelagerten Insel Tintoreras noch mehr Eidechsen, Seelöwen, aber auch Pelikane, Tintoreras-Haie, Blaufußtölpel, Galápagos-Pinguine und beim Schnorcheln Fische und Meeresschildkröten, nach dem Mittagessen dann eine Aufzucht für die fünf Arten der Galápagosschildkröten auf der Insel Isabela (Isabela hat fünf Vulkane, jeder Vulkan beheimatet eine eigene Art der Schildkröten, sie vermischen sich nicht, da die Schildkröten nicht die spitzen Lavafelder zwischen den Vulkanen überqueren) und schließlich noch ein Dutzend der nur ca. 500 Flamingos auf Galápagos. Dann wieder Bootsfahrt zurück, abends Abschlussessen im besten Restaurant der Insel und wir konnten so gut schlafen wie noch nie. Der Ausflug begann um 6:30.
Die anderen drei Tage haben wir Ausflüge auf Santa Cruz gemacht, vormittags Beginn 7:30, Mittagessen im Hotel und nachmittags ein zweiter Ausflug um 15:30. So konnten wir die starke Mittagssonne etwas abfedern. Hier haben wir außer Schildkröten und Eidechsen mehr Geologie gesehen: Lavatunnel, Erdkrater, einen Salzsee, eine Grottenspalte, Kakteenwälder und wunderschöne Sandstrände. Das frühe Aufstehen hat sich immer gelohnt!
Lavaechse

Zwei Meeresschildkröten in Las Grietas, Santa Cruz

Playa de los Alemanes, Santa Cruz

Palo Santo (meist kahl, nur kurze Zeit Blätter)

Salzsee auf Santa Cruz

Umweltbewusstsein auf Galápagos

Die Zahl der Touriszen auf Galápagos steigt stetig, 2007 noch um die 100.000, in den letzten Jahren immer deutlich über 200.000. Die Zahl der Flüge wurde nun begrenzt auf maximal drei Flüge täglich pro Fluglinie, es gibt drei Fluglinien. Um die Auswirkungen auf die Umwelt einzugrenzen, wurde nun ein Verbot für bestimmte Plastikartikel eingeführt: Einwegflaschen für Cola und Bier (Wasser folgt wohl später), Strohhalme, Tüten und Styroporbecher und -verpackungen. Unser Lieblingsrestaurant El Muelle de Darwin hat weiterhin Strohhalme, aber kompostierbare. Touren sind nur mit Nationalpark-Führern möglich, Tieren darf man sich nur auf bis zu zwei Metern nähern. Bei den Seelöwen ist das manchmal gar nicht möglich, wenn sie einem den Weg versperren. Und Melly wies darauf hin, dass auch die Vögel sich nicht daran halten, wenn sie einem dicht über den Kopf fliegen. Der Hauptflughafen auf Baltra ist der erste ökologische Flughafen der Welt (nach einem US Label, naja) und seit 2018 CO2-neutral. Vor dem Flughafen stehen demonstrativ drei Windräder (das ist einer von insgesamt vier Windparks in Ecuador). Um Plastikflaschen zu reduzieren, bieten fast alle Hotels das kostenlose Auffüllen von Trinkflaschen mit Trinkwasser an. Es gibt erste Elektroautos und Scooter. Der Müll wird getrennt.
Kein Plastik bei der Einreise
Mülltrennung

Freitag, 5. Juli 2019

Die Chocolateria

Das siebte Mal in Ecuador, insgesamt über ein Jahr hier verbracht, was soll ich da noch schreiben? Essen geht immer, das entnehme ich auch den Reaktionen auf die Facebook-Posts.
Das Schokoladenregal von Pacari
In Baños gibt es mindestens zwei schöne Chocolaterias. Die Touristen, aber auch immer mehr Einheimische können hier hochwertige ecuadorianische Schokolade und Kaffee kaufen, und diese an zwei, drei kleinen Tischchen auch mit Kuchen oder Crepes trinken. Schokolade ist in Ecuador nicht sehr verbreitet, obwohl hier die besten Kakaobohnen wachsen. Im Supermarkt findet man meist nur die weiße Galak-Schokolade von Nestlé, die mehrfachen Goldmedaillen-Gewinner von Pacari und zwei, drei andere Marken dagegen hauptsächlich in Schokoladengeschäften, 50g für 3$. Die Auswahl bei Pacari ist sehr exotisch, z.B. Yuca, Tostados (gerösteter Mais), Ingwer-Chia, Anden-Zitronenverbene, Zitronengras, Physalis, Rosen, sowie bei uns schon bekannte Sorten wie Orange, Zitrone, Feige, Maracuja usw. Alle Sorten sind zertifizierte Bioschokoladen. Schaut Euch einfach das Foto an. Jede Sorte kann man für den gleichen Preis auch trinken, die Schokolade wird dazu aus dem Regal genommen, mit Milch und Wasser erhitzt und ein Kostprobenstückchen mit auf die Untertasse gelegt. Ein Gourmetgenuss! Die ursprüngliche Trinkschokolade wird übrigens aus handtellergroßen runden Schokoplättchen zubereitet und nach Ambato-Art mit weißem Frischkäse verfeinert getrunken. Bei unserem Besuch treffen wir drei junge Frauen, zwei von ihnen aus Stuttgart, die eine Tour durch den Dschungel nahe Kolumbien durchführen wollen. Wir raten ihnen zu großer Vorsicht. Die andere Choclateria zeigte uns vortags ein Taxifahrer, wir stiegen kurz zum Schokoladenkauf aus und trafen drinnen Silvias Cousin José Luis. So klein ist hier die Welt.
Heiße Orangen-Schokolade
In Ambato essen wir immer im Mercado Modelo Hornado (Schweinebraten, das Schwein wird im Ganzen in großen Holzkohleöfen gebraten). Man geht dort in den ersten Stock des Marktes hoch, entscheidet sich für einen der beiden Hornado-Stände (zur Entscheidungshilfe werden einem Kostproben gereicht) und wählt die Beilage, die von einem Nachbarstand gebracht wird. Klassische Beilage ist Mote, ein weißer Mais, alternativ wählen wir diesmal Tortillas, Kartoffelfladen. Das Nationalgewürz Aji (Soße aus Chili mit Zwiebeln und Kräutern) darf natürlich nicht fehlen. Sobald man sich gesetzt hat, preist die nächste Marktfrau ihre Säfte an, ich nehme Mora, Brombeere.
Hornado mit Tortillas, Mote, Aji (kleines Schälchen) und Brombeersaft in Ambato
Das Speisenangebot der fliegenden Händler im Bus hat sich verändert, zu den klassischen Angeboten wie Mote con Fritada (in der Pfanne gebratenes Schweinefleisch), Empanadas, Chochos (Lupinen) gibt es jetzt auch Obstsalat oder heiße Pizza-Stücke im Angebot.

Sonntag, 13. Januar 2019

Giesensdorf und Herr Carstenn

Vor einer Woche wusste ich noch nichts über Herrn Carstenn, dabei hat er den Südwesten Berlins vielleicht so sehr gestaltet wie kein anderer. Und ich kannte auch kein Giesensdorf, obwohl es unser Nachbardorf war und ich dort fast jeden Tag durchfahre. Es begann am Freitag bei Hugendubel im Sterncenter, einem Potsdam-Babelsberger Einkaufszentrum. Dort kaufte ich das "Teltower Land", ein Heimatbuch mit vielen Artikeln rund um Teltow. Da gab es auch den Artikel über Giesensdorf. Selbst als Berliner (wie ich) noch nie von Giesensdorf gehört? Dann lasst uns auf eine Landkarte von 1880 blicken:
Berlin und Umgebung 1880

Berlin ist noch nicht zu Groß-Berlin reformiert (das kam 1920), im Süden sieht man die Dörfer Groß-Lichterfelde, Lankwitz und Giesensdorf. 1865 hatte Wilhelm Carstenn, ein holsteinischer Kaufmann, die Güter Lichterfelde und Giesensdorf gekauft, sowie das Rittergut Wilmersdorf und Friedenau. Sein Geschäftsmodell war der Erwerb von Land, die stadtplanerische Entwicklung desselben zu Villenkolonien und der anschließende Verkauf der Grundstücke an wohlhabende Familien. Auf ihn gehen u.a. die rund angelegten Straßen in Friedenau zurück (über die ich mich immer gewundert habe, sie werden als Carstenn-Figuren bezeichnet). Lichterfelde und Giesensdorf schloss er 1878 zu Groß-Lichterfelde zusammen, die Giesensdorfer verzichteten seitdem auf ihren Dorfnamen, deshalb ist er nun praktisch verschwunden. Zur Erschließung von Groß-Lichterfelde ließ er 1868 auf eigene Kosten den Bahnhof Groß-Lichterfelde (heute Lichterfelde-Ost) bauen, schenkte 1871 dem preußischen Militär 20 ha Land für den Bau der Preußischen Hauptkadettenanstalt, verband diese mit dem Bahnhof mit der seit 1881 regelmäßig verkehrenden weltweit ersten elektrischen Straßenbahn und löste einen Boom von Zuzügen von preußischem Militär-Adel nach Lichterfelde-West aus. Die Villenkolonien waren ein Erfolg. Seine finanziellen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Kadettenanstalt ließen ihn allerdings verarmen. Straßenbahnen gibt es in Lichterfelde nicht mehr. Die Kadettenanstalt wurde in der Nazizeit durch ein schönes Schwimmbad ergänzt, in dem ich sonntags schwimme (Schwimmhalle Finckensteinallee). Heute beherbergt die Kadettenanstalt das Bundesarchiv.
Schwimmhalle Finckensteinallee 
Und Giesensdorf? Erhalten sind Ostpreußendamm Ecke Osdorfer Straße die Giesensdorfer Dorkirche aus dem 13./14. Jahrhundert (zweitkleinste Kirche Berlins), das Pfarramt gegenüber, die Giesensdorfer Grundschule, die Kleingartenkolonie Giesensdorf und die Giesensdorfer Straße. Die fahre ich wie gesagt fast täglich, ohne je die Geschichte dahinter gekannt zu haben.

Sonntag, 6. Januar 2019

Urlaub in Uganda 5

Eine Freundin hat mich neulich darauf hingewiesen, dass ich einen Bericht zum Hotel angekündigt, aber nie geschrieben habe. Das freut mich, dass es zumindest eine Leserin gibt, die das Blog akribisch liest!

Auf dem Weg zum Frühstück

Hotel

Im Hotel Santa Maria Health Resort in Entebbe hatten wir für unsere zwei Familien zwei Apartments reserviert. Nach der abendlichen Ankunft am Flughafen haben uns das Hotelshuttle und unser Auto mit Chauffeur abgeholt (wegen des Gepäcks zwei Autos) und uns im Dunkeln in die Apartments gebracht. Jedes Apartment hatte eine Wohnküche, ein Schlafzimmer und ein Bad, soweit so gut. Es gab noch eine Entschuldigung für Bauarbeiten am Haus, naja, wird schon nicht so schlimm werden. Am nächsten Morgen sahen wir dann das ganze Ausmaß der Bauarbeiten: Das Haus bestehend aus unseren beiden Apartments im Erdgeschoss und zwei weiteren im 1. Stock ist komplett eingerüstet, das Dach abgedeckt. Über das Gerüst können die Bauarbeiter in die Zimmer schauen. Es sieht nicht so aus, als ob die Arbeiten bald erledigt sind. Nach einem Tag halten wir es nicht mehr aus und wechseln die Zimmer. Nun haben wir zwar keine Apartments mehr, die neuen Zimmer sind dafür aber recht geräumig, die Erholung kann beginnen!

Frühstück

Die Anlage ist bis auf die Bauarbeiten sehr schön, es gibt zwei Pools, einen Fitness-Raum und eine Sauna. Für die Fitness kommen auch viele Tagesgäste. Da hat sich in den letzten zehn Jahren einiges entwickelt, Fitness Clubs gab es damals nur zwei in Kampala, jetzt ziemlich viele überall. Mit Steve gehe ich einmal in die Sauna. Da sitzen dicke Männer drin. Wir fragen an der Rezeption nach einem Aufguss. Einen Moment, heißt es. Kurz darauf kommt der Portier mit frisch geschnittenem Zitronengras zurück und legt das in das heiße Wasser auf den Saunaofen. Herrlich!

Abends sitzen wir oft auf dem Balkon und genießen mit Fiona und Steve selbst gemixten Radler oder eine Flasche Wein. Eines Abends freuen wir uns auf eine Flasche Chardonnay, als ein komischer Geruch draußen auf dem Balkon ist, als ob jemand raucht, nur viel stärker. Dann sehen wir, daß das Hotel seinen Müll direkt vor unseren Zimmern verbrennt. Nach unserer Beschwerde wird das Feuer gelöscht, der Geruch bleibt aber noch lange in der Luft. In Uganda gibt es keine Müllabfuhr und nur wenige Mülldeponien. Fast jeder verbrennt seinen Müll also selbst.

Bobi Wine

Bobi Wine ist ein bekannter Musiker aus Uganda, der 2017 als jüngster ugandischer Abgeordneter in die Politik wechselte und schon als chancenreicher Präsidentschaftskandidat gehandelt wird. Kurz vor unserem Rückflug wurde bei einem Besuch des Präsidenten im Norden Ugandas erst der Fahrer von Bobi Wine von Polizisten erschossen, dann Bobi Wine wegen illegalem Waffenbesitz festgenommen. Die Situation wird unklar, u.a. wird der Polizei Folter von Bobi Wine vorgeworfen. Das Auswärtige Amt warnt per E-Mail die registrierten Urlauber in Uganda vor möglichen Ausschreitungen in Kampala. Wir sind wachsam. Anfang September (wir sind schon wieder in Teltow) gelingt es Bobi Wine, in die USA zur medizinischen Behandlung auszureisen.

Bobi Wine - Kiwaani (2007), der Hit von meinem Sabbatjahr

Ebola

Der Ebola-Ausbruch im Kongo macht alle Nachbarstaaten vorsichtig. Auf dem Rückflug müssen wir für den Zwischenstopp in Nairobi, Kenia einen medizinischen Fragebogen ausfüllen und unsere Körpertemperaturen werden von einer Infrarotkamera gemessen.

WhatsApp-Steuer

Was in Europa noch diskutiert wird (Besteuerung von Internetkonzernen, Digitalsteuer), ist in Uganda schon  Realität. Die sogenannte WhatsApp-Steuer wurde 2018 eingeführt, gilt auch für andere Soziale Medien wie Facebook und Twitter und wird pauschal über die Handygebühren für mobiles Internet abgeführt. Natürlich ist diese Steuer nicht sehr beliebt, wird als Bereicherung der Regierung und Behinderung der Opposition (die sich über Soziale Medien organisiert) angesehen, hält aber trotzdem den Facebook-Boom in Uganda nicht auf. In Uganda handeln die Firmen nicht über eBay oder Amazon, sondern bieten ihre Waren und Dienstleistungen über Facebook an. Internet wird hauptsächlich mobil über Handy betrieben, DSL nutzen nur Firmen und keine Privatpersonen.