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Samstag, 31. März 2007

Alltag in Uganda III

Heute will ich mal auf den letzten Druecker meinen Monatsrekord von 11 Artikeln aus dem letzten Juli toppen mit diesem 12. Artikel im Maerz. Gleichzeitig ist dies schon wieder mein Halbzeitsdatum fuer den Aufenthalt hier in Uganda, wie schnell doch die Zeit vergeht!

Fotoapparate

Die Ugander sind ganz verrueckt nach Fotos. Praktisch keiner hat eine Kamera, und so wurden die beiden Digitalkameras von mir und der anderen Voluntaerin Iðunn Ása (die inzwischen nach Island zurueckgekehrt ist) von Anfang an als Gemeineigentum des Africa Mentoring Institutes betrachtet. Was einerseits ganz praktisch ist, so bin ich wenigstens auf vielen Fotos zu sehen, wenn die anderen fotografieren. Manche Kollegen wollen am liebsten taeglich fotografiert werden und bei Einladungen muss ich die Kamera immer dabei haben, sonst gibt es lange Gesichter. Oft wird die Kamera in Selbstbedienung von jemandem benutzt, inzwischen habe ich auch allen beigebracht, dass man nicht mit den Fingern auf das Objektiv fasst. Als ich die Kamera meinen Informatik-Schuelern im Unterricht beim Thema "Eingabegeraete des Computers" gezeigt hatte, hat das ein kleines Erdbeben ausgeloest. Ich habe die Klasse mehrfach fotografiert und alle wollten natuerlich das Ergebnis gleich auf dem LCD-Display begutachten.

Muellentsorgung


Wilde Muellkippe und ein Termitenhuegel zwischen zwei Doerfern

Die Muellentsorgung in Ecuador war schon anders als in Europa, ich glaube, ich habe nie darueber berichtet. Es gab dort keine Muelltonnen, man hat seinen Muell in Supermarkt-Plastiktueten verknotet, die man an bestimmten Tagen an den Strassenrand gelegt hat (manchmal auch in 1 Meter ueber dem Bordstein angebrachte Drahtkoerbe, wohl um die Ratten fernzuhalten), und ein Muelllaster hat die Tueten dann eingesammelt. Manchmal mitten in der Nacht, wenn der Laster durch unsere kleine Strasse gepoltert kam, wackelten die Waende und die Alarmanlagen einiger Autos sprangen an.

In Entebbe habe ich im ganzen Haus bisher noch keinen Muelleimer oder Papierkorb gesehen. Bananenschalen (es gibt oft abends Bananen zum Tee auf der Veranda) werden z.B. einfach irgendwo neben die Feuerstelle geschmissen, das Hausmaedchen sammelt diese dann irgendwann auf und legt sie auf einen kleinen Abfallberg hinter dem Haus. Der Abfallberg wird dann alle paar Tage angezuendet und verbrannt. Jeder hat also seine eigene Muellkippe am Haus. Meine Mineralwasserplastikflaschen werden von der Familie wiederverwertet (dort wird das abgekochte Wasser eingefuellt, was danach als Trinkwasser in den Kuehlschrank wandert) und dann gibt es noch in jedem Dorf ein, zwei Stellen auf einem zentralen Platz, wo der Muell in groesserem Stil auf und um einen Muellcontainer herum gelagert wird. Dort werden z.B. die grossen Matooke-Staemme entsorgt, die uebrig bleiben, wenn man die Kochbananenstauden verarbeitet hat.

Rauchen und Trinken

Es gibt keine Raucher in Uganda, das ist komisch, weil es einem erst nach einer Weile auffaellt. Es ist aber wirklich so, ich habe in 3 Monaten noch keinen einzigen gesehen (ausser einmal einer weissen Frau aus Daenemark...). Verboten ist es nicht, vielleicht zu teuer? In Ecuador war Rauchen weit verbreitet.

Auch Alkohol wird hier nur in Maszen getrunken, auf einer der beiden Hochzeiten gab es ausser dem selbstgebrauten Hirsebier nur Limonade, auf der anderen Hochzeit gab es einige verschiedene Biersorten. Wein oder Schnaps ist purer Luxus.

Generell gibt es wegen der Trinkwasserproblematik hier Getraenke nur in verkronkorkten Flaschen. So ist die in Deutschland laengst vergessene klassische Coca-Cola-0,3l-Glasflasche hier gang und gaebe, und wird kistenweise gekauft, 24 Stueck fuer 4,50 Euro, oder eine Flasche fuer 22 Eurocent im Laden, 45 Eurocent im Restaurant. Aber auch das ist Luxus und wird nur Gaesten manchmal angeboten, das uebliche Getraenk in der Familie ist Wasser - und Chai (suesser Tee mit Milch). Auch bei den Limonaden hat England hier seine Spuren hinterlassen, ausser Cola, Fanta, Sprite gibt es Krest (Bitter Lemon) und Stoney (ein recht scharfes, aetzendes Ginger Ale), alles in den 0,3l-Flaschen.

Kindergeburtstag (Favours Sohn Sam wird ein Jahr alt) mit Limonadenflaschen, gesponsert von "Uncle Tim"

Das Pfandflaschensystem ist aehnlich undurchsichtig wie in Ecuador. Man kann zwar hier die Flaschen ohne Probleme kaufen und aus dem Geschaeft mitnehmen und bekommt auch ein geregeltes Pfand berechnet (200 USh fuer die kleinen Flaschen, 600 USh fuer die grossen). Bei der Rueckgabe muss man aber jedesmal extra darauf hinweisen, dass man Geld fuer die leeren Flaschen haben moechte. In einem Supermarkt war das angeblich nur in Verrechnung mit neuer Ware moeglich (ich wollte die Flasche einfach nur abgeben, nix neues kaufen), nach langer Diskussion habe ich das Pfand dann ausgezahlt bekommen. In anderen Geschaeften wird das immer einfach nur "vergessen", vielleicht will man pruefen, ob der Muzungu noch weiss, dass er mal Pfand fuer die Flasche bezahlt hat...

Hochzeitstreffen

Ende April heiratet Florence Favour, Steves Schwester. Wie wird eine Hochzeit hier organisiert? Mitte Januar, als Steve noch in Uganda war, begannen die ersten Planungen: das Budget wurde professionell in Excel auf dem PC erstellt, und sogenannte Plegde Cards gedruckt. Damit wird einerseits der Termin bekanntgegeben, andererseits gibt es einen Abschnitt, auf dem man ausfuellen muss, wie viel man zur Hochzeit beitragen/spenden moechte. Ach ja, und dann stehen die Termine fuer die Hochzeitstreffen auf der Karte: jeden Sonntag, 17:00, in Entebbe. Diese Treffen haben anscheinend zwei Gruende:
  1. Man will die Spendenbekundungen einsammeln (Pledge Cards), und spaeter dann natuerlich auch das tatsaechliche Bargeld.

  2. Die Hochzeit soll organisiert werden, und dabei haben alle Gaeste und Anwesenden bei den Hochzeitstreffen Mitspracherecht.
Die Qualitaet und Effektivitaet dieser Treffen haengt stark vom jeweiligen Chairman, dem Vorsitzenden ab. In der Regel ist das ein Junior-Pastor aus der Kirche. Also die erste Stunde vom Meeting erstmal eine Predigt, was fuer eine schoene Sache doch die Ehe ist und dass man dafuer ordentlich spenden soll, Gott wird es einem schon irgendwann danken, er verbucht und vermerkt alles. Die danach eingehenden Spendenbekundungen werden oeffentlich vorgelesen und beklatscht. Dann wird das Budget Punkt fuer Punkt durchgegangen, die Kosten dafuer hinterfragt, ueberlegt, ob es schon einen Spender fuer diesen Punkt gibt, ob man nicht hier oder dort etwas sparen koennte und wie das Ganze wohl am besten organisiert wird. Einige Teilnehmer geben Sachspenden, stellen z.B. die Fahrzeuge fuer den Transport zwischen Kirche und Strand, wo die Party stattfindet, zur Verfuegung. Es wird ein Protokoll gefuehrt, das aber beim naechsten Meeting (und meist einem anderen Chairman) nicht beachtet wird, und alle Punkte werden in jedem Meeting von Neuem besprochen.

Irgendwann ist mal einer sehr guten Chairwoman aufgefallen, dass ja zwei Hochzeitstreffen immer parallel stattfinden, naemlich das von der Familie des Braeutigams und das von der Familie der Braut. Sie meinte, das muesse koordiniert werden, es koenne ja sein, dass unser Treffen zum gleichen Punkt so entscheidet und das andere Treffen eben anders. (Auf meine Frage spaeter an Steves Mutter, warum man nicht ein Treffen macht mit beiden Parteien zusammen, kam nur ein verstaendnisloser Blick, das gehe auf keinen Fall, vor der Hochzeit kann man nicht beide Familien zusammen bringen). Raunen und Zustimmung. Beim naechsten Treffen hat sich aber nicht viel geaendert, das hat wieder der Junior-Pastor geleitet. Steves Mutter beklagt sich, dass bisher nur Spendenbekundungen, aber noch kaum Bargeld eingegangen ist. Wieviel wirklich schon zusammen ist, wieviel noch fehlt, und ueberhaupt die Summe der ganzen Kosten (die Summenzeile wurde im Budget vergessen) hat aber glaube ich noch keiner ausgerechnet, zumindest nicht kommuniziert. Naja, ich habe meine Spende bezahlt und sogar schon mein massgeschneidertes Jacket vom Schneider abgeholt - im zweiten Anlauf, der erste Versuch war zu eng geschnitten...

Gebete

Gebete sind hier gang und gaebe, vor und nach jedem Arbeits- oder Familientreffen wird gebetet, oft auch zu den Mahlzeiten. Die meisten Vortraege werden mit "Praise God!" eroeffnet. Am Sonntag geht jeder zur Kirche, die Moslems (15% der Bevoelkerung) am Freitag.

Sonntag, 25. März 2007

UVP und die anderen Voluntaere

Maria und Veronica aus Helsinki, Finnland

Meine Voluntaers-Organisation in Uganda heisst UVP, Uganda Volunteers for Peace, und ist das nationale Komitee der weltweiten Organsiation ICYE (in Deutschland ICJA Freiwilligenaustausch weltweit). In Ecuador hatten sich einige Voluntaere ueber die mangelnde Betreuung durch AFS geaergert. Ich kann nur sagen, die Betreuung dort war Gold im Vergleich zur Betreuung hier in Uganda! Mein Projekt und meine Gastfamilie wurden mir zwei Tage nach Ankunft in Uganda genannt, das Orientation Camp bei der Ankunft bestand zum groessten Teil aus Warten im UVP-Buero neben der Schnellstrasse, getroffen habe ich dabei nur die anderen 3 Voluntaere Jonas, Lena und Clarrie, die ein paar Tage vor mir angekommen waren, nicht aber die restlichen Voluntaere, die schon seit August 2006 in Uganda sind. Unverstaendlich, zumal bei den anderen Voluntaeren ein grosses Interesse bestand, die "Neuen" kennenzulernen und uns ihre Erfahrungen zu vermitteln, nur wurden sie noch nicht einmal informiert, wann wir ankommen. Es gab bisher kein organisiertes Treffen mit den anderen Voluntaeren, ist auch bis zum Abschlusscamp (bei dem keiner mehr da ist...) nicht von UVP geplant. Die einzige Betreuung bestand in einem Anruf vom UVP-Vorsitzenden Stuart Semakula nach 4 Wochen, ob in meinem Projekt und der Familie alles ok waere. Der einzige Pluspunkt, weshalb mich die mangelnde Betreuung auch nicht gross stoert, ist, dass UVP mein Projekt und meine Familie wirklich super ausgesucht hat, und dabei praktisch auf alle meine Wuensche eingegangen ist.

Jonas und Lena aus Daenemark

Gestern habe ich nun einen Teil der Voluntaere aus Eigeninitiative in Kampala zum Mittagessen getroffen: Jonas und Lena, die mit mir angefangen haben, sowie Maria und Veronica aus Finnland. Lena wohnt und arbeitet zusammen mit Nonnen in einem Krankenhaus, die anderen unterrichten in Grundschulen. Sie sind frustriert wegen der mangelnden Betreuung und fuehlen sich im Projekt als ueberfluessig, es gaebe dort wenig zu tun. Auf der anderen Seite erzaehlen sie, dass in den Grundschulen nur 4 Lehrer fuer 7 Klassen vorhanden sind, es muesste dort also doch jede Menge zu tun geben? Naja, klar koennte man viel tun, von der Koordination des Stundenplans ueber Unterrichten bis hin zu sonstiger Organisation. Aber die meisten Kollegen im Projekt saessen halt den ganzen Tag nur rum. Ok, also ist Eigeninitiative gefragt, und die faellt den meisten jungen Voluntaeren, die gerade ihr Abitur abgeschlossen haben, noch sehr schwer. Auch hier kann ich wie in Ecuador nur sagen, ich habe mal wieder das beste Projekt und eine super Familie bekommen. Im Africa Mentoring Institute habe ich das Gefuehl, dass hier sehr professionell und strukturiert gearbeitet wird und wirklich eine Vision da ist, wie man den Mitmenschen in Uganda nachhaltig helfen moechte. Die zwei Tage pro Woche in der Oberschule sind sicher nicht so professionell, dafuer aber sehr interessant zu beobachten...

Abends war ich dann eingeladen zum Gala-Diner von JCI (Junior Chamber International), mein Kollege Paul ist Vorsitzender von JCI Uganda und es hatte gerade eine Konferenz der ostafrikanischen Landesverbaende stattgefunden, die von JCI Uganda ausgerichtet wurde. Eigentlich wollte ich hier mein neues massgeschneidertes Jacket praesentieren, das aber bei der Anprobe beim Schneider viel zu eng war und nun noch einmal geschneidert wird.

Ich amuesiere mich abends beim Gala-Diner von JCI

Freitag, 23. März 2007

Was ist die gerechte Strafe?

Andere Laender, andere Sitten. Das Verstaendnis fuer gerechte Strafen ist hier in Uganda etwas anders als bei uns, hier zaehlt der Schmerz. Zwei Beispiele aus dieser Woche:
  • Am Dienstag war ein Bild in der Zeitung von einem Taschendieb, der einer Frau die Handtasche geraubt hatte. Der aufgebrachte Mob hat den Dieb gestellt, die Kleidung bis auf die Unterwaesche ausgezogen, und hinterher ins Koma gepruegelt. Die Polizei konnte den Dieb schliesslich vor der Menge retten. Das ist schon wie eine Satire, in Deutschland ist es die Aufgabe der Polizei, einen Verbrecher zu stellen und zu verhaften, hier ist es ihre Aufgabe, sein Leben zu retten.

    Weitere Beispiele aus der Zeitung zeigen, dass dies kein Einzelfall ist:

    8.3.2007: Motorrad-Dieb vor der Steinigung gerettet
    4.3.2007: verdaechtigtes Moerderpaerchen vom Lynchen gerettet
    2.1.2007: mutmasslicher Einbrecher gekoepft
    17.12.2005: Ziegendieb sollte verbrannt werden und ertrinkt auf der Flucht
    7.11.2005: Motorrad-Dieb vom Lynchen gerettet

  • Teil meiner S1 (8. Klasse) Informatik, soll man diese Schueler schlagen?

  • Am Donnerstag sass ich im Lehrerzimmer der Oberschule, als ein Kunstlehrer 6 Jungen hereinfuehrte. Es war mitten in einer Doppelstunde, die Schueler hatten den Mathe-Unterricht geschwaenzt. Sie mussten sich in der Mitte vor der versammelten Lehrerschaft aufstellen, dann begann das Tribunal: Wie koennt ihr mich ueberzeugen, dass ihr wirklich nicht wusstet, dass ihr gerade Mathematik habt? Wenn das wirklich der Fall ist, warum seid ihr dann nur Jungen und kein einziges Maedchen dabei? - Keine Antwort. Der Lehrer holt einen Stock hervor (einen Ast) und gebietet dem ersten Jungen, sich vornueber auf den Lehrertisch zu beugen. Ein anderer Lehrer ruft noch: Gib mir Trevor, den Aeltesten. Den moechte ich gerne bestrafen! Der Junge bekommt mehrere harte Schlaege auf seinen Hintern, dabei bricht jedes Mal ein bisschen mehr vom Stock ab, er verzieht aber keine Miene, bleibt cool. Ein Lehrer ruft: Pruefe nach, ob er nicht etwas Hartes hinten in der Hosentasche hat! Hat er aber nicht. Dann kommen die naechsten 4 Jungen dran, Trevor muss sich in der Zeit neben den anderen Lehrer stellen, der anscheinend eine persoenliche Rechnung mit ihm offen hat. Der letzte Junge weigert sich, sich vorn ueberzulehnen, er laesst sich nicht schlagen. Nun komm schon, sei nicht so wehleidig wie ein Maedchen! ruft eine Lehrerin. Der Junge bewegt sich keinen Millimeter. Dieser Junge und Trevor werden nun von den beiden Lehrern in ein anderes Zimmer gebracht, kurz darauf hoert man erst die Schlaege, danach wie ein Echo gedaempftes Stoehnen. Mit einem stolzen Macho-Grinsen schreiten die beiden Lehrer danach wieder ins Lehrerzimmer ein. Ihnen scheint der Lehrerberuf eine echte Erfuellung zu sein.

Donnerstag, 22. März 2007

Afrikanische Nacht

Mein Kollege und temporaerer Mitbewohner Ronnie mit dem ugandischen Nationalgericht Matooke mit G-Nut Sauce (Kochbananen mit Erdnuss-Sosse)

Gestern habe ich gemerkt, dass ich in Entebbe bei Steves Familie in einem Luxushaus wohne, es gibt fliessend Wasser, eine Dusche und ein Wasserklosett. Das Wasser ist zwar nur kalt, d.h. ca. 20 Grad warm, aber daran gewoehnt man sich schnell. Gestern nacht habe ich in dem anderen Haus geschlafen, das mir meine Arbeitsstelle extra angemietet hat, damit ich einen kurzen Arbeitsweg habe, es liegt gegenueber vom Institut direkt an der Schnellstrasse Kampala - Entebbe. Das Badezimmer besteht aus einem leeren Raum mit Zementfussboden und einem kleinen Loch in der Wand nach draussen. Auf der Erde stehen zwei grosse Plastikschuesseln und mehrere Wasserkanister aus Plastik in verschiedenen Groessen. Zum Waschen giesst man sich etwas Wasser in eine der Schuesseln, seift sich ein und schuettet dann die Schuessel ueber seinen Koerper aus. Das Wasser laueft ueber den Boden durch das Loch nach draussen und versickert im Garten oder findet vielleicht den Weg zur offenen Kanalisationsrinne neben der Schnellstrasse. Die Toilette im Hof ist aehnlich spartanisch: eine 1x1m grosse Holzhuette mit Zementboden, in dem sich ein 8x15cm grosses Loch befindet.

Meine beiden Kollegen Ronnie und Moses wohnen derzeit in dem Haus, ich nehme an, dass es den Standard von 80% aller ugandischen Haeuser repraesentiert. Ich werde hier gelegentlich schlafen, wenn ich sehr frueh zur Arbeit muss, oder am Wochenende spaet aus Kampala zurueckkehre (das Haus liegt viel naeher an Kampala als Entebbe).

Dienstag, 20. März 2007

Abschluss der Projektleiter-Schulung

Marabu am Viktoriasee. Diese haesslich-liebenswerten, storchgrossen Voegel gibt es hier ueberall in Massen, selbst in der Grossstadt Kampala

Zuerst einmal muss ich nach dem letzten Artikel wohl eine Entwarnung herausgeben: Ihr muesst Euch keine Sorgen ueber meine Gesundheit machen, aus der Ferne hoert sich das alles viel schlimmer an, als es hier vor Ort wirklich ist! Die Mittelalterseuchen treten alle in Regionen auf, die weit entfernt von Kampala liegen, und ich habe alle erdenklichen Impfungen, selbst die knapp werdende gegen Meningokokken-Meningitis. Bilharziose tritt hauptsaechlich im Albertsee (nicht Virktoriasee) auf, wo eine bestimmte Art von Wasserschlangen, die nur in Schilfgewaessern auftritt, die Wuermer uebertraegt. Natuerlich schlafe ich unter einem Moskitonetz und kenne die Uebertragungswege von HIV sowie die Symptome der restlichen Krankheiten (eigentlich immer Fieber), gegen die man sich nicht impfen lassen kann. Ausser von AIDS und Malaria habe ich noch von keinen anderen Krankheiten in der Familie oder bei der Arbeit gehoert. Und Getraenke trinke ich nur aus versiegelten Flaschen und von vertrauenswuerdigen Grosssupermaerkten.

Uebergabe der Zertifikate nach dem Projektmanagement-Kurs

Gestern abend haben wir nach den zwei Wochen Projektleiter-Kurs feierlich die Zertifikate an die Teilnehmer ueberreicht. Danach gab es Tee und Sandwiche, die vorher wie hier oft ueblich, gesegnet wurden. Richtig ans Herz gingen mir die vielen Dankesreden, trotz anfaenglicher Sprachprobleme (die Ugander hatten Schwierigkeiten mit meinem Englisch-Akzent, ich auch mit ihrem) und ganz unterschiedlichen Teilnehmerniveaus (von der Hausfrau bis zum erfahrenen Projektleiter) haben fast alle den Kurs ueberaus positiv bewertet. Ich weiss nicht, wie oft ich gesegnet wurde und mir fuer mein Voluntaersdasein gedankt wurde, schoen! Der Kurs hat zwar die Teilnehmer was gekostet (ca. 70 Euro, viele haben noch Ermaessigung bekommen), was aber weit unter den sonst ueblichen Preisen von 200-400 Euro lag. Der naechste Kurs geht gerade in die Werbung und findet nach Ostern statt.

Fischerboote am Viktoriasee

Sonntag, 18. März 2007

Gesundheit

Mein Kollege Henry badet im Viktoriasee

Ich werde manchmal gefragt, wie es mit der Gesundheit in Uganda aussieht. Nun, am besten man denkt darueber gar nicht nach, wenn man hier ist. Schaut man mal auf die Seiten vom Auswaertigen Amt, oder besser noch Fit for Travel, dann wird einem ganz mulmig. Krankheiten, die man eher mit dem Mittelalter als der Neuzeit verbindet, wie Pest, Cholera und Typhus, treten hier auf. Andere Krankheiten wie die Meningokokken-Meningitis sind eher Insidern und Medizinern bekannt, oder ugandischen Zeitungslesern, seit dem Ausbruch im Dezember gab es 110 Tote bei dieser Krankheit. Weltweit wird der Impfstoff knapp, da der einzige Hersteller Sanofi gerade seine Produktion verlagert. Vom Schwimmen in Fluessen und Seen (z.B. dem Viktoriasee) wird in Resisefuehrern abgeraten wegen Bilharziose, das sind Wuermer, die sich durch die Haut bohren und in Leber, Harnblase und andere Innereien vordringen. Was die Einheimischen aber nicht im geringsten davon abhaelt, trotzdem zu schwimmen. HIV/AIDS ist hier natuerlich ein Thema, auch wenn Uganda eins der vorbildlichsten Laender Afrikas bei dieser Krankheit ist. Der aktuelle und seit 20 Jahren amtierende Praesident Museveni hat frueh auf Aufklaerung und internationale Hilfe gesetzt und Uganda hat als eines von wenigen Laendern Afrikas eine ruecklaeufige Infektionsrate. Und dann gibt es natuerlich noch Malaria, Schlafkrankheit (die beruehmte Tsetse-Fliege...), Hepatitis, Gelbfieber usw. Es gibt vermutlich nichts, was man hier nicht kriegen koennte. Bisher fuehle ich mich aber ganz wohl, und auch die Bevoelkerung macht keinen ueberaus besorgten Eindruck. Malaria hatte hier schon jeder mindestens einmal, und Moskitonetze werden von den meisten nicht gebraucht.

