Translate

Samstag, 30. Dezember 2006

Urlaub in Berlin

Mit Yuli (und Annika) in Riobamba

Ich bin wieder in Berlin angekommen und fühle mich hier wie im Urlaub, nach 12 Tagen geht es ja schon wieder weiter. Die letzten Tage waren noch einmal chaotisch organisiert von AFS: am Dienstag früh (2. Weihnachtsfeiertag, der in Ecuador normaler Arbeitstag ist), flogen wir von Guayaquil nach Quito, nach tränenreichem Abschied am Flughafen von den Familien. In Quito erfuhren wir dann, dass AFS uns für die letzte Nacht in Ecuador wieder auf dem Campamento Nueva Vida ausserhalb von Quito einquartieren wollte. Das muss man sich mal vorstellen, inzwischen hatten wir natürlich auch in Quito allerlei Bekannte, von denen wir uns verabschieden wollten, der letzte Abend in der Wildwest-Bar in Quito war schon organisiert, und AFS will uns jwd (für die Nicht-Berliner: janz weit draußen) auf einem Campingplatz unterbringen, weil dort die Kosten ein paar Dollar niedriger sind. Enrico, Annika und ich waren uns sofort einig, dass wir notfalls in Quito in ein Hotel gehen (für 7 Dollar), aber Enrico hatte eine noch bessere Idee, nämlich seine Gastmutter vom Kurzaustausch zu fragen, ob wir die eine Nacht in ihrem Haus verbringen können. Das ging dann auch ohne Probleme, und so lernten Annika und ich auch diese sehr nette Familie noch einen Tag lang kennen, und der Abend in Quito mit Ximena (Enricos Spanischlehrerin) in der Wildwest-Bar war auch gerettet. Am nächsten Tag dann der Witz: Unser Flug (übrigens auch der von Tim nach Australien) ging von Quito über Guayaquil und dann weiter nach Madrid. So waren wir also 1,5 Tage später wieder am Flughafen von Guayaquil und haben uns gefragt, wofür uns AFS eigentlich nach Quito geschickt hatte...
In Berlin dann die Eingewöhnung/Umgewöhnung:
  • Es ist so ruhig hier, selbst auf der voll belebten Einkaufsmeile Schlossstrasse schweigen sich die Menschen an, kein Geschrei der fliegenden Händler, es sind keine Autohupen zu hören, die Busse fahren fast lautlos.
  • Ich habe im Moment keinen Festnetzanschluss, brauche also ein Cyber wie in Ecuador, das sind Internet-Cafés, aus denen man auch billig ins Ausland telefonieren kann (in Ecuador kostet das weniger als 10 Centavos die Minute nach Deutschland). Der erste Anlauf bei dunkin donuts/easy internet ist ein Reinfall, die haben nur reine Terminals, von denen man keine Dateien/Bilder ins Internet laden darf. Telefonieren geht dort auch nicht. Vom Handy kostet es über 3 Euro die Minute nach Ecuador. Heute habe ich nun ein Cyber in Berlin-Steglitz in der Albrechtstraße gefunden: mit CD-Laufwerk und 25 Eurocent Tarif nach Ecuador. Geht doch.
  • Der 30°-Temperaturunterschied fällt nicht so schwer aus wie gedacht, ich laufe mit meiner coolen Alpaka-Andenmütze herum (wahrscheinlich bin ich der einzige, der die cool findet...) und schwitze mit Pulli und dicker Jacke.
  • Annikas Mutter hat mir ihre alte Digitalkamera geschickt, klein, kompakt, genau das richtige für Afrika. Vielen Dank!!
  • Zuhause lege ich meinen mp3-Sampler mit Latino-Musik ein (Reggaeton, Salsa, Bachata, Vallenato). Meine Gedanken schweifen zurück in eine andere Welt.

Hier noch ein paar Bilder aus Riobamba und Banos, danke an Annika, die eine Super-CD mit Bildern als Weihnachtsgeschenk verteilt hat!

Unplanmäßiger Halt auf der Zugfahrt zur Teufelsnase, da ein Erdrutsch die Gleise versperrt.

Wir haben gerade die geräumte Strecke passiert.

Die Teufelsnase, der Schienenbus fährt nach rechts, um gleich darauf rückwärts links runter zu fahren.

Melcocha, die Süßigkeiten aus Zuckerrohrsirup in Banos, werden um eine Astgabel geschleudert, um sie zum Aufschäumen mit Luft anzureichern.

Banos liegt spektakulär in den Anden an einem Steilhang zum Fluss.

Sonntag, 24. Dezember 2006

Mit der Bahn zur Teufelsnase

Die letzten 2 Wochen, der Reiseteil, vergingen sehr schnell und wir Voluntäre versuchten noch schnell die Orte und Sehenswürdigkeiten zu erhaschen, die wir in den Monaten zuvor nicht geschafft hatten. Darunter waren Quito und die Galápagos-Inseln, danach blieben noch 5 Tage bis Weihnachten übrig. Während Enrico sich für eine Dschungeltour entschied, war Annika und mir das zu stressig. Wir hätten dann keinen Tag mehr in Guayaquil gehabt zum Verabschieden von Freunden oder Einkaufen von Mitbringseln und Weihnachtsgeschenken. Ausserdem wollte ich die letzten Tage noch mit Yuli verbringen, meiner ecuadorianischen Freundin. So haben wir uns für eine 3-Tagesfahrt nach Riobamba und Baños in die Sierra (Anden) entschieden, mit Yuli und Annika.

Hauptattraktion war dabei die Bahnfahrt um die Teufelsnase von den Anden zur Küste herunter. Die Strecke wird als die schwierigste der Welt bezeichnet und hat ursprünglich Quito in den Anden mit Guayaquil (Duran) an der Küste verbunden. Nach mehreren Unterspülungen ist jetzt allerdings nur noch ein kleines Teilstück zwischen Riobamba und Sibambe befahrbar. Die Teufelsnase selbst ist ein Berg mit 2 Spitzkehren, bei dem der Zug ein Stück rückwärts fährt und dabei in wenigen Minuten 100 Höhenmeter überwindet. Früher ein wichtiges Transportmittel für Ecuadorianer, fährt der Zug heute nur noch mittwochs, freitags und sonntags und wird fast ausschliesslich von Touristen aus Europa und den USA benutzt. Ausser Yuli haben wir an Ecuadorianern nur noch einen kleinen vielleicht 10-jährigen Jungen gesehen, der sich neben uns gesetzt hat und wie ein Wasserfall erzählt hat. In unserem Fall fuhr kein Zug, sondern drei Schienenbusse, und die Mehrzahl der Reisenden hat sich traditionell auf das Dach gesetzt, dort hat man einfach die beste Aussicht auf die herrliche Berglandschaft.

Es geht frühmorgens um 7:00 los, da ist es noch kalt auf dem Dach und die Händler im Bahnhof bieten einem aufdringlich ihre Waren an: Neben Kaffee und Frühstück auch Handschuhe, Mützen und Schals aus Alpaka-Wolle, sowie "Poncho Rain" (sprich: Rein), die englisch-spanische Bezeichnung für einen Regenponcho. Der Zug hält zwischendurch zweimal in Guamote und Alausi, wo man sich bei Kaffee/Tee aufwärmen und die sonstigen Bedürfnisse erledigen kann. Kurz nach Alausi, um 11:00, dann ein unplanmässiger Halt: Die Gleise sind in einer grossen Pfütze nicht mehr zu sehen, und hinter der Pfütze dann ein meterhoher Erdrutsch mit Steinbrocken. Mit Schaufel und Spitzhacke versuchen einige Arbeiter, die Erdmassen wegzuräumen, und wir Schaulustigen auf dem Dach schliessen Wetten ab, ob und in welcher Zeit wohl das Gleis wieder befahrbar gemacht werden kann. In Deutschland wäre ich jetzt wahrscheinlich sehr unruhig, da jede Verzögerung in der Regel alle nachfolgende Pläne durcheinander bringt. Hier dagegen haben wir noch keine nachfolgenden Pläne gemacht und die ecuadorianische Lässigkeit lässt uns einfach nur interessiert zugucken und ruhig abwarten, was jetzt passiert. Einige Touristen verlassen das Zugdach, um selbst mit Hand anzulegen und rollen grössere Steine aus dem Weg. Nach und nach kann die Pfütze abfliessen und wird der Erdhügel immer kleiner. 1 - 1,5 Stunden später sieht man das Gleis wieder und unter dem Beifall der Passagiere für die Arbeiter rollt der Zug wieder an. Dann kommt endlich die Teufelsnase, der Zug fährt vorwärts, rückwärts und wieder vorwärts den Abhang hinunter und auf dem Dach wird einem dabei ganz schwindelig. Unten steht eine Bahnhofsruine ohne Dach, früher war hier der Abzweig nach Cuenca, in einem Dreieck wendet der Zug und wir warten auf die Rückfahrt nach Alausi, von wo aus wir mit dem Bus zurück nach Riobamba fahren. Es soll einen Plan geben, dass die restliche Bahnstrecke ab 2008 wieder instand gesetzt wird, hoffentlich wird das wirklich durchgeführt.

Fotos im Internet von der Strecke, die eigenen Fotos von Annika werden nachgeliefert (im Hotel Tren Dorado haben wir ebenfalls übernachtet, zum Weiterblättern im Link rechts die kleinen Fotos anklicken)!

Am nächsten Tag haben wir noch einen Ausflug nach Baños am Fusse des Vulkans Tungurahua unternommen, der erst am 17.8.2006 und 16.10.2006 das letzte Mal ausgebrochen war. Baños ist das Tor zum Dschungel von Ecuador und von hier aus kann man viele Aktivitäten wie Rafting, Canyoning, Bungee-Jumping, Wandern, Mountain-Biking, Klettern usw. unternehmen. Leider hatten wir nicht viel Zeit, um 1 Uhr mittags traten wir schon die 7,5-stündige Busfahrt nach Guayaquil zurück an.

Alltag in Ecuador VI

Bevor ich meine Koffer packe für den 12-Tage-Ausflug nach Berlin, möchte ich noch ein paar Alltagsgebräuche erwähnen, über die ich bisher noch nichts geschrieben habe.

Kaffee und Schokolade

Ecuador ist der siebtgrösste Kakaoerzeuger der Welt und ein grosser Kaffebohnenproduzent, man sollte also meinen, dass es hier auch eine lange Tradition der Cafés und der Schokoladenzubereitung gibt. Weit gefehlt! Im Supermarkt sucht man fast vergebens nach Schokolade, ausser von dem Hersteller Nestlé findet man nur Importprodukte (u.a. auch Ritter Sport und Kinderschokolade). Es gibt nur weisse Schokolade, weisse Schokolade mit Smarties und Vollmilchschokolade, keine weiteren Varianten wie Traube-Nuss, Joghurt oder gar Knusperkeks. Auch andere Produkte wie Twix, Rocher oder M&Ms gibt es zwar in vielen Märkten, aber ebenfalls importiert und zu Fantasiepreisen ab 4$ aufwärts (oder in Winzpackungen). Der Schokoriegel hier heisst Manicho und wird seit Juli 2006 wieder produziert, offensichtlich stand die Firma La Universal vorher kurz vor dem Konkurs. Manicho ist ein Schokoriegel mit Erdnüssen (auf spanich "mani").

Mit der Kaffeekultur ist es für europäische Verhältnisse hier auch nicht weit hergebracht. Der Standardkaffee ist der café con leche, das ist eine Tasse Milch, in die Nescafé löslicher Kaffee eingerührt wird. Den kann man natürlich auch mit Wasser statt mit Milch bekommen. Eine andere Form ist der café tinto, hier bekommt man zu seiner Tasse heissem Wasser ein Karäffchen mit esencia serviert, das ist ein dickflüssiges Kaffeekonzentrat, von dem man ein bisschen zu seinem heissen Wasser dazugibt. Dann gibt man ganz viel Zucker in den Kaffee (ohne Zucker trinkt den hier keiner), Milch oder Sahne gibt es nicht dazu. Filterkaffee (café americano) wird nur vereinzelt angeboten. In den Malls (Einkaufszentren) hat sich jetzt eine Kette etabliert, die Sweet & Coffee heisst. Hier gibt es leckeren Kuchen (Schoko/Manjar - Manjar oder Dulce de Leche ist ein süsser Milchbrotaufstrich - oder Erdbeer-Käsekuchen) und Kaffee in allen Variationen inkl. Cappuccino, ansonsten gibt es in Guayaquil ein McDonald's McCafé ähnlicher Machart und das war's dann auch schon mit Cafés im nordamerikanischen oder gar europäischen Stil in der Küste. Sieht man einmal von den bemannten (eher befrauten) Nescafé-Automaten in Malls und auf Flughäfen ab. Die Sierra ist viel touristischer, hier findet man in Cuenca z.B. das Café Austria in europäischem Stil.

Hotels, Frühstück und Mittagessen

Die letzten Wochen waren wir ja viel unterwegs und haben in Hotels übernachtet. Die Hotels sind einfach, haben aber meist einen recht ordentlichen Standard, sauber, mit heissem Wasser, Farbfernseher, eigenem Bad und Dusche. Man zahlt dafür zwischen 5$ (Baños) und 10$ (Esmeraldas) pro Person und Nacht, und es werden ohne Probleme auch Triple (Dreibettzimmer) angeboten. Ein Frühstück ist dabei nicht enthalten, kann man aber in der Regel im Hotel oder in einfachen Restaurants einnehmen. Das kostet meist 1,25$ und man bekommt dafür einen Kaffee (die Tasse Milch mit Kaffeepulver...), ein Glas frisch gepressten Saft (meist Brombeere oder Orange, aber auch Papaya oder andere Sorten), ein Rührei und ein Brötchen mit Käse (ohne Butter). Käse ist dabei der weisse, mozzarella-ähnliche Kuhmilchkäse, den es hier praktisch ausschliesslich gibt. Auch zum Mittagessen sucht man einfache Restaurants auf, die ein almuerzo completo, ein Mittagskomplettmenu, zu 1,50$ anbieten. Darin enthalten ist eine Suppe (meist Hühnerbrühe mit Hühnchenfleisch, Kartoffeln oder Yuka, Gemüse, gestern fanden wir aber auch Hühnerfüsse, Hals und Herz in der Suppe...), das Hauptgericht (Reis, Fleisch oder Huhn, Menestre (dickflüssige Linsen- oder Bohnensosse) oder Nudelsalat) und wieder der frisch gepresste Saft, manchmal auch noch ein Nachtisch. Natürlich kann man auch a la carte bestellen, dann zahlt man aber 3-4$ nur für das Hauptgericht. Ausländische Restaurants gibt es hier auch, hauptsächlich Italiener und Chinesen, aber auch Shawarma (das ist arabisch, meist von Libanesen betrieben, und bezeichnet eine mit Grillfleisch und Salat gefüllte Teigtasche) und Mexikaner.

Freundschaftsbänder


Armbänder aus Stoff, Leder oder Tagua sind in Ecuador weit verbreitet und auf allen Märkten zu Preisen zwischen 25 Centavos und 2$ zu erwerben. Im Laufe der Zeit habe ich vier Armbänder (s. Foto) und eine Halskette geschenkt bekommen von Teresa, Narcisa (gleich 2), Priscilla und Yuli. Sie sind eine nette Erinnerung, auch wenn das Auf- und Zuknoten (z.B. vor und nach dem Duschen) immer sehr mühselig ist.

Weihnachten und Silvester

Weihnachten wird in Ecuador ähnlich wie bei uns in der Familie verbracht, zu Essen gibt es Huhn, Truthahn oder Schwein. Die Geschenke werden erst Heiligabend um Mitternacht übergeben, dann wird auch der Braten gegessen. Zum Truthahn gab es bei uns die typische relleno de pavo, einen hellbraunen Brei mit Nüssen, Rosinen und Truthahnstücken. Vor dem Mitternachtsessen werden den ganzen Nachmittag schon bis um 12:00 SMSen mit allen Freunden ausgetauscht, bei denen man sich alles Gute wünscht, teils sehr religiös formuliert. Es gibt Weihnachtsbäume, aber keine echten, da hier keine Tannen wachsen. Die werden dafür meist schon einen Monat vorher aufgestellt, sie nadeln ja nicht... Der Advent mit Adventskranz, 4 Kerzen, Schoko-Adventskalender und Weihnachtsgebäck ist hier nicht bekannt und wird nicht gefeiert, Weihnachtsmärkte und Glühwein gibt es bei 30°C auch nicht, dafür wie in den USA Weihnachtsläden, die das ganze Jahr über geöffnet haben.

Zu Silvester werden Figuren aus Pappmaché gebastelt, die schon 1-2 Wochen vorher aufgestellt werden. Dies sind berühmte Personen (z.B. der noch amtierende Präsident Alfredo Palacio) oder nur lokal bekannte (im Zoo El Pantanal ist es dieses Jahr der Zoo-Biologe Marcos), die im vergangenen Jahr eine mehr oder weniger schlimme Bedeutung hatten. Auf die Figuren werden noch passende Texte geschrieben mit charakteristischen Eigenschaften, und bei der Ausstellung der Figuren wird Geld gesammelt (ich nehme an für die spätere Silvesterfeier). Am Silvestertag kommt es dann um Mitternacht zur Verbrennung der Figur, die Witwe (eine von einem Mann gespielte Frau) hält eine lustige Trauerrede. Schade, dass ich Silvester nicht mehr hier bin, das hätte ich mir gerne angesehen. Auf der anderen Seite soll dann ganz Guayaquil eine einzige Rauchwolke sein, weil alle Figuren gleichzeitig verbrannt werden.

Donnerstag, 21. Dezember 2006

Bilder Quito und Galapagos

Am Äquator (rote Linie), nördlich von Quito

Mit der Seilbahn sind wir auf den Pichincha gefahren, zu unseren Füssen liegt Quito

Zum Grössenvergleich habe ich mich aufs Bild geschummelt. Die Riesenschildkröten sind wirklich riesig und wiegen bis zu 300 kg.

Isla Santa Cruz

Eine Meeresschildkröte, erschöpft vom Eierlegen...

Ich bade vor der Insel Seymour, hinten unser Boot.


Frohe Weihnachten wünscht Kathi aus Österreich!

Dienstag, 19. Dezember 2006

Abschiedsstimmung

Die Galapagos-Inseln, Santa Cruz liegt in der Mitte

Der Galápagos-Urlaub war typisch ecuadorianisch gestaltet: Als Deutscher würde man sich wahrscheinlich einen Reiseführer (Buch) kaufen, Flug und Hotel buchen und dann selber Ausflüge unternehmen, in Restaurants essen, usw. In Ecuador gibt es keine Reiseführer, und wenn, werden sie nicht gekauft. Stattdessen hat man die ganze Zeit einen Guia (Reiseführer in Person) und kauft ein All-Inclusive-Angebot ein (Flug, Hotel, Führer, Mahlzeiten, Ausflüge). Das nimmt einem natürlich jede Menge Arbeit ab. Unser Führer hiess Jacinto, hat uns manchmal etwas rücksichtslos durch Erdtunnel robbend gehetzt oder auf schattenlosen Wegen nicht auf zurückbleibende, ausgetrocknete und entkräftete Teilnehmer geachtet, war aber ansonsten ganz nett. Ich glaube, das ist die typische ecuadorianische fehlende Anteilnahme. Die Inseln sind zum Teil bewohnter als ich dachte, auf Santa Cruz haben wir in einem richtigen kleinen Ferienort mit Geschäften, Internet-Cafés, Bars und Diskotheken gewohnt. Als wir abends von einem Café aus die vorbeifahrenden Autos beobachtet haben, haben wir nur weisse Pickups gesehen. Ich dachte schon, dass andere Autos hier nicht zugelassen sind. Hinterher erzählten uns die Männer aus der "Drogen-Ecke", dass das die Taxis auf Galápagos sind. Die Drogen-Ecke haben wir so getauft, weil dort nachts immer Männer auf der Strasse sassen, von denen man nicht wusste, welchen Geschäften sie gerade nachgehen. Wir haben sie dann danach gefragt und in der Unterhaltung waren sie ganz nett, wie alle Ecuadorianer. Ansonsten ist Galapagos für ecuadorianische Verhältnisse recht teuer (Flasche Wasser: 18-25 Centavos in Guayaquil, 28-50 Centavos auf Galapagos) , für Ausländer aber immer noch preiswert. Die Reisegruppe war übrigens für mich sehr angenehm zusammengestellt, ausser mir nur Frauen: Annika, Camilla (norwegische Voluntärin in Esmeraldas), Kathi (Österreich/Quito), Amitte (Austausch-Schülerin in Guayaquil/USA) und Karina (AFS-Koordinatorin aus Esmeraldas). Auf Galápagos trifft man fast nur auf ausländische Touristen und wenig Einheimische, aber das war mir vorher schon klar.


Die kleine Insel Santa Bartolomé vor San Salvador. Zwei Traumstrände: am linken legen die Meeresschildkröten ihre Eier ab, am rechten liegen die Robben am Felsen, hinter dem Felsen sahen wir Pinguine (ich wusste vorher nicht, dass es Pinguine auch am Äquator gibt...)

Wieder zurück in Guayaquil gab es gestern ein straffes Programm: morgens AFS-Abschlusstreffen der Voluntäre aus Guayaquil, wie schon bei den letzten Meetings waren nur noch Annika und ich anwesend, ich weiss nicht, was sich die anderen Voluntäre dabei denken. Abends bei der Abschlussparty im New York City Rock and Roll Café waren dann aber wieder alle dabei, mit Familien und jeweils einem Vertreter der Arbeitsstellen. Es wurden einige Dankesreden gehalten, als Dinosaurier habe ich mich kurz im Namen der Voluntäre bedankt, und hinterher gab es Essen und Tanz. Tagsüber Treffen mit Yuli (Planung einer gemeinsamen Reise mit Annika von Donnerstag bis Samstag nach Riobamba/Baños) und Verabschiedung von Narcisa und Marcelo in San Marino.

