Translate

Mittwoch, 23. Mai 2007

Variable Konstanten

Regenzeit in Uganda

Mit Enrico und Annika sind uns schon in Ecuador ein paar Sachen aufgefallen, die wir in Deutschland als selbstverstaendlich annehmen, die in anderen Laendern aber ganz anders sein koennen. Hier die variablen Konstanten fuer Uganda:

Uhrzeiten: In Europa fangen wir den Tag (komischerweise) mitten in der Nacht an, ab Mitternacht zaehlen wir die Stunden von 0 Uhr bis mittags um zwoelf. Man denkt nie darueber nach, ausser vielleicht Silvester und zur Zeitumstellung. Auf luganda faengt die erste Stunde um 6 Uhr morgens mit dem Sonnenaufgang an: 7 Uhr wird als 1 Uhr bezeichnet, 12 Uhr mittags als 6 usw. Auf englisch wird meist die europaeische Zeitrechnung benutzt, aber nicht immer: als wir einmal mittags auf eine katholische Nonne gewartet haben, hiess es, sie sei gegen 8 Uhr wieder zurueck. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass 2 Uhr mittags gemeint war... Hier am Aequator macht die ugandische Zaehlweise Sinn, das ganze Jahr ueber geht die Sonne zur gleichen Zeit auf.

Fleisch: In Europa machen wir uns die Muehe, das Fleisch vor dem Braten von Haut und Knochen zu trennen und in Form von Schnitzeln oder Steaks zu braten. Wenn es in Uganda Rind (Standard-Fleisch) oder Schwein (kostbare Ausnahme, und viele Ugander essen kein Schwein aus religioesen oder Ekelgruenden) gibt, wird einfach alles in 3 cm breite Wuerfel geschnitten, egal, ob Haut, Knochen, Sehnen, Fett oder Fleisch darunter ist. Fische werden im Ganzen serviert, oder der Laenge nach in zwei bis drei Teile geschnitten, von denen man eines bekommt. Fischfilet gibt es nicht.

Duschen: Ugander sind es gewoehnt, sich aus einer grossen Plastikschuessel heraus zu waschen. Meist kommt das Wasser aus einem gelben Plastikkanister aus dem naechsten Fluss oder Brunnen. Aber selbst wenn fliessend Wasser und eine Dusche vorhanden ist, wird die Dusche nur genutzt, um die Plastikschuessel vollzufuellen und sich dann aus dieser zu waschen. Mit der Wassertoilette ist es dasselbe: Meist gibt es zusaetzlich eine Aussentoilette mit Fallgrube, die beliebter ist als das Wasserklo.

Freundschaften: Ich habe noch nie ein Land erlebt, in dem Freundschaften selten der Sympathie wegen, sondern hauptsaechlich nach deren Nutzen geschlossen werden. Networking heisst das Zauberwort, so viele Kontakte wie moeglich sammeln (z.B. bei Konferenzen), man koennte sie zu gegebener Zeit ja mal brauchen. Am AMI wird das richtig in Business Kursen gelehrt: trenne dich von Freunden, die dich nicht weiterbringen oder gar hindern, und schliesse Freundschaften mit Personen, die dir bei deinen Zielen nuetzen. Selbst Liebschaften oder Ehen werden nach diesem Prinzip geschlossen und beendet: Hat der Liebhaber kein Geld mehr, wird er geschasst, ebenso die Ehefrau, die unfruchtbar ist. Schuelerinnen haben einen Mofafahrer als Liebhaber, der sie umsonst transportiert, Studentinnen einen Taxischaffner. Kein Wunder, dass ich so oft nach meiner e-Mail-Adresse oder Telefonnummer gefragt werde...

Unterwegs mit einem Boda-Boda

Feilschen: An das Feilschen habe ich mich inzwischen ja gewoehnt. Interessant ist, dass einem fuer die Boda-Boda (Mofataxen) oder Sammeltaxen immer geraten wird, den Preis vorher zu vereinbaren. Inzwischen habe ich gemerkt, dass meine Macht viel groesser ist, wenn der Preis beim Boda-Boda erst hinterher festgelegt wird. So sehe ich die zurueckgelegte Strecke und kann selber nach meinem Gutduenken den Preis bezahlen. Meist wird der vom Boda-Fahrer dann akzeptiert, selbst wenn er vorher viel mehr verlangt hatte. So habe ich neulich einem Boda-Fahrer gesagt, als er mitten waehrend der Fahrt meinte, er wolle 1.000 Schilling (50 Cent) haben, "abwarten, wie lang die Strecke wirklich ist". Am Ende habe ich ihm 500 Schilling (25 Cent) gegeben, den Standardpreis fuer kurze Strecken, er war zufrieden und hat nicht einmal diskutiert. Dasselbe funktioniert im Sammeltaxi, naemlich dann wenn der Preis fuer den Muzungu mal testweise angehoben wurde.

Wunder: Wer glaubt in Deutschland an Wunder? Ich nicht. Hier in Uganda sind Wunder fast etwas Alltaegliches: die Kirchen der Pfingstgemeinden werden als "Miracle Center" bezeichnet, die Tournee vom Fernsehprediger Benny Hinn hiess "Miracle Crusade". Am naechsten Tag wurde in der Zeitung von seinen Wundern berichtet: Gelaehmte konnten wieder laufen, Blinde sehen, Taubstumme hoeren und sprechen. Zum ersten Mal wurde seine Show aus Kampala weltweit live uebertragen. Und vor ein paar Wochen wurde Jesus in Entebbe gesichtet...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen