Translate

Samstag, 10. Februar 2007

Alltag in Uganda II

Mir sind wieder ein paar Alltaeglichkeiten aufgefallen, ueber die ich berichten moechte. Fangen wir mit dem fuer Austauschler Wichtigsten an, der

Schokolade

Ich hatte vorher immer gehoert, in Afrika gaebe es weder Milch noch Schokolade. Inzwischen habe ich gelernt, es gibt nicht EIN Afrika (sondern ueber 50 afrikanische Staaten mit ein paar tausend verschiedenen Voelkern und Sprachen). Und in Uganda gibt es Schokolade. Das britische Empire hat hier natuerlich Cadbury etabliert, die zwar nicht so gut wie die kontinentaleuropaeische Schokolade schmeckt, aber immerhin. Die Typen Vollmilch, Crunch und Nuss werden in Kenia produziert (80g fuer 90 Eurocent), der Twix-aehnliche Riegel U&Me sowie der Mars-Klon Moro in Aegypten (fuer rund 35 Eurocent). Und Milch und Joghurt gibt es auch. Die Milch wird uns immer taeglich frisch geliefert (da man sich wegen der haeufigen Stromausfaelle nicht auf den Kuehlschrank verlassen kann), sie ist ja wichtigster Bestandteil des Tees, der zum Fruehstueck und zur Teezeit serviert wird.

Hausarbeit = Handarbeit

Als Mann habe ich in der Gastfamilie ein super Leben. Ich werde bekocht, jeden Morgen gefragt, ob ich schmutzige Waesche habe, und wenn ich nicht schnell genug selber putze, werden mir auch noch taeglich die Schuhe geputzt. Der Haushalt wird von den Frauen und den kleinen Kindern der Familie gemanaged (die Toechter, das Dienstmaedchen, zum Teil die Mutter). Dabei faellt auf, mit welchem Aufwand an Handarbeit alles gemacht wird, oder wie maschiniert im Gegensatz unser mitteleuropaeischer Haushalt ist:
  • Fast den ganzen Tag ueber brennt neben dem Haus ein offenes Feuer, auf dem gekocht wird. Das Feuer muss in Gang gehalten werden, Brennholz organisiert und angeschleppt werden, die Toepfe zwischen dem Feuer und der Kueche hin- und hergetragen werden.
  • Es gibt keinen Staubsauger, nur 50cm lange Reisigbesen ohne Stiel. Das Haus wird jeden Tag gefegt und dann gewischt.
  • Waschmaschine, Geschirrspueler? Die Antwort kann man sich denken, alles wird von den Frauen per Hand gewaschen, die Waesche taeglich.
  • Die kleinen Kinder, wie der 8-jaehrige Paul Mukisa, decken den Tisch auf und wieder ab, oder beaufsichtigen den Shop, der sich vorne im Gartenhaus an der Strasse befindet.
  • Zusaetzlich muss immer noch einer auf den 8 Monate alten Sam aufpassen, dessen berufstaetige Mutter Florence (Steves Schwester) ihn taeglich morgens bei der Oma abgibt und spaetabends wieder abholt.

Was machen die Maenner in der Zeit? Sie arbeiten tagsueber und hoeren abends nach dem Nachhausekommen Radio, lesen Zeitung oder ein Buch...

Filmstar

Ja, auch in Afrika ist man als Muzungu ein Superstar, allerdings wird man von vielen auch als wandelnde Geldboerse angesehen.

Superstar: Vor allem die Kinder, aber auch manche Frauen fassen einen an, die Haut und in die Haare. Wildfremde Menschen sagen mir beim ersten Treffen, dass sie mich schon vor ein paar Tagen mal gesehen haben. Der grosse Weisse faellt halt auf.

Wandelnde Geldboerse: Viele Verkaeufer, Busschaffner oder Mofataxifahrer nennen einem erstmal einen fuer hier total ueberhoehten Preis, der in Europa aber immer noch recht guenstig waere. Beste Reaktion: Ich lache dann erstmal gemeinsam mit dem Verkaeufer ueber diesen Scherz und sage, das sei ja ein Muzungu-Preis. Danach einigen wir uns ueber einen angemessenen Preis (oft nur die Haelfte). Zur Orientierung habe ich jetzt Kollegen gefragt, was die gaengigen Dinge des Lebens hier gewoehnlich so kosten.

AIDS-Geschichten

Im Institut treffen sich regelmaessig die Mothers of Hope, ein Verein HIV-positiver Muetter. Harriet hatte mich mal zu sich nach Hause nach Busega (ein Dorf suedlich von Kampala) eingeladen und mir ihre Geschichte erzaehlt: Vor 8 Jahren starb ihr Mann an AIDS, er wollte sich nicht behandeln lassen, da er die Aerzte und Medizin als witchcraft, Hexerei, verachtete. Harriet blieb mit 5 Kindern zurueck und erfuhr nach einem HIV-Test, dass sie ebenfalls positiv ist. Dann hat die Familie ihres Mannes sie aus dem Haus geworfen. Schliesslich waere sie daran Schuld gewesen, dass ihr Mann an AIDS gestorben ist (das ist in Uganda kein Einzelfall, dass die Ehefrauen dafuer verantwortlich gemacht werden). So ist sie nun wieder in das Haus ihres Vaters gezogen und muss sehen, wie sie die 5 Kinder ueber die Runden bekommt (und alleine das Schulgeld fuer sie zahlt). Gesundheitlich geht es ihr den Umstaenden entsprechend gut. Sie laesst sich im Mildway Centre behandeln und bekommt dort eine gute Betreuung.

Literaturtipp

Da ich als Mann ja abends immer lesen darf, kann ich ein Buch ueber Afrika sehr empfehlen, was ich gerade durchgelesen habe. Es heisst Afrikanisches Fieber und ist von einem polnischen Afrika-Korrespondenten geschrieben, der ueber 40 Jahre lang aus Uganda, Kenia, Tansania, Nigeria, Aethopien, Somalia, Ruanda usw. berichtet hat. Wer schon immer wissen wollte, was es mit Idi Amin in Uganda, dem Genozid in Ruanda, der Insel Sansibar, dem Hunger in Aethopien, dem Buergerkrieg im Sudan usw. auf sich hat, aber auch die afrikanischen Alltaeglichkeiten vom Wasserholen, dem Sammeltaxi-Verkehr, den Maerkten, wie sich eine Malaria-Atacke anfuehlt, wie man eine Bueffelherde in der Serengeti mit dem Auto durchfaehrt usw., dem sei das Buch waermstens empfohlen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen