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Freitag, 27. Oktober 2006

Manta

Annika und Enrico am Strand von Manta

Auch auf der Mantafahrt hatte ich mich auf die ecuadorianische Sorglosigkeit verlassen und mich unvorbereitet (ohne Mittag gegessen zu haben, ohne Fahrplan und ohne Hotel in Manta) um 12:00 mittags mit Annika am Busterminal getroffen. Um 12:10 wurden uns Karten für eine Abfahrtszeit 12:00 verkauft, also gingen wir schnell durch das Drehkreuz und suchten den Bus. Der kam erst 5 Minuten später und fuhr gegen 12:30 ab. Puh, das ging doch wieder mal sehr glatt, jetzt warteten wir nur noch auf die Händler, die bestimmt bald Essen und Trinken anbieten würden. Was wir nicht wussten: es handelte sich um einen Ejecutivo-Bus, der ohne Halt direkt nach Manta fährt, dafür schneller ist (3,5 Stunden) und etwas teurer (5$ statt der Faustregel 3,5 Stunden = 3,50$). Ohne Stopp natürlich auch keine Händler, dafür ein unplanmässiger Halt auf der Landstrasse, bei dem uns erklärt wurde, dass die Klimaanlage leider nicht mehr funktioniert (auch ein Ejecutivo-Merkmal, die Klimaanlage). Leider gingen auf unserer Seite auch die meisten Fenster nicht auf, und so kamen wir dann gegen 4:00 ziemlich hungrig (wir hatten nur Kekse gegessen, die Annika zum Glück vorsichtshalber mitgenommen hatte) und total überhitzt in Manta an. Dort erwartete uns Enrico aus Esmeraldas in einem Standrestaurant, Sybille konnte wegen Sonnenbrand leider nicht mitkommen. Nach einigen Inka-Kolas (gelbe Kola, irgendwie war mir nicht nach Bier zumute :o) ) und meiner ersten Ceviche con Camarones, einer limonensauren kalten Garnelensuppe, sehr lecker, ging es uns wieder besser und wir machten uns langsam auf die Suche nach einem Hotel.

Wir nahmen das erstbeste Hostal, ein Dreibettzimmer für 20$, und fuhren wieder zurück an den Strand. Und da erwartete uns natürlich, wir sind ja in Südamerika, eine Misswahl, das Fest von Manta begann an diesem Freitag (jede Stadt in Ecuador hat einmal im Jahr sein Fest, bei dem tagsüber Umzüge sind und abends Strassenfest mit viel Essen, Livemusik, Tanz, Volksfest usw.). Nach der Misswahl wurden 2m grosse Heissluft-Papierfiguren in den Nachthimmel geschickt.

Montecristi mit Kirche und Eloy-Alfaro-Denkmal


Am Sonntag haben wir erstmal das Hotel gewechselt, das nachts und morgens doch sehr laut war und weil wir komische Flohbisse an unseren Armen fanden. Das nächste Hotel kostete nur 18$ zu dritt und war sehr viel besser. Dann machten wir einen Busausflug nach Montecristi, der Hochburg der Strohhüte, die bei uns als Panamahut bekannt sind. In den dortigen Manufakturen kann man die Hüte und allerlei sonstiges Kunsthandwerk kaufen, was Annika und ich auch gemacht haben.

Das bessere der beiden Hotelzimmer und mein neuer Hut



Abends in Manta nach dem Baden im Meer (sehr schöne Brandung!) dann Langschlendern über das Strassenfest und Sehen-und-gesehen-werden. So lernten wir einen dickbäuchigen und sehr gesprächigen Barcelona-Fan (die ecuadorianische Erstliga-Mannschaft, nicht die spanische) kennen, den wir nur in der Pause des Bierholens wieder abschütteln konnten. In der Zwischenzeit schaute ich den kleinen Ecuadorianerinnen nach, die sich im Vorbeigehen nach uns umdrehten und uns lächelnd zuwinkten. Und zum Schluss fand ich mich als Statist eingebaut in einem Stück von zwei Strassenkünstlern wieder, die anscheinend sehr lustig waren, jedenfalls hatten die Einheimischen ihren Spass dabei. Ich konnte leider nicht alles verstehen. Interessant war noch ein Rummel, der einer Riesenradausstellung glich, sieben Riesenräder standen neben anderen Karussellen im Kreis. Und zur Abwechslung wurde mal nicht die schönste, sondern die hässlichste Frau der Welt ausgestellt, ein Wesen mit Frauenkopf und Spinnenkörper. Wir haben uns Chilenische Eier gekauft, ein frittiertes Fettgebäck ähnlich Pfannkuchen (oder für die Nicht-Berliner: Berliner [Ballen]), nur kleiner und ohne Füllung, die sehr lecker waren. Ansonsten musste man auf dem Rummel aufpassen, mit dem Kopf oder Arm nicht gegen ein sich drehendes Fahrgeschäft zu stossen, da es nicht immer die bei uns üblichen Absperrungen gab.

Am Sonntag waren wir dann vormittags auschillen am Pool, mittags schön beim Italiener Pizza essen und nachmittags mit dem Bus zurück nach Guayaquil.

Einen weiteren Bericht und vor allem mehr tolle Bilder (z.B. von den Riesenrädern) gibt es bei Enrico.

Donnerstag, 26. Oktober 2006

Geburtstagsbräuche

Letzten Donnerstag hatte ich Geburtstag und konnte so mal die ecuadorianischen Bräuche kennenlernen. Ich selber hatte nichts gross vorbereitet und liess ganz im Sinne der ecuadorianischen Sorglosigkeit alles auf mich zukommen. Ausser dass ich kurz vorher die Familie gefragt hatte, wo ich am besten feiern könnte, da das Haus gerade wegen Umbauarbeiten im Büro eine grosse Baustelle war. Meine Gastbrüder freuten sich, da die Jüngeren normalerweise Donnerstags nicht ausgehen dürfen, und wir wählten einen Tag vorher (für ecuadorianische Verhältnisse also sehr frühzeitig) die Tanzbar Waikiki für den Abend aus.

Doch vorher war ich ja noch im Zoo arbeiten. Anscheinend bringt man hier zum Geburtstag eine Torte selber mit, jedenfalls wurde ich mehrfach gefragt, wo denn die Torte sei. Allerdings habe ich bisher noch keinen anderen gesehen, der das gemacht hätte. Nach dem Mittagessen wurde ich dann auf einmal von den Kollegen, die wohl alle samt Chef zusammengelegt hatten, mit einer grossen Torte überrascht, und das Ritual "Happy Birthday"-Singen (auch hier wollten sie die Strophe von mir selbst auf Deutsch hören) und Kerze auspusten (in Form eines diskreten Fragezeichens) begann. Beim Anbeissen der Torte wurde ich dann natürlich mit der Nase noch leicht hineingeditscht, die Fotos davon liefer ich nach, sobald ich sie im Internet von den Kollegen herunterladen kann. Die Torte war sehr gross und reichte für über 20 Personen. Der Chef hat mir dann noch eine Guia (Zooführerin) nach Wahl als Geschenk angeboten, leider konnte ich mich bei so viel netten Frauen nicht entscheiden :o) Machismo-Humor...

Abends um 10:00 sind wir dann ins Waikiki gefahren, eine Bar mit freiem Eintritt und Bezahlen nach Konsum (Bier 1,25$), also das in Europa vertraute System. Das andere Modell, bar libre = all inclusive, bei dem Männer zwischen 10 und 15$ und Frauen zwischen 0 und 3$ Eintritt zahlen und dafür so viel trinken können, wie sie wollen, habe ich mit Rücksicht auf die Gastbrüder und Freunde nicht gewählt, da das hier sehr viel Geld ist und viele dann nicht mitkommen könnten. So waren alle 9 Gastbrüder, Camilo mit Freundin, und die anderen Voluntäre dabei, und es wurde viel getrunken und etwas getanzt. Das Bier wurde in Nachttöpfen mit 6 Strohhalmen serviert, aus dem dann alle getrunken haben. Zusätzlich gab es für mich ein Trinkspiel auf Kosten des Hauses, bei dem auf eine Bierflasche ein Aufsatz gesteckt wird, der aussieht und mir in den Mund gesteckt wird wie ein Schnorchel, dann wird die Flasche kopfüber nach oben gedreht und innerhalb von Sekunden ist der ganze Flascheninhalt in meinem Mund. Sehr witzig, vor allem für die anderen... Um halb 3 sind wir dann mit mehreren Taxen nach Hause gefahren, wo zusammen mit Richard, der wegen der noch andauernden Trauerzeit nicht mitgefahren war, noch eine Flasche Orangen-Wodka, ein Geschenk von Anita, in grosser Runde probiert wurde.

Insgesamt machen sich die Ecuadorianer wenig aus Geschenken, die Anwesenheit und das gemeinsame Feiern steht mehr im Vordergrund, was ich sehr schön fand, weil ich bisher noch nie mit allen Gastbrüdern gleichzeitig was gemacht habe. Die Geschenke kamen dafür von den Voluntären, Annika mit einer Latino-Tanz-CD (die ich mir schon immer hier kaufen wollte aber nie wusste, was gut ist) und Anita mit der besagten Wodkaflasche.

Am nächsten Tag, Freitag, waren die Brüder ganz schön fertig, für mich ging nun das Wochenendprogramm los: Arbeiten im Zoo bis mittags (ich hatte leider nicht freibekommen) und dann Fahrt mit Annika nach Manta an die Küste, wo wir Enrico aus Esmeraldas getroffen haben. Darüber dann mehr im nächsten Bericht.

Vielen Dank noch an alle aus Deutschland für die vielen lieben e-Mails, einen Handy-Anruf und einen Brief, der noch unterwegs ist! Darüber habe ich mich hier sehr gefreut!

Dienstag, 17. Oktober 2006

Sorglosigkeit in Ecuador

Salinas, der schönste Strand Ecuadors?

Was ist der markanteste Unterschied zwischen der ecuadorianischen und der deutschen Mentalität? Warten und Spontaneität wurde schon oft erwähnt und passt auch. Anders ausgedrückt ist es für mich das Planen und Vorausdenken der Deutschen und die spontane Sorglosigkeit der Ecuadorianer, und beides wird von dem jeweiligen System unterstützt.

Ein Beispiel: gestern am Sonntag war ich mit Annika einen Tag am Strand von Salinas, ca. 2 Busstunden von Guayaquil entfernt. Was würde man dafür in Deutschland wahrscheinlich tun?
  1. Busverbindungen für Hin- und Rückfahrt heraussuchen (Fahrplan, wann fährt ein Bus?), eventuell Platz reservieren. Und
  2. Reiseproviant für die Fahrt (Stullen, Kekse, Obst) einkaufen und vorbereiten.

Wir sind das zum grossen Teil ecuadorianisch angegangen: Da es hier eh keine Fahrpläne oder Liniennetze gibt, haben wir uns um 8:00 früh am zentralen Busbahnhof verabredet. Es war Präsidentenwahl, schon 2 Tage vorher ab Freitag galt das ley seca, die Sperrstunde in Ecuador: kein Alkoholausschank in Kneipen, Restaurants, Diskotheken. Wir wussten nicht, ob es auch Einschränkungen im Busverkehr gibt, da auch keine Museen oder sonstige touristischen Einrichtungen auf hatten, es herrscht Wahlpflicht in Ecuador. Trotzdem riskierten wir es. Am Terminal angekommen sehen wir dann bei unserer Busgesellschaft (es fährt heute nur eine einzige nach Salinas) eine Schlange am Schalter von mehreren Dutzend Metern. Au weia, wahrscheinlich sind die nächsten Fahrten alle schon ausverkauft und wir kommen hier erst mittags los. An diesem Tag reisen nämlich viele Ecuadorianer zum Wählen in ihre Heimatstadt, wo sie gemeldet sind. Doch nun setzt das Prinzip der ecuadorianischen Sorglosigkeit ein: wir stehen erst einmal eine Weile herum und warten, was passiert.

Und schon nach einer Minute werden wir angesprochen, wir verstehen den Mann erst nicht, er redet etwas von einer Cola (bzw. Kola), was hier entweder Limonade, Warteschlange oder Schwanz bedeuten kann. Wir denken, er will uns eine Cola verkaufen. Dann geht er kurz weg, kommt nochmal wieder und setzt neu an: er meinte die lange Warteschlange, die wir mit einem Propina (Trinkgeld) von einem Dollar umgehen könnten, er würde uns Tickets verkaufen für die Busfahrt, die sofort als nächstes abfährt, er arbeite bei der Buslinie. Kurzer Blickkontakt mit Annika: handelt es sich um einen Trickbetrüger, der Touristen ausnehmen möchte? Der Mann sieht relativ harmlos aus und wir entscheiden uns für das Angebot. Und wirklich, der Mann kauft für uns an der Schlange vorbei zwei Tickets, schleust uns durch das Drehkreuz, begleitet uns zum Bus - und bekommt sein Trinkgeld. 5 Minuten später fahren wir los. Für vieles (alles?) gibt es in Ecuador mit Propinas eine Lösung.

Reiseproviant: Annika hat morgens zum Erstaunen ihrer Gastschwester 4 Stullen geschmiert, so viel Vorausplanung hat ihre Schwester noch nie vorher gesehen. Zusätzlich hatten wir noch vorher Kekse eingekauft. Die Brote waren lecker, aber im Bus gab es natürlich auch wieder alles zu kaufen von den fliegenden Händlern: frittierte Bananenspezialitäten, Kokossaft, Getränke usw. Der Ecuadorianer kauft im Bus, und die Sachen sind nicht viel teurer als im Supermarkt: die Trinkflasche Wasser 0,5l z.B. eisgekühlt im Bus für 25 Centavos, warm im Supermarkt für 18 Centavos. Irgendwann gegen Schluss der Fahrt sitzen nur noch 4 Leute im Bus und der Fahrer hat entweder keine Lust mehr oder darf nicht weiter fahren, er winkt uns raus zu einem Taxi, das er im voraus bezahlt und uns zum gewünschten Ziel, dem Strand von Salinas, weiterfährt. Das ist Kundenservice.

Die Rückfahrt gehen wir ähnlich sorglos an: um 18:00 haben wir keine Lust mehr auf Strand, laufen zur nächsten grossen Strasse, halten nach 1 Minute den nächsten Bus an, und fragen ob er nach Guayaquil fährt. Fährt er natürlich nicht, aber für 50 Centavos für beide fährt er uns zum Busbahnhof von La Libertad, der nächstgrösseren Stadt, wir steigen aus, der nächste Mann fragt uns "Guayaquil?" (manchmal denke ich schon, die Leute hier können Gedanken und Wünsche lesen), führt uns zum Schalter, wir kaufen die Tickets, steigen in den Bus, kaufen dem Händler noch 2 leckere Limonaden ab, und wieder geht es ohne Wartezeit gleich los. Irgendwie kundenfreundlich, bei diesem System braucht man auch einfach keine Fahrpläne, Liniennetze oder Reiseproviant. Ecuadorianische Sorglosigkeit...


Kerlly und ich, die Kleinste und der Grösste im Zoo

Ein weiteres Beispiel für spontane Freizeitgestaltung: Am Donnerstag vormittag fragt mich die Kollegin Kerlly im Zoo, Studentin, ob ich Lust hätte, heute eine Cocktailvorlesung zu besuchen. Die Studenten lernen bei Tourismus und Hotelwesen auch Kochen, und heute sei der Cocktail Piña Carebeña (ähnlich Piña Colada) dran. Und die Uni befände sich ausserdem in Urdesa, nicht weit von mir zu Hause. Klar, das lasse ich mir nicht entgehen, und so breche ich eine Stunde vorher als normal mit 4 Kolleginnen auf, treffe vor Ort noch auf ca. 15 weitere Damen und vielleicht 4 männliche Studenten. Der Professor ist Roman, ein ukrainisches Koch, vielleicht Ende 20, der neben spanisch auch deutsch, englisch, französisch und italienisch (und bestimmt auch russisch) sprechen kann. Wir stehen um eine grosse Granittheke herum und bereiten alles vor: die frischen Ananas werden klein geschnitten und mit der blossen Hand ausgepresst, die Süsse-Dickmilch-Dose mit einem Küchenmesser geöffnet, es wird 1/3 Rum, 1/3 Saft, 1/3 Dickmilch und zwei Teelöffel Zucker im Shaker gemixt, die Garnitur mit Cocktailkirsche vorbereitet und los geht das Probieren der Ergebnisse. Zwischendurch wie immer viele interessierte Fragen an mich, eine Studentin will wissen, ob ich spanisch verstehe und testet das zum Vergnügen aller mit dem Satz, was für schöne Augen ich hätte. Jaja, blaue Augen kennt man hier praktisch nicht. Und das nächste Mal bin ich doch wohl hoffentlich wieder dabei, da wird mexikanischer Salat zubereitet? Naja, das kann ich ja dann wohl kaum noch abschlagen...

Mir geht's also weiterhin sehr gut hier, liebe Grüsse nach Deutschland!

Samstag, 14. Oktober 2006

Ausflug nach Quevedo

Weil ich so gerne reise, fragen mich immer mehr Freunde im Zoo, ob ich mit ihnen einen Wochenendausflug machen will. So hat mich Narcisa am letzten Wochenende zum Geburtstag ihrer Oma nach Quevedo eingeladen. Ihr Freund Marcelo musste im letzten Moment absagen, da sein Brunder krank im Hospital lag. Quevedo liegt 3 Stunden entfernt in der inneren Costa, d.h. tropische Hitze ohne Strand. Aber das bin ich ja von Guayaquil gewohnt. In Quevedo angekommen, erwartet mich an einem Hang in der Stadt das Haus der Familie, typisch für die Häuser dieser Region: einstöckig, spitzes Blechdach, die Wände innen hören bei ca. 2,50 auf, darüber ist keine Zimmerdecke, sondern nur die Dachkonstruktion, unlackierter Holzfussboden, Fenster- und Türaussparungen ohne Fenster und Türen (ausser der Eingangs- und der Badtür), als Türen werden Vorhänge verwendet. Die Wände sind innen und aussen verputzt, was einen gewissen Wohlstand zeigt. Wenn man eintritt, steht man in einem grossen Raum, der Wohnküche, im ersten Drittel befinden sich an den Wänden hufeisenförmig Couchgarnituren und Stühle, an der vierten Seite steht ein Fernseher, im zweiten Drittel zwei grosse Esstische und im letzten Drittel eine offene Küche mit Theke zum Wohnraum hin. Diese Aufteilung ist sehr typisch für Ecuador, wobei die Sitz- und Fernsehecke in der Regel nur für Feiern benutzt wird, ansonsten ist das Schlafzimmer der Eltern das eigentliche Wohnzimmer.

Die Begrüssung ist wie immer herzlich, als ob ich ein lang nicht mehr gesehener Verwandter bin, eine Tante steigt wegen des Grössenunterschiedes spontan auf einen Küchenschemel, um mich zu umarmen. "Das ist also famoso Tim - der berühmte Tim" empfängt mich die Schwester Marlyn. Anscheinend wurde im Vorfeld schon viel über den grossen, blonden Gringo berichtet... Mir wird ein Platz angeboten und während ca. 5 Frauen in der Küche herumwüten, sitzt der Rest herum, unterhält sich, begrüsst die ständig neu eintreffenden Verwandten (es werden ca. 40-50 Personen). Zwischendurch gehen wir Chicos (die Jüngeren) durch die Stadt spazieren und kaufen Schuhe für die Oma, perlenbestickte Schlupfschuhe für 30$ ("Das ist teuer, in Guayaquil kosten die die Hälfte", meint Narcisa). Die Städte haben hier viel Beton und wenig Grün, ein Geschäft reiht sich an das nächste. Danach das erste Duschen und Feinmachen fürs Geburtstagsessen. Erst kommt aber noch ein bestellter Gitarrensänger, der lustige Volkslieder singt (deren Texte ich leider nicht verstehe). Spontan wird die Oma vom Schwiegerenkel zum Tanz aufgefordert und dann von Mann zu Mann weitergereicht, ich tanze zum Schluss mit ihr. Alles wird mit einer Videokamera gefilmt. Inzwischen haben die Frauen grosse Teller vorbereitet mit viel Grillfleisch. Ich denke erst, die Teller sind das Buffet, von dem man sich bedient, aber die vollen Teller mit Fleisch sind pro Person gedacht: Würstchen, Rindersteak, Schweinesteak, Hühnchenfleisch, dazu Thunfisch- und Gurkensalat. Endlich mal kein Reis! :o)

Nach dem Essen singt der Barde noch ein lustiges Lied, in dem spontan einzelne Personen der Familie besungen werden, und verabschiedet sich dann. Es wird wieder laut Salsa, Reggaeton und Bachata-Musik angemacht, zu der getanzt wird. Durch die Hitze ist man nach zwei Tänzen total aufgelöst, und so gehe ich zur Abkühlung vor die Tür und schaue den Kindern beim Fussballspielen zu... Ich unterhalte mich mit der ganzen Familie, dem Vater über Hitlers letzte Videos, der Mutter übers Heiraten (ich wäre doch schon maduro - reif) und über die Räuber in Guayaquil (ich solle immer schön aufpassen und nie alleine unterwegs sein) und die Schwester will wissen, wie denn meine Traumfrau, die Prinzessin, aussieht, und ob sie nicht Ecuadorianerin sein könne. Dann wird die Torte präsentiert und das Lied auf die Quinceañera (die Fünfzehnjährige, gemeint ist die Oma...) angestimmt. Happy Birthday auf spanisch, portugiesisch, englisch und schliesslich muss ich natürlich noch die Strophe auf deutsch singen.

Abends um 9:00 leert sich das Haus etwas und Narcisa meint, dass die Chicos jetzt ausgehen. Also zweite Dusche für alle, ich habe gar nicht so viel Kleidung zum Wechseln mit, und wir fahren in zwei Taxen zu einem Strassenfest mit Live-Musik und vielen Diskotheken rechts und links. Der Aufpasser der Diskothek macht Probleme mit Narcisas kleinem Bruder, der erst 12 ist, erst letzte Woche wäre eine Polizeikontrolle gewesen, er wird nicht reingelassen (wobei es nur um ihn geht, über seine gleichaltrige Freundin redet keiner...). Nach langer Diskussion kaufen wir Getränkegutscheine für 10 Bier (= 10$) und alle werden hereingelassen. So einfach ist das.

Nachts wird mir dann ein Einzelzimmer zugewiesen, Bett mit Moskitonetz (mein erstes hier!), ich habe richtig ein schlechtes Gewissen, weil die anderen wahrscheinlich zu fünft pro Zimmer schlafen. Vorher werden aber noch um 3:00 früh Patacones, frittierte Kochbananen, mit dem leckeren weissen Käse zubereitet (diesmal von den Männern...), weil ich auf die Frage "Hunger oder müde?" halb scherzhaft mit "Hunger" geantwortet habe.

Am nächsten Tag dann wie üblich gemeinsames Frühstück im Schlafanzug (gebratene Verdes und Maduros, zwei verschiedene Arten von Kochbananen), und überlegen, was der Tag noch bringt. Schwimmbad wird bald wieder verworfen, da zu teuer, und so gehe ich mit den Mädels zur Fusspflege in ein benachbartes Wohnhaus. Von aussen nichts zu erkennen, man muss wissen, dass das drinnen angeboten wird. Die Pediküre kocht Essen für die Familie, ruft die Kinder zum Essen, der Mann, ein Matrose kommt auch dazu, und zwischendurch werden die Füsse gepflegt und die von mir ausgesuchten Nagelmuster auf die grossen Zehen der Damen lackiert. Ob ich das auch wolle, nur mit Klarlack natürlich? Ich nicke, will mir auch diese Erfahrung nicht entgehen lassen, kostet 1$ für mich.

Um 5:00 nachmittags dann die Heimfahrt im Bus, nicht ohne dass uns noch leckeres Grillfleisch und Reis in den hier üblichen zylinderförmigen, graugeriffelten Plastikschalen mit Klarsichtdeckel für die Fahrt mitgegeben wird. Auch für die Überlandbusse stellen wir uns einfach an die Strasse und halten den nächsten Bus nach Guayaquil an.

Dienstag, 10. Oktober 2006

Ecuadorianische Dienstreise

Kathedrale von Cuenca

Als ich letzten Montag früh um 10:00 zufällig am Zooausgang sitze und mit einer Kollegin beim Mischen der Schneckennahrung schwatze, fährt mein Chef Ricardo (der Juniorchef und Sohn des Besitzers) gerade mit dem Auto heraus, hält an und fragt, ob ich nach Cuenca mitkommen will. Cuenca liegt in den Anden auf ca. 2.500 m Höhe und ist drei Autostunden von Guayaquil entfernt, es ist ein Muss für jeden Ecuador-Reisenden, ich kenne es noch nicht. Ich frage: wann? und bekomme als Antwort: jetzt sofort. Das nenne ich Spontaneität: keine grossen Formulare ausfüllen, auf nichts vorbereitet sein, und los! Natürlich sage ich zu, nachdem ich schnell noch das Schneckenfutter dem Zoobiologen übergeben habe, der sich freut, dass er heute meine Arbeit übernehmen darf.

Spanischer Kolonialstil


5 Minuten später sitzen wir im Auto und fahren die nächsten drei Stunden an Bananen-, Kakao- und Reisplantagen vorbei. Dann fängt plötzlich das Gebirge an, die Serpentinen winden sich auf 4.000 m Höhe hoch, ich friere etwas, habe ja nur ein kurzärmeliges Hemd für die Küstentemperaturen von 30°C an. Cuenca selbst liegt in einem Kessel, umgeben von Bergen, und hat im Gegensatz zum modern-hässlichen Guayaquil eine wunderschöne spanische Kolonialstil-Architektur. Dort treffen wir Ernesto, den Besitzer des dortigen Zoos (eigentlich mehr ein Aquarium mit Fischen und Reptilien bis hin zu einem Krokodil) und Freddy, dessen Vater aus Münster kommt und der gut deutsch sprechen kann. Es soll das Fest von Cuenca im November vorbereitet werden, dort wird es eine Ausstellung mit Tieren aus beiden Zoos geben: Capybaras, Ozeloten, Papageien, ein Krokodil, Eulen usw. Wir gucken uns das Gelände an, reden mit den Veranstaltern, besuchen noch eine Pflanzenzucht, weil jemand die Idee hat, zusätzlich noch Pflanzen auf der Messe zu verkaufen.
Wir fahren mit Freddys Ford-Geländewagen, Ricardo und ich sitzen hinten. Ich erlebe auf diesem kurzen Stück zum ersten Mal, dass sich ein Ecuadorianer, nämlich Ricardo, auf einmal hinten anschnallt. Freddy hat nämlich einen Fahrstil, der selbst für Ecuadorianer ungewöhnlich ist. Er nutzt alle PS des Autos aus (und dieses scheint viele zu haben...), um eine schnellstmögliche Beschleunigung und Geschwindigkeit zu erreichen, die Reifen quietschen in jeder Kurve. Zum Warmwerden trinkt er schottischen Whiskey, den er zur Tarnung in eine Metall-Isolier-Tasse füllt und im Auto rumreicht. Mit einer Hand telefoniert er auf seinem Handy. Ich bin froh, dass die Fahrt bald vorbei ist, überlege, ob James Deans letzte Fahrt ähnlich gewesen ist und beschliesse, nicht mehr bei Freddy mitzufahren.
Da es schon spät ist, verlängern wir um einen Tag und ich miete mich in einem schicken Altstadthotel für 10$ ein. Inzwischen hat mir Ernesto auch noch eine Jacke geliehen, abends ist es doch etwas kalt hier.
Am nächsten Tag fährt uns Ernesto zu einem wunderbaren Hanggrundstück, mehrere Hektar gross, dass seinen Eltern gehört. Auf einer Ebene steht ein kleines verlassenes Haus, dass seinen Grosseltern gehört, ringsherum Wälder, Wiesen und immer wieder spektakuläre Ausichtspunkte vom Berg auf die Stadt Cuenca. "Was meint ihr," fragt uns Ernesto, "hier kommt ein Zoo hin, dort am Hang die Bären, hier Parkplatz und Restaurant, im Wald die Hirsche, dort Jaguare, die Besucher können den ganzen Tag hier verbringen, auf den Berg klettern, für Lauffaule bieten wir Lama-Ritte an, einen Shop, Aussichtspunkte! Wär das auch was für deutsche Touristen?" Der Mann ist 24 und kann mit seinen Visionen begeistern. Den ersten Zoo in einem Altstadthaus hat er auch selbst aufgebaut und liebevoll mit vielen Lernstationen für Kinder eingerichtet. Ich beschliesse, in 2-3 Jahren wiederzukommen und den Fortschritt des Projektes zu verfolgen. Nachmittags fahren wir wieder zurück, durch einen Nationalpark und abends und am nächsten Tag erzähle ich meiner verdutzten Gastfamilie und den Kollegen, wo ich die letzten beiden Tage war. Beim Fest in Cuenca im November bin ich wieder dabei, dann nehme ich auch einen Fotoapparat mit (die Bilder dieses Berichts sind gegoogelt)...

Nationalpark Cajas

Freitag, 6. Oktober 2006

Danke für über 1.000 Besuche!

Seit Beginn der Besucher-Zählung Ende Juni wurde dieses Blog über 1.000 Mal aufgerufen.


Vielen Dank dafür!

Zeit für ein paar Statistiken:

Die Besuche verteilen sich zu 30% auf die ecudorianische Zeitzone, zu 70% auf die deutsche. Inzwischen kommen viele Besucher über die Weblogs von Annika und Enrico zu mir, aber auch über Suchmaschinen, hauptsächlich Google. Suchanfragen waren z.B.:

El Pantanal, Austausch über das Sabbatjahr, miss guayaquil 30 september oder Ecuador Alltag.

Im letzten Monat gab es täglich zwischen 3 und 22 Besucher:


Sonntag, 1. Oktober 2006

Alltag in Ecuador II

Lieblingsthema Wahl Miss Guayaquil und ein Schlauch Zahnpasta

Da im Augenblick ausser einer komplizierten Liebelei bei mir nicht viel passiert, kann ich mal wieder über ein paar Dinge des Alltags hier in Ecuador berichten. Von AFS erhalte ich z.B. monatlich einen Scheck für meine Fahrtkosten (letzten Monat 11,75 $), also fange ich mal an mit den

Banken in Ecuador

Daueraufträge oder Lastschriften scheinen hier entweder noch nicht erfunden zu sein, oder extrem unüblich. Gestern hat mir Richard erzählt, er muss noch einige Besorgungen machen, u.a. die Strom- und die Wasserrechnung bezahlen. Einmal war unser Internetanschluss (für die ganze Firma!) eine Woche gesperrt, weil die Rechnung zu spät bezahlt wurde. Da ist meine Gastfamilie aber kein Einzelfall, bei anderen Familien war deswegen z.B. schon mal das Telefon für ausgehende Anrufe gesperrt. Wenn man eine Bank besucht, ist die deshalb immer gut gefüllt, gestern standen 30 Wartende in der Schlange vor mir, oft kommt man gar nicht rein, weil die Schlange bis auf die Strasse steht. Geldautomaten gibt es aber wie bei uns, die meisten funktionieren sogar mit unserer ec/maestro-Karte (wenn man weiss, was man im englischen Menu auswählen soll: Abhebung vom debit, saving oder checking account, ich habe mich irgendwann für checking account entschieden, weil ich das noch am ehesten mit Girokonto verbinde). Wenn ich mir überlege, dass ich ausser bei den Vorbereitungen für mein Sabbatjahr in den letzten 5 Jahren kein einziges Mal an einem Bankschalter war, sondern alles über Internet und Geldautomaten geregelt habe, muss ich hier doch schmunzeln. Das Warten in der Schlange ging dann übrigens überraschend schnell, da es immerhin das System Eine-Schlange-für-vier-Schalter schon gibt. So konnte ich kaum mit den zwei Frauen vor mir schnacken, die immer belustigt zu mir nach oben geguckt haben, kam nach 15 Minuten schon ran - und musste feststellen, dass hier mal einer der wenigen Fälle war, wo meine schöne Farbkopie des Reisepasses als Legitimation zur Scheckeinlösung nicht ausreichte, also muss ich nächste Woche nochmal mit dem Original-Pass antreten. Ach, und die freundlichen Sicherheitskräfte mit 5-10 cm dicker kugelsicherer Weste und Waffe vor und in der Bank fallen mir schon gar nicht mehr auf.

Geburtstagstorten

Gestern hatte Annika Geburtstag und wir waren bei ihrer Familie zum Feiern eingeladen. Ohne ihrem Bericht darüber vorgreifen zu wollen, sind zwei Sachen hier etwas anders als bei uns: die Geburtstagstorte wird hier oft dermassen angeschnitten, dass zuerst ein kleiner Kreis in der Mitte der Torte geschnitten wird. Die Tortenstücke werden dann um dieses Stück herum abgeschnitten, der Kreis bleibt als letztes Stück übrig. Auf meine Nachfrage hin hat das wohl keine besondere Bedeutung, macht auch jeder anders hier, habe ich aber schon bei verschiedenen Anlässen beobachtet. Und zweitens wird das Geburtstagskind, wenn es die Kerzen nicht vollständig ausbläst (und das schafft man nicht, da es auch hier diese Scherzkerzen gibt, die nach dem Ausblasen einfach wieder angehen), mit Mund und Nase in die Torte geditscht, zum Anbeissen der Torte...

Zeitungen

Die seriöseste Zeitung hier heisst El Universo, die lese ich oft im Bus. Das Universum besteht aus täglich immerhin einer internationalen Seite, die Nachrichten aus Deutschland waren in letzter Zeit sehr rar: Die Reaktionen auf den Papst-Besuch in Deutschland mit Mohammed-Zitat und die Absage der Mozart-Oper "Idomeneo" in der Deutschen Oper Berlin, viel mehr kam nicht. Aber diese Themen interessieren hier in Südamerika auch nicht so, und so wird sehr viel Lokales berichtet und über Tage und Wochen ausgebreitet. Z.B. die Wahl der Miss Guayaquil, die gestern stattfand und wo die letzten 14 Tage täglich eine der Kandidatinnen im Interview vorgestellt wurde, neben zig Berichten, wo die Kandidatinnen täglich wieder aufgetreten sind. Wenn eine Misswahl abgeschlossen ist, fängt die nächste gleich wieder an: In den letzten zwei Monaten gab es die Wahlen: Miss Panamerika (alle Länder Amerikas, Wahl war in Guayaquil), Miss Bananamerika (den richtigen Titel habe ich wieder vergessen, zugelassen waren nur die Schönheitsköniginnen der Bananen-exportierenden Länder), Miss Afroecuador (Wahl der schönsten Schwarzecuadorianerin, die natürlich aus Esmeraldas, der Schwarzenhochburg, kam), Miss Guayaquil, und berichtet wurde auch über Miss Quito und die Vorbereitungen zur Wahl von Miss Duran (Nachbarstadt von Guayaquil, vergleichbar mit Potsdam/Berlin). Dann gibt es JEDEN Tag eine Fotoseite mit 15-20 Farbfotos von Partys, Geburtstagen, Hochzeiten, Jubiläen und Familientreffen des Vortages. Ich bin gespannt, ob heute Annikas Geburtstag auch drin steht :o) .

Bei den Fotos steht übrigens immer der Name unter den Bildern, ob es Strassenarbeiter für den Bau der neuen Metrovia sind, oder Todesopfer vom letzten Massen-Verkehrsunfall, da werden dann oft noch die Nummernschilder gleich mit angegeben. Datenschutz gibt's nicht.

Die Arbeiter im Zoo (Fleischhacker, Handwerker, Käfigreiniger) lesen aber lieber eine Boulevard-Zeitung mit Bildern, gegen die das Bild-Zeitungs-Modell von Seite 3 in Deutschland wie eine Nonne erscheint. Über mehrere Seiten, meist noch mit einer Foto-Story, werden hier die Mädels aus Kolumbien, Brasilien oder Venezuela ausgiebigst vorgestellt. Die Zeitung hat ein Tarn-Deckblatt mit "normalen" Blut-Nachrichten, darunter das eigentliche Deckblatt mit den Mädels, damit das Lesen nicht zu peinlich ist. Ist aber gar nicht nötig, das Lesen IST hier keinem peinlich, und die Foto-Storys werden auch gerne von Frauen gelesen.

Körperpflege und Friseur

Einige Sachen sind hier ungewohnt, Zahnpasta gibt es z.B. ausser in Tuben auch in Schläuchen (s. Bild oben). Duschgel ist hier eine Rarität, sehr teuer (3$), meist importiert und mit ausführlicher Anleitung: "Auf einen Schwamm oder Waschlappen auftragen und damit den Körper einmassieren", gekauft wird Seife.

Während Ecuadorianer z.B. beim Sonntagsfrühstück, das im Schlafanzug eingenommen wird (selbst wenn Besuch aus Deutschland wie ich dabei ist...), die Körperpflege nicht an erste Stelle setzen, ist das ganz anders, wenn man abends ausgeht. Auf einmal werden selbst die Jungs aktiv, duschen um die Wette, rasieren sich, bügeln Hemd und Jeans, putzen Zähne und Schuhe, benutzen teures Parfum. Es kommt mir vor, als ob es um die eigene Hochzeit geht, und die Wartezeiten, bis Mann fertig ist, stehen denen der Frauen um nichts nach. Zum Schluss nochmal die gegenseitige kritische Kontrolle, ob die Ärmel so richtig sitzen oder vielleicht lässig hochgekrempelt werden sollten (was den Bügeleffekt in Sekunden wieder zunichte macht).

Gespart wird dagegen gerne beim Friseur. Als ich meine Brüder danach fragte, ob der Friseur im Einkaufszentrum zu empfehlen sei, sagten sie nur, der koste 8$, viel zu viel. Ich habe lieber nicht erwähnt, dass ich in Berlin immer 20 Euro, also 25$ zahle. So bin ich also eines Nachmittags von Teresa zu einer Friseuse vier Blöcke weiter geführt worden. Von aussen nicht richtig als Geschäft erkenntlich, tritt man ein wie in eine Privatwohnung, steht aber sofort im Salon. Statt mir aufwändig das Haar-und-Frisuren-Spanisch anzueignen, habe ich schlau ein Passfoto mitgenommen, was kurz nach einem Friseurbesuch in Berlin aufgenommen wurde. Die Friseuse, eine nette alte Mutti, die zwischendurch viel telefoniert und sich mit ihrem im Geschäft sitzenden Mann (Vetter, Bruder?), sowie ihrem behinderten Sohn unterhalten hat, nickte fachmännisch, hat mir aber viel zu kurz auf das Foto geschaut. Und so ist dann ein komischer Bart-Simpson-Schnitt herausgekommen, hinten kurzrasiert, Oberhaar lang. Ich vermute, die Friseuse hatte einfach keine Lesebrille für das Foto (übrigens gibt es hier in Ecuador auffällig wenig Brillenträger, sind die vielen Fruchtsäfte wirklich gut für die Augen, oder die Brillen einfach nur für keinen bezahlbar?). Naja, hat dafür nur 3$ gekostet und schon alleine das hat bei meinen Brüdern anerkennende Bewunderung ausgelöst, die fahren für einen 2,50$-Schnitt nämlich immer durch die halbe Stadt, mit entsprechendem Zeit- und Fahrgeld-Mehraufwand.

Berichten kann ich noch über Ärzte, Krankenhäuser, Einwohnermeldeämter, Verkehrspolizisten, den Wahlkampf für die Präsidentschaftswahl in zwei Wochen und natürlich immer wieder über Busse. Aber es sind ja noch ein paar Wochen Zeit.

Update Waschmaschine: Nach einer wilden Rattenjagd in der Küche mit drei Labradoren, einer Waschmaschine (in die die Ratte geflüchtet ist) und einem Besen (mit dem die Ratte in der Maschine letztlich von Richard erlegt wurde, nachdem sie nicht rauszuschütteln war), ist die Waschmaschine mal wieder kaputt - Handwäsche bin ich ja schon gewohnt...

Liebe Grüsse nach Deutschland!