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Sonntag, 27. Mai 2007

Alltag in Uganda V

Hier wieder ein paar Kleinigkeiten des Alltags:

Steigerung des Filmstars

Vor der Introduction Ceremony im Africa Mentoring Institute

Ich haette nicht gedacht, dass eine Steigerung des Filmstargefuehls noch moeglich ist, aber es geht! Gestern war ich mal wieder eingeladen zu einer Introduction Ceremony, bei der der zukuenftige Schwiegersohn der Familie der Braut vorgestellt wird. Die Maenner ziehen bei so einer Zeremonie ein weisses Gewand, den traditionellen Kanzu an, also habe ich mir von Steves Familie auch wieder einen ausgeliehen. Die Feier war in einem Dorf ca. 2 Stunden von Entebbe entfernt, das letzte Stueck fuhren wir auf einem Sandweg auf Boda-Bodas. Als die Landbevoelkerung mich auf dem Boda sitzend vorbeifahren sah, in traditioneller Kleidung, wurde mir zugejubelt, als ob die Queen persoenlich vorfaehrt: Kinder winken ja sowieso und rufen "Bye Muzungu!", aber diesmal winkten auch die Frauen kichernd, sogar die Maenner von der Ladeflaeche vorbeifahrender Lastwagen, oder sie blieben wie angewurzelt mit offenem Mund am Wegesrand stehen...

Introduction: Doreen fuehrt Fred bei ihrer Familie ein...

Die Feier selbst war aehnlich wie die beiden anderen Introduction Ceremonies, die ich hier schon erlebt habe, diesmal gab es aber auch zwei Ziegen und einen Hahn fuer die Braut (komischerweise keine Kuh) sowie eine komplette Wohnzimmereinrichtung mit Couchgarnitur, grossem Esstisch und 6 Stuehlen. Die ganzen Moebel wurden von der Braeutigamsfamilie in einer Prozession herangetragen und praesentiert.

Die Braut (hier in rot) sitzt vor ihren ganzen Geschenken, es fehlen noch die Moebel und die Tiere

Schuluniformen

Maria und Paul Mukisa

In Uganda haben alle Schueler Uniformen, hier die von Maria und Paul Mukisa, sowie einer nahe dem Institut gelegenen Schule bei einem Projektbesuch.

Fototermin, sagt alle "YES!"

Geburtstagsfeier


Maria feiert ihren siebten Geburtstag, wie ueblich mit einer Geburtstagstorte und Limonade. Sie ist meine grosse Liebe, also hat Uncle Tim ihr dieses Trimester die Schulgebuehren gesponsert.

Sammeltaxi

Wie in Ecuador der Bus ist das Sammeltaxi hier meine Lieblingsrubrik. Neulich war ich mit meiner Freundin Tina Rose auf dem Weg zum Botanischen Garten, als sich neben mir eine Frau auf den Sitz quetscht. Gut, das ist ja normal, aber diese Frau lehnte sich so komisch zu mir herueber, lag halb im Taxi und stoehnte. Schwanger - war Tinas Kommentar. Die Wehen hatten offensichtlich schon eingesetzt, bis zum Krankenhaus Entebbe war es noch eine halbe Stunde. Die Frau hatte auch keine Begleitung, das Kinderkriegen wird hier wohl den Frauen alleine ueberlassen. Nach fuenf Minuten und dem naechsten Stopp konnte das Taxi nicht mehr anfahren, kein Sprit. Diesmal ging die knappe Kalkulation beim Tanken daneben. Also stiegen wir alle aus, zum Glueck stand schon das naechste Taxi bereit zur Uebernahme der Fahrgaeste. Wir waehlten aber ein drittes Taxi, eine Geburt im Auto wollten wir nicht erleben. In Entebbe angekommen sahen wir das andere Taxi wieder, die Schwangere stieg gerade aus und machte sich auf den Weg ins Krankenhaus...

An einem anderen Tag sah ich morgens aus dem Taxi am Viktoriasee einen grossen Menschenauflauf. Ein weisser Toyota stand ca. 5 Meter vom Ufer entfernt im Wasser, und es sah nicht nach einem Schwimmauto aus. Die Menschen muessen mit vereinten Kraeften eine Loesung gefunden haben, das Auto wieder an Land zu schaffen, am naechsten Tag war es jedenfalls nicht mehr da.

Liebe Gruesse vom Aequator nach Deutschland, in noch nicht einmal vier Wochen bin ich wieder in Berlin!

PS: Dieses Bild und den dazugehoerigen Zeitungsartikel habe ich zu dem Auto im See gefunden:

Mittwoch, 23. Mai 2007

Variable Konstanten

Regenzeit in Uganda

Mit Enrico und Annika sind uns schon in Ecuador ein paar Sachen aufgefallen, die wir in Deutschland als selbstverstaendlich annehmen, die in anderen Laendern aber ganz anders sein koennen. Hier die variablen Konstanten fuer Uganda:

Uhrzeiten: In Europa fangen wir den Tag (komischerweise) mitten in der Nacht an, ab Mitternacht zaehlen wir die Stunden von 0 Uhr bis mittags um zwoelf. Man denkt nie darueber nach, ausser vielleicht Silvester und zur Zeitumstellung. Auf luganda faengt die erste Stunde um 6 Uhr morgens mit dem Sonnenaufgang an: 7 Uhr wird als 1 Uhr bezeichnet, 12 Uhr mittags als 6 usw. Auf englisch wird meist die europaeische Zeitrechnung benutzt, aber nicht immer: als wir einmal mittags auf eine katholische Nonne gewartet haben, hiess es, sie sei gegen 8 Uhr wieder zurueck. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass 2 Uhr mittags gemeint war... Hier am Aequator macht die ugandische Zaehlweise Sinn, das ganze Jahr ueber geht die Sonne zur gleichen Zeit auf.

Fleisch: In Europa machen wir uns die Muehe, das Fleisch vor dem Braten von Haut und Knochen zu trennen und in Form von Schnitzeln oder Steaks zu braten. Wenn es in Uganda Rind (Standard-Fleisch) oder Schwein (kostbare Ausnahme, und viele Ugander essen kein Schwein aus religioesen oder Ekelgruenden) gibt, wird einfach alles in 3 cm breite Wuerfel geschnitten, egal, ob Haut, Knochen, Sehnen, Fett oder Fleisch darunter ist. Fische werden im Ganzen serviert, oder der Laenge nach in zwei bis drei Teile geschnitten, von denen man eines bekommt. Fischfilet gibt es nicht.

Duschen: Ugander sind es gewoehnt, sich aus einer grossen Plastikschuessel heraus zu waschen. Meist kommt das Wasser aus einem gelben Plastikkanister aus dem naechsten Fluss oder Brunnen. Aber selbst wenn fliessend Wasser und eine Dusche vorhanden ist, wird die Dusche nur genutzt, um die Plastikschuessel vollzufuellen und sich dann aus dieser zu waschen. Mit der Wassertoilette ist es dasselbe: Meist gibt es zusaetzlich eine Aussentoilette mit Fallgrube, die beliebter ist als das Wasserklo.

Freundschaften: Ich habe noch nie ein Land erlebt, in dem Freundschaften selten der Sympathie wegen, sondern hauptsaechlich nach deren Nutzen geschlossen werden. Networking heisst das Zauberwort, so viele Kontakte wie moeglich sammeln (z.B. bei Konferenzen), man koennte sie zu gegebener Zeit ja mal brauchen. Am AMI wird das richtig in Business Kursen gelehrt: trenne dich von Freunden, die dich nicht weiterbringen oder gar hindern, und schliesse Freundschaften mit Personen, die dir bei deinen Zielen nuetzen. Selbst Liebschaften oder Ehen werden nach diesem Prinzip geschlossen und beendet: Hat der Liebhaber kein Geld mehr, wird er geschasst, ebenso die Ehefrau, die unfruchtbar ist. Schuelerinnen haben einen Mofafahrer als Liebhaber, der sie umsonst transportiert, Studentinnen einen Taxischaffner. Kein Wunder, dass ich so oft nach meiner e-Mail-Adresse oder Telefonnummer gefragt werde...

Unterwegs mit einem Boda-Boda

Feilschen: An das Feilschen habe ich mich inzwischen ja gewoehnt. Interessant ist, dass einem fuer die Boda-Boda (Mofataxen) oder Sammeltaxen immer geraten wird, den Preis vorher zu vereinbaren. Inzwischen habe ich gemerkt, dass meine Macht viel groesser ist, wenn der Preis beim Boda-Boda erst hinterher festgelegt wird. So sehe ich die zurueckgelegte Strecke und kann selber nach meinem Gutduenken den Preis bezahlen. Meist wird der vom Boda-Fahrer dann akzeptiert, selbst wenn er vorher viel mehr verlangt hatte. So habe ich neulich einem Boda-Fahrer gesagt, als er mitten waehrend der Fahrt meinte, er wolle 1.000 Schilling (50 Cent) haben, "abwarten, wie lang die Strecke wirklich ist". Am Ende habe ich ihm 500 Schilling (25 Cent) gegeben, den Standardpreis fuer kurze Strecken, er war zufrieden und hat nicht einmal diskutiert. Dasselbe funktioniert im Sammeltaxi, naemlich dann wenn der Preis fuer den Muzungu mal testweise angehoben wurde.

Wunder: Wer glaubt in Deutschland an Wunder? Ich nicht. Hier in Uganda sind Wunder fast etwas Alltaegliches: die Kirchen der Pfingstgemeinden werden als "Miracle Center" bezeichnet, die Tournee vom Fernsehprediger Benny Hinn hiess "Miracle Crusade". Am naechsten Tag wurde in der Zeitung von seinen Wundern berichtet: Gelaehmte konnten wieder laufen, Blinde sehen, Taubstumme hoeren und sprechen. Zum ersten Mal wurde seine Show aus Kampala weltweit live uebertragen. Und vor ein paar Wochen wurde Jesus in Entebbe gesichtet...

Sonntag, 20. Mai 2007

Noch eine Hochzeit

Inzwischen bin ich in Uganda schon ein professioneller Hochzeitsgast und immer gerne eingeladen. So auch gestern wieder. Waehrend ganz Kampala und Umgebung auf dem Weg ins Nelson Mandela Stadion war, um dem Luxusprediger Benny Hinn zu lauschen, hat mich meine Kollegin Jocelynn mit auf eine Feier in die Christ-the-King-Kirche in der Innenstadt genommen, bei der ihre Freundin Rose die Matron (weibliche Trauzeugin) war.

Gruppenbild Brautpaar mit Best Boy und Matron (weiblicher und maennlicher Trauzeuge), Brautjungfern und Blumenkindern.

Der Gottesdienst wurde in drei Sprachen gehalten, Englisch sowie den Sprachen Nyore und Runyankore von Braut und Braeutigam. Jede Hochzeit ist hier je nach Stammeskultur etwas anders. Diesmal hat z.B. der Bruder der Braut stellvertretend fuer die ganze Familie das Einverstaendnis fuer die Ehe bezeugt, und Braut und Braeutigam haben sich nicht gekuesst, sondern umarmt. In der Kirche hat eine Jugendblaskapelle ganz schoen schraeg aber mit viel Elan den Hochzeitsmarsch geblasen.

Zusammen mit Matron Rose und Jocelynn

Nach der Kirche und vor dem Essen bin ich mit Jocelynn schnell noch in einen Geschenkeladen gegangen fuer das Hochzeitsgeschenk. Es sollte ein Buch sein. Die Verkaeuferin empfiehlt uns etwas ueber eine Anleitung zur Ehe und die sinnliche Liebe. Nein, das sei zu anzueglich, meint Jocelynn, als ich zufaellig das Kapitel ueber den impotenten Mann aufschlage. Das Brautpaar sei katholisch, und zwar von der Charismatischen Bewegung. Die Charismatiker (uebrigens ist Benny Hinn ein Charismatiker, so schliesst sich der Kreis wieder) trinken keinen Alkohol, gehen abends nicht aus, gestalten aber die Gottesdienste modern und jung mit Pop-, Gospel- und Folk-Musik. Sex ist aber eher ein Tabu-Thema. Also einigen wir uns auf ein anderes Buch mit Lebensweisheiten, schreiben als Widmung zwei Bibelverse hinein, lassen es uns huebsch verpacken und nehmen das naechste Taxi Richtung Osten zur Feier.

Unter Konfetti- und Champagnerregen wird die Hochzeitstorte angeschnitten.

Inzwischen knurrt Jocelynns Magen, ich bin dagegen noch ziemlich gesaettigt vom indischen Chicken Tikka Masala, das ich mir mittags gegoennt hatte. Ich ziehe sie auf, dass wir vor 21:00 bestimmt kein Essen kriegen werden (es ist gerade 18:00), denn erst muessen ja die ganzen Reden gehalten werden. Sie wettet dagegen, Einsatz ist unsere spaetere Huehnchenportion am Buffet. Dort angekommen, werden wir schon von Rose empfangen, die mich gleich mit Namen anspricht. Jocelynn hat ihr anscheinend schon vorab von dem Muzungu erzaehlt, den sie zur Hochzeit mitbringen wird. Als Weisser wird man hier immer wie ein Ehrengast behandelt. Die ganzen Reden enden gegen 20:00, Jocelynn hat die Wette gewonnen und freut sich ueber ihre zusaetzliche Huehnchenportion. Ich bekomme dafuer ihre Chapati-Fladen, mein Lieblingsessen hier.

Mit dem katholischen Reverend, der ganz enttaeuscht ist, als ich auf "Praise the Lord" nicht die richtige Antwort gebe.

Nach dem Geschenkeueberreichen und Tanz schaue ich auf die Uhr, kurz vor 11, ich brauche mindestens eine Stunde nach Entebbe und habe keine Hausschluessel, will die Familie nicht zu spaet wecken, um mir aufzuschliessen. Also verabschieden wir uns, nicht ohne dass Jocelynn einen grossen Teil der Blumendekoration mitnimmt, weil sie Blumen so mag. Auf der Strasse dann die Ueberraschung: viele Menschen, keine Taxis, richtig, Benny Hinn ist ja gerade zu Ende und da sind natuerlich alle Sammeltaxen voll besetzt. Steves Mutter war einen Tag vorher mit Favor bei Benny Hinn und kam um 2:30 nachts wieder, im ueberfuellten Taxi zu total ueberhoehtem Preis. Aber ich habe Glueck, werde als Muzungu irgendwie bevorzugt, und gelange in den Old Taxi Park von Kampala. Inzwischen ist es fast Mitternacht, auch hier an der Entebbe-Haltestelle Dutzende von Wartenden und keine Taxen. Ein einzelnes Taxi kommt und die Leute erdruecken sich gegenseitig, um hineinzugelangen. Keine Chance. Auf einmal spricht mich ein superfreundlich-schleimiger Mann an, er kennt mich aus Entebbe, wollte mir auf der Strasse schon mal seine 24-jaehrige Schwester als Frau anbieten und hat mich dort ganz schoen genervt (Woher kommst Du? Wann faehrst Du zurueck? Kannst Du mich nach Deutschland mitnehmen? Hast Du eine Schwester fuer mich? usw.) . Aber irgendwie schafft er es mit Beziehungen zum Schaffner, dass uns im naechsten Taxi die beiden Vorderplaetze reserviert werden. Einerseits erleichtert, andererseits angewidert, dass ich nun 45 Minuten neben ihm sitzen muss, steige ich ein. Er war bei Benny Hinn (natuerlich!), ist ein Pfingstgemeindler (natuerlich!), ich druecke ihm dafuer mein Beileid aus. Warum ich ihn denn nie angerufen oder besucht haette? Ich antworte, ich koenne nicht jeden rueckrufen, der mir seine Telefonnummer in die Hand druecke. Kurz vor eins kommen wir endlich in Entebbe an, ich muss auch keinen ueberhoehten Sonderpreis zahlen, klopfe zu Hause an Lydias Fenster, die mir verschlafen von innen aufschliesst.

Freitag, 18. Mai 2007

Gesammelte Fotos

Anbei ein paar Fotos, die teilweise schon lange zurueckliegen, aber noch keine Gelegenheit zur Veroeffentlichung hatten.

Marabus. Was die Tauben fuer Berlin sind, sind Marabus fuer Kampala.

Grundschule. Hier unterrichtet eine Lehrerin Schuelern der ersten Klasse das Alphabet.

Ziegelherstellung. Man nehme den Schlamm aus der Umgebung, presse ihn in eine Form und lasse ihn trocknen. Fertig sind die Ziegel!

Ssesegateway Beach. Ein Samstagabend mit meinem Kollegen Henry am Strand von Entebbe.

Unfaelle. Ein weiterer Unfall nahe dem Institut, natuerlich zwei Toyotas...

AIDS-Aufklaerung. Es geistert immer die Legende von dem afrikanischen AIDS-Seminar umher, bei dem die Kondombenutzung mit einer Banane gezeigt wurde. Hinterher im Schlafzimmer haben die Teilnehmer dann auch immer eine Banane fuer das Kondom benutzt, was nicht geholfen hat... Bei diesem Seminar hat die Entwicklungshelferin aus dem US-Bundesstaat Washington keine Banane, sondern ein grosses Holzmodell aus ihrer Handtasche benutzt.

Dorf Nakaseeta, Grundschule, Samstag abend. Die finnische Voluntaerin Maria gibt nach 9 Monaten ein Abschlussfest in ihrer Schule. Die Lichtreflexe werden durch den vom Lehmboden aufgewirbelten Staub erzeugt. Die Schulen auf dem Land haben ueblicherweise keine Fenster, keine Tueren und keinen zementierten Fussboden.

Makerere Universitaet Kampala. Die Elite-Universitaet und aelteste Universitaet Ostafrikas.

Hauptgebaeude der Makerere Universitaet.

Kevin. Eine der schoensten Studentinnen des Africa Mentoring Instituts. Moechte Lebensmitteltechnologie studieren, am liebsten in Deutschland :o)

Montag, 14. Mai 2007

Muttertagswochenende

Diesmal folgt ein etwas laengerer Artikel ueber ein ereignisreiches Wochenende.


Donnerstag vormittag, vor dem Institut. Ein Krachen ist zu hoeren. Vor dem Institut ist ein Radfahrer auf der falschen Seite gefahren, wollte die Strasse ueberqueren und hat den entgegenkommenden Toyota nicht gesehen. Dieser weicht aus, faehrt ein Vorfahrtschild um und kommt im Abwassergraben neben der Strasse zum Stillstand. Der Radfahrer fluechtet, schnell finden sich zahlreiche Helfer, die das Auto aus dem Graben heben. Der Toyota ist natuerlich so robust, dass er weiterfahren kann, als Pfand (oder Beweismittel?) wird das zurueckgelassene Fahrrad inklusive aufgeschnalltem 20-l-Wasserkanister gleich hinten eingeladen. Nach einer halben Stunde sieht wieder alles aus wie vorher, nur das Vorfahrtschild ist nicht mehr zu sehen...

Donnerstag abend, zu Hause in Entebbe. Carol, Maria, Paul Mukisa, Tracy und Baby Prince freuen sich ueber gebratene Heuschrecken. Hier wurden sie im Ganzen, also mit Fluegeln und Beinen gebraten. Ich kann nicht hingucken, lasse mir die Koerper von der Familie abpuhlen. Diese schmecken aber wieder sehr lecker.

Freitag 16:00, vor dem New Taxi Park Kampala. Ich bin auf dem Weg nach Masaka, zusammen mit Paul aus dem Institut wollen wir einer Successor Ceremony beiwohnen (s.u.). Paul warnt mich: "Pass auf deine Tasche auf!" Beim Ueberqueren der Strasse rempelt mich jemand an und ich spuere etwas beim Portemonnaie in meiner vorderen rechten Hosentasche. Reflexartig umklammere ich den Dieb, er will fluechten und wir fallen beide zu Boden. Ich begrabe ihn unter mir wie beim American Football den Spieler mit dem Ei. Wir liegen mitten auf der Strasse, an uns rauscht ein Mofataxi vorbei und ich befuerchte schon, dass diesem die Beute weitergegeben wird. Aber so professionell arbeitet dieser Taschendieb nicht. Nachdem ich ueberpruefe, dass ich noch Handy, Geld und einen verschlossenen Rucksack habe, lasse ich ihn laufen. "What is the problem?" fragt er noch frech. Andere Passanten eilen mir zu Hilfe. Ausser ein paar Schrammen ist alles glimpflich verlaufen.

Freitag 18:00, im Sammeltaxi nach Masaka. Wie immer laeuft im Taxi ein Radiosender in lugandischer Sprache. Wir passieren gerade auf beiden Seiten Papyruswiesen, als der Radiosprecher die Woerter Energie Cottbus und Eintracht Frankfurt erwaehnt. Wie klein ist doch die Welt, und irgendwie verrueckt, denke ich. Da interessiert sich ein Bantu-Sender im afrikanischen Busch fuer den Fussballverein einer deutschen Kleinstadt. Als ich das Paul erzaehle, lacht er wie so oft als Antwort. Ja, die Ugander sind fussballverrueckt. Ansonsten interessieren sie sich nicht viel fuer andere Laender...

Freitag 21:00, im Pickup-Truck auf einem Waldweg. In Masaka treffen wir auf Pauls Verwandte, die sich einen Pickup-Truck mit offener Ladeflaeche fuer ca. 15 Personen gemietet haben. Sie nehmen uns die ca. 1,5 Stunden zum Geburtshaus von Pauls Mutter mit, wo die Zeremonie stattfinden wird. Ich darf vorne auf dem Mittelplatz in der Kabine sitzen, zwar werden meine Knie vom Steuerhebel am Lenkrad und der Konsole eingequetscht, dafuer bin ich nicht dem Staub und Wind auf der Ladeflaeche ausgesetzt. Nach einer halben Stunde biegen wir von der nicht asphaltierten, aber breiten Strasse auf einen einspurigen Waldweg ab. Ploetzlich muessen wir im Dunkeln stehen bleiben, vor uns steckt ein Toyota in einer grossen Schlammpfuetze, die Reifen drehen durch und bespritzen das weisse Auto und Helfer mit braunrotem Schlamm. Die Stelle erscheint unpassierbar, die Helfer versuchen notduerftig zwei Holzplanken in den Schlamm zu legen, aber der Toyota kommt nicht voran. Es werden verschiedene Wege, mal rechts, mal links, ausprobiert, er kommt nicht durch. Nach einer Stunde gelingt es dann doch endlich mit einem hohen Aufwand an (bezahlten) menschlichen Helfern, den Wagen durchzuschieben. Nun sind wir dran, unser Gelaende-Pickup hat nicht so grosse Probleme, aber auch er muss teilweise geschoben werden. Danach geht es noch endlos weiter bis zu unserem Ziel.

Freitag nacht, Successor Ceremony. Eine Successor Ceremony findet statt, wenn ein Familienoberhaupt gestorben ist, und ein Nachfolger gewaehlt wird, der seine Aufgaben uebernimmt. Begraben wird man in Uganda in seinem Heimatdorf auf dem Familienanwesen. Jeder Ugander hat sein "Dorf" wo seine Vorfahren begraben sind, selbst wenn er in der Grossstadt Kampala lebt. In diesem Fall sind im letzten Jahr einige Maenner aus der Familie von Pauls Mutter gestorben, fuer die nun ein Nachfolger ernannt wird. Also kommen wir im Heimatdorf von Pauls Mutter an, in der Naehe von Masaka am Viktoriasee. Die Feier ist am Samstag, aber alle reisen schon Freitag abend an. Ueberall auf dem Gelaende sieht man Zelte, teils mit Unicef-Zeltplanen, teils nur mit Bananenblaettern bedeckt. Uns, das sind ca. 6 Maenner, wird eines der besseren Zelte mit Unicef-Plane zugewiesen. Zum Nachtmahl gibt es gekochten Fisch direkt aus dem See, er wird traditionell mit allem ausser den Innereien, also mit Flossen, Kopf und Haut serviert, im Schein einer Parafinlampe versucht man dann, ihn so gut es geht mit den blossen Haenden zu essen. Danach wird traditionell und modern getanzt!


Samstag frueh, 5:30 im Zelt. Nach einer harten und kurzen Nacht auf einer Bastmatte, Schulter an Schulter mit den anderen Gaesten, werden wir zum Tee geweckt. Warum so frueh? Ich weiss es nicht, die meisten Ugander stehen taeglich um 5:00 auf und legen sich dafuer tagsueber irgenwann hin. Wir unternehmen einen Rundgang auf dem Grundstueck, einer Plantage fuer Bananen, Kaffee, Jackfruechte und vieles mehr, gelegen zwischen Wald und Seeufer. Vormittags spazieren wir dann zum See, wo die Menschen Wasser holen, Fische kaufen, ihre Schuhe vom Schlamm abwaschen. In einem Dorf werden Mukene auf dem Boden getrocknet, das sind winzige Silberfische, die kleinsten Fische, die hier gegessen werden. Sie sind sehr nahrhaft, und wie man sieht, schmecken sie auch den Huehnern:

Samstag 11:00, Zeremonie. Wehrend der Zeremonie bin ich etwas ueberrascht, ich hatte erwartet, dass als Nachfolger die Familienaeltesten bestimmt werden. Die drei Nachfolger sind aber sehr jung, einer ist sogar noch ein Kind. Die Eltern sind sehr jung gestorben, mit 35, und als Nachfolger wird jemand aus der direkten Linie gewaehlt, also kein Onkel oder so.


Bei der Zeremonie wird dem Nachfolger feierlich ein Gewand aus Baumrindenstoff (Bark Cloth) umgehaengt, das sich anfuehlt wie duennes Leder. Dann wird ihm eine Kalebasse mit Hirsebier ueberreicht. Da er noch unverheiratet ist, uebernimmt eine Schwester die Rolle seiner Frau. Ihr wird symbolisch ein Schaelmesser fuer Kochbananen ueberreicht, damit sie allen Gaesten jederzeit Essen zubereiten kann. Ansonsten hat die Zeremonie die Form eines katholischen Gottesdienstes, der Pfarrer ist dafuer extra aus Kampala angereist. Danach geht es die 10 Schritte zum Familienfriedhof.

Samstag nachmittag, 14:00. Bevor wir aufbrechen, gibt es natuerlich wieder etwas zu essen, in diesem Fall Flughuehner mit Kochbananen, Erdnusssauce, Yamswurzel, Reis und Kuerbis. Verpackt und gekocht in Bananenblaettern.


Samstag abend 21:00, Entebbe. Ich komme wieder zuhause an, habe Kopfschmerzen, leichtes Fieber, keinen Appetit und lege mich nur noch ins Bett.

Sonntag frueh, 9:30. Steves Mutter erkundigt sich nach meiner Gesundheit und sagt, das sind die typischen Malaria-Symptome, das hatte sie auch vor ein paar Wochen. Ich blaettere in meinem Gesundheitsbuch Afrika und tatsaechlich: Fieber, Magenschmerzen, Kopfschmerzen. Also lasse ich mir einen Arzt empfehlen und denke, je eher den Test, desto besser. Ich hoffe nur, dass mir kein Medizinmann (witch doctor) empfohlen wird und nehme vorsichtshalber zwei sterile Einwegspritzen mit, will ja kein AIDS bekommen. In der Klinik werde ich von Steves Vater vorgestellt, es warten ca. 15 Afrikaner, ich komme aber gleich ran. Manchmal hat man hier halt auch Vorteile als Muzungu... Beim Test selbst wird einem in die Fingerkuppe gepiekt, der Assistent nimmt dazu eine versiegelte Einwegspritze, ok. Nach 10 Minuten das Ergebnis: keine Malaria, also doch nur Magendarm-Grippe, wie ich sie schon zwei Wochen nach meiner Ankunft hatte. Mir werden 2.000 Schilling berechnet, das sind 90 Cent. Ich beschliesse, das nicht ueber meine Auslands-Krankenversicherung abzurechnen...

Sonntag frueh, 10:30, Muttertagsgottesdienst. Muttertag ist hier eine grosse Nummer, viel groesser als in Deutschland. Der Gottesdienst hat an diesem Tag praktisch keine Predigt, sondern nur Gesang, Tanz, Ehrungen an die Muetter von Stellvertretern der Toechter, Soehne und Vaeter. Die Geschenke werden im Gottesdienst ueberreicht. Ein grosser Chor von 66 Muettern, alle in roten traditionellen Kleidern, steht auf der Buehne. Aber die groesste Inszenierung kommt vom Pastor Mutebi. Er ist jedes Jahr Anfang Mai fuer drei Wochen in Kalifornien und hat diesmal seine Reise extra fuer seine Mutter vorzeitig abgebrochen. So erfahren wir, das Pastor Mutebi gerade am nahegelegenen Flughafen eingetroffen ist, also bald erscheinen wird. Spaeter faehrt ein dunkler Van am Eingang vor. Die Menge springt auf und ein Geraune entsteht. Dann steigt zuerst seine Frau, ebenfalls im roten Kleid, aus. Schliesslich der Pastor selbst. Mit spiegelnder Sonnenbrille und weinrotem Anzug wird er empfangen und bejubelt wie ein Rockstar. Alle Muetter laufen zu seiner Begruessung nach vorne. Dann steigt er, weiterhin mit Sonnenbrille, auf die Buehne, ergreift ein Mikrophon, und legt los: "Let's give a handclap to the Lord! God is great! GOD-IS-GREAT!!!" Die Menge ist nicht mehr zu halten, donnernder Applaus, Gejohle, Gehuepfe.


Anschliessend bekommen die Muetter eine grosse Torte geschenkt, die an alle Besucher verteilt wird und der Pastor laedt alle Muetter (und nur diese!) zum Lunch ein.

Donnerstag, 10. Mai 2007

Einmal reich sein!

Wer traeumt nicht davon, einmal Millionaer zu werden und reich zu sein? Hier in Uganda ist man es, und das liegt nicht nur am Wechselkurs. Schon alleine weil man das Geld hat, mit einem Flugzeug aus Europa nach Uganda zu kommen, und dafuer 1.000 Euro oder 2.000.000 Ugandische Shilling (ich bin Millionaer!) bezahlt, hat man mehr, als viele Ugander in ihrem ganzen Leben sehen. Einige Preise hier:
  • Ugandisches Mittagessen inkl. Limonade: 0,50 - 1,00 Euro
  • Grosse Viktoriabarsch-Pizza inkl. Bier und Espresso in einem der vornehmsten Hotels Kampalas (Speke Hotel): 10 Euro
  • Boda-Boda (Mofataxi) in Kampala: 0,25 - 1,00 Euro
  • Busfahrt im Sammeltaxi von Entebbe nach Kampala (40 km): 0,80 Euro
  • 0,5 l Bier im Restaurant oder Nachtclub: 1,25 Euro
  • 0,5 l Mineralwasser im Laden: 0,22 Euro
Viele dieser Preise sind fuer Ugander nicht zu bezahlen, man lebt von Subsistenzwirtschaft (den Dingen, die man auf dem eigenen Land erntet) und verdient (wenn man Glueck hat) zwischen 50 und 100 Euro monatlich. Praktisch niemand hat ein eigenes Auto, nur wenige einen PC.

Nicht verwunderlich, dass man als Muzungu (Weisser) oft angesprochen wird. Neulich habe ich vormittags eine halbe Stunde auf einer Wiese ein Buch gelesen, in dieser Zeit haben mich nacheinander drei Jugendliche angesprochen und nach meiner e-Mail-Adresse oder Handynummer gefragt. Ich weiss nicht, was sie sich davon versprechen, ich gebe meist meine richtigen Kontaktdaten heraus, gemeldet hat sich aber daraufhin noch keiner. Die Fragen nach einem Sponsor oder Brieffreund sind auch sehr haeufig, und manchmal wird man (hauptsaechlich von Damen) gefragt, ob ich sie nicht mit nach Deutschland nehmen koenne. Ist das so einfach? Ich weiss es nicht. Fest steht nur, dass die Visabestimmungen fuer Deutschland fuer die meisten Ugander eine sehr grosse Huerde darstellen. Kinder auf dem Dorf sprechen einen an "Bye, muzungu!" (Bye heisst hier nicht nur tschues, sondern auch hallo) und gleich darauf: "Give me money!" Wenn man fragt wofuer, wissen sie keine Antwort.

Aber nicht alles ist preiswert hier, Touristen muessen fuer Abenteuer tief in die Tasche langen:
  • Begegnung mit den Berggorillas in freier Wildbahn: wird im Juli von 390 $ auf 500 $ erhoeht,
  • Wildwasserfahrt auf dem oberen Nil (vom Lonely Planet als das beste Rafting der Welt bezeichnet): 95 $
  • 3 Tage Nationalpark, all inclusive: 600 $ - 1,200 $
Die Preise fuer Ugander sind etwas niedriger, aber trotzdem fuer sie unbezahlbar. Ich kenne keinen Ugander, der schon einmal einen Nationalpark besucht hat, alleine schon innerhalb von Uganda herumreisen macht keiner, ausser zu Familienfeiern.

Samstag, 5. Mai 2007

Nachtleben in Kampala

DJ im Club ange noir

Das Nachtleben von Kampala wird im Reisefuehrer "Lonely Planet" als einer der Hoehepunkte von Uganda angepriesen. Gestern (Freitag) habe ich die Gelegenheit genutzt, die zwei deutschen Katharinas sind diese Woche in Kampala und haben mich zusammen mit zwei afrikanischen Freunden in den angesagten Club Ange Noir mitgenommen. Eintritt ca. 2,50 Euro, das Bier 1,10 Euro, das sind humane Preise. Wir kamen um 10:00 an, innen dann die Ueberraschung: eigentlich ist gar kein Unterschied zu einer typischen europaeischen Diskothek zu sehen. Spiegelwaende, grosse Flachbildschirme, auf denen amerikanische Spielfilme (spaeter europaeischer Fussball) ohne Ton liefen, mehrere Bars mit verglasten Kuehlschraenken, ein paar Tische und Stuehle, eine grosse (noch gaehnend leere) Tanzflaeche. Nach Mitternacht beginnt der Club sich langsam zu fuellen, zwischen 2 und 4 Uhr nachts ist er proppevoll.

Katha und Kathy am Nabinoonya Beach

Steves Mutter war von der Idee auszugehen gar nicht begeistert. "Meinen Kindern wuerde ich das nie erlauben!" und wir sollten aufpassen, auf die afrikanische Begleitung hoeren, die weiss wenn es brenzlig wird. In Uganda leben viele Familien sehr religioes, trinken keinen Alkohol und verpoenen das Nachtleben. Und natuerlich wird man vor Geschichten gewarnt mit anhaenglichen Damen, KO-Tropfen im Bier und so weiter. Also war ich neugierig, was mich erwartet. Und tatsaechlich, nach einer Weile gesellt sich die erste interessierte Dame, etwas fettleibig, zu unserem Tanzkreis und startet die Konversation. Ich zeige kein sonderbares Interesse, werde sie aber erst los, nachdem ich erzaehle, dass meine Frau zuhause wartet. Gegen Ende der Nacht steht auf einmal eine kurvige Frau vor mir und stellt sich als Chantal vor. Sie hat angeblich einen afrikanischen Mann in Pakistan arbeiten, lebt in Holland ("das ist doch ganz nah zu Deutschland!") und besucht gerade ihre Familie in Uganda. Beim Tanzen drueckt sie sich eng an mich, nach der Ecuador-Kamera-Erfahrung passe ich jetzt besonders auf mein Geld und das Handy auf. An der Bar holt sie einen Flachmann mit Gin aus ihrer Handtasche heraus, aha, die KO-Tropfen denke ich und lehne dankend ab. Sie trinkt aber anschliessend selber daraus, und nicht zu wenig. Schliesslich laedt sie mich fuer die Nacht zu sich nach Hause ein, ich schaue mich um, wo eigentlich Kathy und Katha sind, finde sie und stosse erleichtert wieder zur Gruppe zurueck.

Mit Tina Rose am Strand

Um 5 Uhr wird der Club zunehmend leerer, wir warten draussen aber noch bis kurz vor 6, "ist ansonsten zu gefaehrlich" sagt Toni, der afrikanische Begleiter. Um 7 komme ich wieder in Entebbe an und lege mich hin.

Mittwoch, 2. Mai 2007

Alltag in Uganda IV

Design-Gebaeude der Nkumba-Universitaet nahe Entebbe

Es gibt so viele kleine Unterschiede zwischen dem Leben in Uganda und in Deutschland, und wie in Ecuador ueber die Busse kann man hier am meisten ueber die Sammeltaxen schreiben.

Sammeltaxi

Man glaubt gar nicht, wie lange ein Auto mit Spruengen in der Windschutzscheibe fahren kann. Hat man in Deutschland Angst, dass einem die gesprungene Scheibe irgendwann waehrend der Fahrt um die Ohren fliegt, so wird hier der Gegenbeweis angetreten: Risse werden nicht repariert, praktisch jedes Auto hat welche, und platzen habe ich noch keine Scheibe gesehen. Uebrigens war das in Ecuador genauso.

Tanken mit vollem Mini-Bus, in Ecuador die erwaehnenswerte Ausnahme, ist hier ueblich, bei jeder zweiten Fahrt haelt der Bus an der Tankstelle und tankt dann fuer umgerechnet 3,50 Euro - maximal 10 Euro. Dabei sind die Preise fuer den Liter Diesel nicht viel niedriger als in Deutschland, ca. 1,10 Euro. Was ist der Grund fuer das haeufige Kurztanken? In einem Ostafrikabuch habe ich gelesen, dass man damit den Diebstahl erschweren will: ein Dieb kommt mangels Sprit nicht weit mit dem Auto. Ich glaube eher, dass es eine Mischung aus gesundem Misstrauen und mangelnder Vorratshaltung hier in Uganda ist. Misstrauen, weil der Schaffner und der Fahrer sich die Einnahmen teilen, Tanken geht vom Gewinn ab, darum wird nur so viel wie gerade eben noetig getankt. Und der Schaffner weiss nicht, was der Fahrer nach Feierabend vielleicht noch mit dem Auto unternimmt. Mangelnde Vorratshaltung: Ugander machen keine Grosseinkaeufe, schon alleine, weil keiner ein Auto hat. Alles wird taeglich just in time vom Markt oder vom naechsten Tante-Emma-Laden (die es zu Hauf gibt) gekauft, oft wird abends um 10 noch jemand losgeschickt, um nur ein paar Broetchen an der naechsten Ecke zu kaufen.

Eigentlich ist jetzt Regenzeit, durch den weltweiten Klimawandel regnet es aber sehr unregelmaessig. Aber wenn es regnet, prasselt es so laut auf das Wellblechdach des Instituts, dass man den Unterricht unterbrechen muss, man versteht kein Wort mehr. Neulich sass ich bei solch einem Regen im Sammeltaxi. Zum Glueck in der Mitte der 3er-Sitzreihen (die meist von 4 Personen besetzt sind), denn die Gummidichtungen an den Aussenfenstern waren undicht und trotz geschlossener Scheiben kamen stete Wasserstrahlen von allen Seiten in den Innenraum. Die Strassen von Kampala waren binnen Minuten zu 20 cm ueberflutet, wir fuhren praktisch im Fluss und jedes Fahrzeug produzierte Wellen zur Seite hin. Eigentlich asphaltierte Strassen sind nach so einem Regen rot vom Schlamm.

Die Polizei in Uganda ist sparsam ausgeruestet, nur selten steht ein Dienstwagen zur Verfuegung. Wenn man die Notrufnummer waehlt und ueberhaupt eine Verbindung zustande kommt, kann man schon mal die Auskunft erhalten: "Von hier aus koennen wir nicht helfen, wir haben kein Auto, kommen Sie doch auf der Wache vorbei..." Manchmal sieht man Polizisten auf einem Fahrrad fahren, oder heute stieg einer mit schwerem Karabiner-Gewehr ins Taxi und setzte sich neben mich.

Nkumba-Universitaet: Schild nahe der Bibliothek

Kulinarische Spezialitaeten

Vorgestern kam ich mir vor wie im Monty-Python-Film "Das Leben des Brian". Mit zwei Katharinas aus Deutschland sowie Tina und Toni aus Uganda war ich auf einem Open-Air-Konzert im National Theater von Kampala, als der Heuschreckenverkaeufer herum kam. Heuschrecken werden hier waehrend der Saison im November gefangen, danach getrocknet und irgendwann in Pflanzenoel frittiert. Die Katharinas schreckten vor nichts zurueck, kauften eine Tuete voll, und dann haben wir probiert: schmecken sehr knusprig und ein bisschen nach Chips, das liegt bestimmt am Frittieroel. Zum Glueck war Schummerlicht, so dass man die Tiere nicht zu sehr angucken brauchte, bevor man sie in den Mund steckte.

Star Pulver-Kaffee (Uganda) und Blue Band Margarine (Kenia)

Schmiedereien

In einem ugandischen Haus gibt es oft nicht viele Gegenstaende, trotzdem ist die Furcht vor Dieben und Einbrechern gross. Deshalb gibt es viele Schmiedereien an der Strasse, die nichts anderes als schmiedeeiserne Tueren und Pforten anbieten. Eine Tuerklinke gibt es nicht, dafuer einen oder mehrere grosse Schieberiegel an der Innenseite, den man von aussen durch eine kreisrunde Luke erreichen kann. Die Luke wird dann zugeklappt von einem Vorhaengeschloss gesichert. Manchmal ist in einer Torpforte eine kleine vielleicht 1 m hohe Hundetuer eingelassen, durch die man gebueckt das Gelaende betritt. Das ist z.B. beim Buero meiner Voluntaersorganisation UVP hier der Fall.

Sitzbaenke (Parlament) auf dem Nkumba-Campus