Viele Krankheiten werden ueber unsauberes Wasser verbreitet, das Leitungswasser in Uganda (soweit vorhanden) muss vor dem Trinken abgekocht werden. Wer denkt, Mineralwasser aus Plastikflaschen ist die Loesung, sollte vorsichtig sein. Vor kurzem wurden drei Maenner verhaftet, die gefaelschte Mineralwasserflaschen in einer schmierigen Toilette aufgefuellt hatten. Die Versiegelungen fuer die Flaschen haben sie von Mitarbeitern einer Mineralwasserfabrik erhalten. Also Schnaps trinken, der toetet alles ab. Hier starben neulich 40 Menschen durch Waragi, einen lokalen Gin, der zu viel Methanol enthielt. Cartoon aus der Zeitung dazu:

Samstag, 17. März 2007

Arbeiten in Uganda

Diese Woche hatte ich interessante Gespraeche mit zwei Kollegen ueber den Arbeitsalltag in Uganda. Fangen wir an mit

Immaculate, um die 30, Lehrerin fuer Informatik und Wirtschaftskunde: Ein Lehrergehalt betraegt hier um die 170.000 USh, das sind 75 Euro. Fruehstueckstee und Mittagessen wird in der Schule gestellt, aber zieht man ihre Miete (60.000 USh) und das taegliche Fahrgeld (40.000 USh) ab, bleibt schon nur noch weniger als die Haelfte uebrig. Das Gehalt in dieser privaten Schule (Bishop Sisto Mazzoldi) wird nur unregelmaessig gezahlt, in den Ferien zwischen Anfang Dezember und Anfang Februar gab es z.B. keine Zahlung. Unter den Kollegen werden die Zahlungen in Wassermengen ausgedrueckt: Nieselregen fuer eine kleine Zahlung, Regen fuer eine normale Zahlung und Tsunami, falls die Zahlung sehr hoch ist (um die mageren Vormonate auszugleichen). Am Anfang war ich irritiert, als dauernd ueber die naechsten Regenfaelle gesprochen wurde, dann wurde ich eingeweiht. Der letzte Tsunami war im November. Nur die Lehrer an staatlichen Schulen sollen ihr Gehalt (350,000 USh) regelmaessig bekommen, manchmal sogar Sonderzahlungen in Naturalien (Zucker, Weizenmehl usw.). Eine staatliche Kranken- oder Rentenversicherung gibt es nicht, zum Arzt geht man halt nur selten, und die Alten sind auf die Gnade ihrer Familie angewiesen und wohnen bei ihren Kindern. Die gerade eingefuehrte freie Schulbildung auch fuer Oberschulen existiert nur in der Theorie: Grund- und Oberschulen, zu denen man seine Kinder umsonst schicken kann, sind duenn gestreut, in der Regel muss man also auch noch Schulgeld fuer die Kinder zahlen. Klar, dass bei diesen Ausgaben keine Moeglichkeit fuer Sparen bleibt. Die Intelligenz versucht daher ihr Glueck im Ausland, unter anderem in Dschuba im Suedsudan. Trotz Buergerkrieg sollen dort die Loehne und Arbeitsmoeglichkeiten besser sein.

Henry mit seiner Freundin Angella (beide arbeiten im AMI)

Mein Kollege Henry, 20, Cheforganisator und Finanzminister im Africa Mentoring Institute (AMI): Nach Abschluss der Bishop Sisto Mazzoldi Schule vor zwei Jahren hat er in der Tankstelle Fuel-Ex angefangen zu arbeiten. Monatslohn 70,000 USh (32 Euro), minus Abzuege bei Fehlern, die am Anfang haeufig waren. Zusaetzlich hat er taeglich 2,000 USh fuer Mittagessen bekommen. Er wohnt noch zu Hause, wenn ich das richtig verstanden habe in einer 18-koepfigen Familie, der Vater hat vier Frauen. Irgendwann wurde in der Tankstelle das ganze Team verdaechtigt, Diesel aus den Tanks abgepumpt und gestohlen zu haben, um einer Verhaftung zu umgehen, ist Henry dann nicht mehr auf der Arbeit erschienen. Um sich weiterzubilden, hat Henry danach im AMI den Kurs "Job Creation and Business Start-Up" besucht. Er hat dort so ernsthaft mitgearbeitet, dass Paul ihn hinterher gefragt hat, ob er nicht fuer das AMI arbeiten will. Dort ist er nun seit letztem Juli. Die Mentoren (=Teilhaber) im AMI geben sich kein regelmaessiges Gehalt, Henry bezeichnet sich deshalb auch als Voluntaer. Wenn Geld da ist, weil gerade Kurse angeboten werden, wird das aufgeteilt, sonst gibt es eben nichts. Echte Voluntaere sind auch noch Habibah und Flavia, die im Institut kochen und putzen. Sie bekommen nichts dafuer ausser Bildung, sie koennen kostenlos an allen Kursen teilnehmen. Das alleine macht die Arbeit interessant fuer sie, spaeter wollen sie sich selbstaendig machen.
Derweil liest man ueber die Geldgier in der Politik in den Zeitungen:
  • Eine Bedingung vom nun James-Bond-bekannten LRA-Rebellenfuehrer Joseph Kony fuer die Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen im Norden Ugandas war die Erhoehung der Spesen fuer seine Delegationsmitglieder waehrend der Verhandlungen. Seine Leute haben bisher zusammen 70$ taeglich bekommen (ein Lehrermonatslohn, s.o.). Im Dezember war sein Begehren auf Weihnachts(aus)fluege nach London, Stockholm und Koeln abgelehnt worden, im Januar wurden die Verhandlungen abgebrochen...
  • Die ugandischen Parlamentarier haben sich gerade aufgeregt, dass sie jeder nur 35 Mio USh (16.000 Euro) fuer die Anschaffung eines Dienstwagens bekommen, statt 69 Mio USh wie urspruenglich geplant. Die Abgeordneten bekommen das Geld so ausgezahlt, es bleibt ihnen ueberlassen, ob sie sich davon wirklich ein Auto kaufen oder nicht...

Donnerstag, 15. März 2007

Toyota

Toyota Land-Cruiser der UN

Irgendwann fiel mir auf, dass 80% des Autoverkehrs in Uganda von Toyota abgewickelt wird. Da gibt es zuerst einmal die Sammeltaxis, allesamt Minibusse des Typs Toyota Hiace. Dann die Fahrzeuge der Vereinten Nationen, die man hier oft sieht. Entweder ebenfalls weisse Hiace-Busse oder Toyota Land Cruiser. Die UN hat ihre Uganda-Zentrale in Entebbe, nahe des Flughafens. Und dann gibt es noch die Privatautos auf den Strassen, zum groessten Teil Toyota Corolla. Zum Test habe ich in Kampala mal die naechsten 10 Autos am Strassenrand gezaehlt: 8 Toyotas und zwei andere Japaner...

Ich habe meine Kollegen gefragt, warum hier so viel Toyota gekauft wird. Es konnte keiner so richtig sagen, vielleicht weil der Unterhalt und die Wartung so einfach ist. Die meisen Reparaturen kann man selbst durchfuehren ohne Computerdiagnose oder so. So sieht man hier viele Minibusfahrer, die auf der Strasse unter ihrem Taxi liegen und herumwerkeln. Toyota produziert im Nachbarland Kenia und in Suedafrika innerhalb Afrikas.

Samstag, 10. März 2007

Projektmanagement in Uganda

Computer-Grundkurs im Africa Mentoring Institute

Vor fuenf Wochen hatte ich mir ueberlegt, dass Projektmanagement-Kurse den Leuten hier helfen wuerden, z.B. bei den Schulbau- und anderen Entwicklungsprojekten. Gesagt, getan, nachdem ich mit Paul, dem Chef des Africa Mentoring Institutes, gesprochen und die Rahmendaten abgesteckt (2 Wochen-Abend-Kurs, 10 Kurseinheiten a 2 Stunden) hatte, wurden bunte Flyer gedruckt und sogar viermal taeglich im Radio Werbung fuer diesen Kurs gemacht. "Tim Mukisa aus dem IBM Konzern Deutschland haelt einen Praktischen Projektmanagement-Kurs". Zwischendurch bekam ich schon Muckensausen, ob ich dem Erwartungsdruck auch gerecht werden kann. Ich sollte auch ein Radiointerview von 15 Minuten geben, das dann allerdings im letzten Moment verschoben wurde.

Projektmanagement-Kurs im Africa Mentoring Institute

Als Vorlage fuer das Kursskript habe ich mir dann ein Projektmanagementbuch aus der Buecherei des British Council in Kampala ausgeliehen. Die Erstellung des Skripts war nicht einfach, da der einzig benutzbare PC im Institut einen Word-Virus hatte, der mir immer mal wieder mein gerade erst eingetipptes Kapitel geloescht hat... Der Kurs laeuft nun seit dieser Woche mit 15 Teilnehmern und wir hatten schon am Anfang lebhafte Diskussionen, was denn ueberhaupt ein Projekt ist. Der Begriff wird hier oft gleichbedeutend mit der Schaffung seiner eigenen Arbeitsstelle verwendet. Aber das ist ja nicht falsch, der Einstieg in die Selbstaendigkeit ist ja auch eine Art Projekt. Beispiel-Projekt im Kurs ist die Errichtung einer Grundschule. Die kann man hier fuer 20 Millionen Uganda Shilling bauen, das sind 9.000 Euro, ist eigentlich nicht viel. Das Africa Mentoring Institute leitet ein solches Projekt hier in der Nachbarschaft und sucht noch Spender fuer weitere Projekte.

Meinen ersten Techniker-Einsatz hatte ich auch schon in einem Internet-Cafe. Die Vertretung wusste nicht, wie man den Linux-Server hochfaehrt und den Monitor umstoepselt. Sie war froh, als ich ihr helfen konnte. Letztendlich hat sie alles richtig gemacht, nur ganz am Schluss die Eingabe mit der Enter-Taste vergessen... Danach hatte das Cafe wieder Internet.

Sport-Tag fuer die Schueler der Hilltop Academy am Internationalen Frauentag
(offizieller Feiertag in Uganda)

Donnerstag, 8. März 2007

Affentheater in Ecuador

Wallaby-Kaenguruh

Kaenguru-Gehege

Makaken-Weibchen

Japanmakaken

Meine Arbeit im Zoo von Guayaquil hat die ersten Fruechte getragen, die gespendeten Japanmakaken (Affen) und Wallabys (Kaenguruhs) vom Tiergarten Schoenbrunn aus Wien sind wohlbehalten in Ecuador eingetroffen. Hier die ersten Fotos aus den neuen Gehegen in El Pantanal, die mir geschickt wurden. Ich wuensche den Tieren alles Gute bei der Klimaumstellung, einen gesunden Hunger scheinen sie ja nach der langen Reise schon zu haben! Vielen Dank an den Zoo aus Wien fuer die Spende und die unkomplizierte Zusammenarbeit!

Sonntag, 4. März 2007

Der letzte Koenig von Schottland

Das ugandische Parlament, von Amins Vorgaenger Milton Obote 1966 de facto, von Idi Amin 1971 offiziell abgeschafft, dient im Film als Veranstaltungsort fuer einen Empfang.

Gestern habe ich ihn nun im Kino gesehen, den Oscar-gekroenten Film ueber den schottischen Leibarzt von Idi Amin. Und fand ihn ganz spannend, da er in Kampala und Entebbe gedreht wurde, den beiden Staedten, die ich am besten kenne von Uganda. Obwohl die Story fiktiv ist (Amin hatte meines Wissens nach keinen schottischen Leibarzt), sind die historischen Rahmendaten alle authentisch:

Machtergreifung Amins 1971: Hier beginnt die Handlung in Uganda, Amin nutzt den Auslandsbesuch von Praesident Obote beim Commonwealth Treffen in Singapur, um sich selbst als Staatsoberhaupt zu deklarieren. Die Bevoelkerung feiert Amin frenetisch, denkt schlimmer als unter Obote kann es nicht werden. Weit gefehlt...

Schneider in Uganda: Als der junge schottische Arzt Garrigan von Amin zum Empfang eingeladen wird und keinen Smoking hat, wird er von Amin zum indischen Schneider geschickt, der ihm den Anzug fuer den Abend massschneidert. Massgeschneiderte Anzuege und Kleider werden auch heute noch von Schneidern hergestellt, zu guenstigeren Preisen als die importierte Stangenware (Beispiel: ein Anzug massgeschneidert kostet hier ca. 100 Euro, von der Stange 150-200 Euro).

Inder in Uganda: Wo kommen die ganzen Inder in Uganda her, die im Film gezeigt werden? Die Antwort ist einfach: Anfang des 20. Jahrhunderts haben die Briten eine Eisenbahn im britischen Ostafrika gebaut, die von der Kueste Kenias bis nach Kampala fuehrte. So wollte man das Inland erschliessen und die fruchtbare Region um den Viktoriasee und die Quelle des Nils in Jinja. Der Bau der Eisenbahn war hart, Briten kamen dafuer nicht in Frage und Afrikaner konnte man nicht als Arbeiter animieren, da sie den Begriff des Geldes nicht kannten. Also hat das Britische Imperium kurzerhand Arbeiter aus Britisch Indien zum Eisenbahnbau nach Ostafrika abkommandiert. Die sind dort geblieben, haben sich als Haendler betaetigt und praktisch die ganze Wirtschaft Ugandas betrieben.

Ausweisung der Inder 1972: Um die Staatskasse zu fuellen wurden alle ca. 70.000 Inder 1972 enteignet und des Landes verwiesen, sie hatten dafuer 90 Tage Zeit. Der ugandischen Wirtschaft hat das eher geschadet als genuetzt. Inzwischen sind viele Inder wieder nach Uganda zurueckgekehrt, ich goenne mir oefters mal ein indisches Essen in Kampala...

Huegellandschaft um Kampala: In der Szene, in der Garrigan mit seiner schwangeren Geliebten (einer Ehefrau Amins) im Auto sitzend die Zukunft beratschlagt, sieht man im Hintergrund saftig gruene Huegel mit Wohnhaeusern. Diese Huegellandschaft ist typisch fuer die Umgebung von Kampala, Kampala selbst ist auf sieben Huegeln errichtet.

Geiselnahme am Flughafen Entebbe 1976: Die PLO hatte ein israelisches Flugzeug entfuehrt, Amin sich als "neutraler" Vermittler angeboten, alle Welt wusste, dass er mit der PLO sympathisiert. In einer Befreiungsaktion wurde das Terminal in Entebbe von israelischen Elitesoldaten gestuermt, drei Geisel, 7 Terroristen und 45 ugandische Soldaten kamen dabei ums Leben. Hier endet der Film.

"Der letzte Koenig von Schottland" laeuft in Deutschland ab dem 15. Maerz im Kino an.

Die Perle Afrikas (Winston Churchill) wurde 1962 von den Briten in die Unabhaengigkeit entlassen.

Samstag, 3. März 2007

Ueber Schuster und Schneider

Paul und ich (mit meinem neuen Hemd) nach der ersten Projekt-Management-Stunde

Dies ist kein Artikel ueber ehemalige und aktuelle deutsche Fussballer, wie der Titel vermuten laesst. Obwohl man darueber auch viel schreiben koennte, die Berichterstattung der ugandischen Zeitungen ueber die britische Premiership, aber auch die deutsche Bundesliga ist ausfuehrlicher, als ueber die ugandische Liga und nimmt jedes Wochenende ein eigenes beiliegendes Journal ein. Weltklasse! Mein Herz schlaegt heute natuerlich fuer Hertha im Spiel gegen Bayern!

Nein, heute moechte ich mal ueber traditionelle ugandische Berufe berichten. Schon in den ersten paar Tagen in Uganda deutete sich bei meinen braunen Ausgehschuhen ein kleines Loch in der Ledersohle an. Nun gut, die sind auch schon bestimmt 2-3 Jahre alt und hatten Ecuador prima ueberstanden. Also habe ich meine Familie nach einem Schuster gefragt, mit der Idee, die Schuhe neu besohlen zu lassen. In Ecuador hatte ich mit dem Festkleben der Sohle bei anderen Schuhen bei einem Schuster gute Erfahrungen gemacht, es hatte dort 2 Dollar gekostet und haelt immer noch. Schuster sitzen in Uganda an fast jeder Strassen- oder Marktecke, im Freien, mit einem Berg zu reparierender Schuhe vor sich, die teilweise in Reisetaschen auf dem Boden verstaut werden. Am naechsten Tag hatte mich Lydia aus der Gastfamilie dann zu einem Schuster gebracht, der schaute die Schuhe an, nickte, sagte, er wuerde aber eine Gummisohle besohlen, ich dachte, umso besser bei den Strassenverhaeltnissen hier, nannte mir den Preis von 10.000 USh (4,50 Euro), ich solle am naechsten Tag wieder kommen. So weit so gut, Ergebnis war, dass Lydia die Schuhe am naechsten Tag abholte, der Schuster angeblich keine Sohle in meiner Groesse (46) gefunden hatte, dafuer aber der eine Oberschuh halb von der Sohle abgetrennt war (was man auf Anhieb nicht gesehen hat). Geld gab es wenigstens zurueck. Mir wurde dann gesagt, die Schuster in Entebbe taugen nichts, ich solle es in Kampala versuchen.

2. Anlauf mit meinem Kollegen Ronnie bei einem Schuster in der Ecke vom Old Taxi Park Kampala: Nur noch 7.000 USh (3,10 Euro), Besohlung, Kleben des Oberschuhs plus neue Absaetze fuer beide Schuhe. Ergebnis: nach dem ersten Tag Laufen loesen sich beide angeklebten neuen Sohlen an den Ecken wieder ab. Reklamation beim gleichen Schuster, er bringe das natuerlich in Ordnung, am Abend sind die Sohlen zusaetzlich zur Verleimung in den Ecken mit Naegeln befestigt. Nach zwei weiteren Tagen faellt der eine Absatz wieder ab. Wieder zurueck, man kennt mich hier inzwischen schon (als Muzungu sowieso), ich brauche gar nichts mehr zu sagen, er bringe das bis zum Abend in Ordnung. Ok, einen Abend spaeter will ich die Schuhe gerade ausziehen, ziehe dabei etwas an der Sohle, woraufhin sich die Verklebung des Oberschuhs wieder von der Sohle abloest. Ich ueberlege frustiert, die Schuhe endlich wegzuschmeissen, inzwischen habe ich mir bei der einzigen Schuhkette Bata hier (die kommen bestimmt aus Suedafrika, wie viele Ketten in Uganda) fuer 70.000 USh (31 Euro) ein Paar schoene schwarze Schuhe gekauft. Die Mutter meiner Gastfamilie macht einen letzten Anlauf: ihr Mann kenne einen guten Schuster, der das richtig verleimen und naehen werde, ob sie ihm die Schuhe mitgeben solle? Na gut.

Am selben Abend stehen die Schuhe frisch poliert und neu verleimt, zusaetzlich sogar vernaeht, vor meinem Zimmer. 2.000 USh (90 Cent), bisher haben die Schuhe immerhin eine Woche ueberlebt...

Hemdenkauf: In den Geschaeften stehen hier ja nie die Preise ausgeschrieben (ausser in wenigen grossen Supermaerkten), also weiss man nie, ob man z.B. beim Hemdenkauf gerade wieder ueber's Ohr gehauen wird, oder nicht. Natuerlich kann man mit den Preisen in Deutschland vergleichen, dagegen ist hier alles ganz billig. Aber wenn man dann die Preise hoert, die Einheimische angeblich zahlen, hat man doch zu viel gezahlt. Mein Kollege Paul sagt, ein Oberhemd kostet zwischen 8.000 und 20.000 USh (3,60 Euro - 9,10 Euro), vielleicht habe ich mich ja verhoert. Jedenfalls wurde ich ganz leise, weil ich fuer mein erstes Oberhemd hier 45.000 USh (20 Euro) bezahlt hatte. Ich hatte es schon geahnt, als die Verkaeuferin sich hinterher so gefreut hatte... Also machte ich das naechste Mal, jetzt mit den Preisen im Kopf, einen neuen Anlauf in einem anderen Geschaeft. Ein Baumwollhemd im Leinen-Look, made in Thailand. Der Kragen war sehr schlicht, kein doppelt gelegter Stoff, also fing ich mit dem Bieten an: 8.000 USh, unterstes Gebot der Hemdenskala. Der Verkaeufer blickt sehr ernst und leidend, nein, das koenne er nicht machen, das Hemd sei zwischen 25.000 und 30.000 USh wert, weil er mich so mag (er hat mich ja gerade erst kennengelernt!), verkaufe er es mir fuer 25.000 USh. Ich gehe bis auf 15.000 hoch, er auf 20.000 runter, aber ehrlich gesagt, finde ich das Hemd gar nicht so toll und verlasse den Laden wieder, inzwischen hatte eine Russin ein Hemd fuer ihren Mann gekauft, fuer 25.000 USh.

Ein anderer Mann hat mich gesehen und fragt mich beim Rausgehen, ob er mir traditionelle Hemden, hergestellt in Uganda, zeigen duerfe. Ich willige ein, Gucken kostet ja nichts. Er fuehrt mich ein paar Strassenecken weiter, durch enge belebte Gassen, ich halte krampfhaft meine Tasche fest, vielleicht will er mich ja entfuehren, fuer einen Weissen bekommt man bestimmt ein gutes Loesegeld... Wir landen in einem typischen Schneidergeschaeft: vor dem Raum auf der Strasse sitzt ein Mann mit Naehmaschine, hinter ihm haengen auf Buegeln afrikanische Hemden mit schoenem Stickmustern. Er zeigt mir ein weisses Hemd, aber ich interessiere mich viel mehr fuer ein dunkelblaues mit braunem Stickmuster. Auch hier fange ich wieder mit 8.000 USh an, er mit 25.000. Ich sage, ich haette im anderen Geschaeft ein Hemd ja schon fuer 20.000 bekommen koennen, er antwortet, das sei aber nicht so ein schoenes afrikanisches Hemd gewesen, selbst geschneidert. Er verhandelt hart, auch immer mit Traenen in den Augen, dass ja kein Gewinn mehr fuer ihn uebrig bleibe, fuer meine Gebote koenne er mir gerne andere, schlichte Hemden verkaufen, aber nicht dieses Schoene. Ich will aber nunmal DAS Hemd haben. Schliesslich bietet er es mir fuer 19.000 an, ich gebe ihm 17.000, und er akzeptiert. Das Ganze hat bestimmt eine halbe Stunde gedauert, aber was ist schon Zeit hier in Afrika?

Als ich das Hemd in den naechsten Tagen trage, hagelt es Komplimente von allen Seiten. Na bitte, hat sich doch gelohnt!

Der aktuelle Kabaka (Koenig) Mutebi II des Koenigreichs Buganda vor seinem Verwaltungstrakt, der an den Flughafen Berlin-Tempelhof in klein erinnert.