Sonntag, 17. Dezember 2006

Gestohlene Kameras und Galapagos

Also das Diebstahlrisiko in Südamerika ist schon ganz schön gross, ausser meiner Kamera sind auch anderen Voluntären Sachen "abhanden" gekommen, Enrico seine Kamera und sein Handy, und Sybilles Eltern beim Besuch in Esmeraldas die Kamera. Auch im Zoo kenne ich zumindest zwei Mitarbeiterinnen, denen das Handy geklaut wurde. Die Story von Sybilles Eltern ist interessant, sie werden es mir hoffentlich verzeihen, wenn ich hier davon berichte:

Die letzten zwei Wochen waren Sybilles Eltern zu Besuch in Ecuador. Bei einem Bummel in Esmeraldas ist dem Vater auf der Strasse aus der Gürteltasche die Kamera entrissen worden, und zwar nicht so unauffällig wie mir beim Shakira-Konzert, sondern richtig mit Wegreissen, Wegrennen und anschliessender Verfolgung durch den Vater, bis dieser zurückgehalten wurde, weil er bei der Verfolgung einen unsicheren Bezirk erreicht hatte, aus dem man als Gringo normalerweise nicht mehr unbeschadet herauskommt. Der Verlust war umso schmerzlicher, als nicht nur die Kamera, sondern auch alle vorher bei der Rundreise in Ecuador gemachten Fotos auf dem Speicherchip weg waren.

Was tun? In Esmeraldas wird die Sache so gelöst: Irgendjemand (ich glaube aus Sybilles Gastfamilie) bot sich als Mittelsmann zur Esmeralder Szene an, die Stadt ist ja klein und jeder kennt sich, und nahm Kontakt zu den Räubern auf. Der Wunsch war, die Kamera, zumindest aber den Speicherchip mit den Bildern, gegen einen Obulus wieder zu bekommen. Nach einem Tag war der Kontakt hergestellt, ein Angebot lag vor, und für 120$ wurde die Kamera mit Chip zurückgekauft. Sie hat zwar Schrammen und das Gehäuse ist halb aufgebogen, funktioniert aber noch einwandfrei, die Bilder sind auch noch alle drauf und Familie Luhmann hat ein Andenken mehr von Ecuador und eine spannende Geschichte zu erzählen. Mir wurde die Geschichte von den Eltern persönlich am Vorabend zur Galapagosreise in einer mexikanischen Bar in Quito erzählt und die Kamera gezeigt.

Zu Galapagos kann ich gar nicht viel schreiben, man muss dazu einfach die Fotos sehen, die ich nächste Woche sicherlich ergänzen werde (Dank an Annika, die fleissig fotografiert!). Nur so viel, wir haben uns auf der Isla Santa Cruz einquartiert und unternehmen von hier täglich, meist mit dem Schiff, tolle Ausflüge zu Nachbarinseln mit Traumstränden und einmaliger Flora und Fauna. Wir haben gesehen: natürlich die Galapagos-Riesenschildkröten, Wasser- und Land-Leguane, Blaufusstölpel, Flamingos, Fregattvögel mit dem aufgeblasenen roten Brustsack, Robben, Haie, aus dem Wasser springende Manta-Rochen, Delphine, Pelikane, die Darwin-Finken, Opunzien-Kakteen mit Baumstämmen und vieles mehr.

Dies ist mein 50. Blog-Eintrag und ich möchte mich bedanken für die Geduld und Ausdauer meiner fleissigen Leser! Liebe Grüsse nach Deutschland, in zwei Wochen bin ich wieder kurz in Berlin.

Sonntag, 10. Dezember 2006

Letzter Tag im Zoo und Aufbruch nach Quito

Am gestrigen Freitag war mein letzter Arbeitstag im Zoo El Pantanal. Ich habe Cola, Hanutas(*) und andere Kekse eingekauft und von meinem Geburtstagsgruppenfoto 25 Abzüge gemacht und an alle als Erinnerung verteilt. Die Kollegen haben sich darüber sehr gefreut, waren traurig über meinen letzten Tag und haben mir den Abschied nicht leicht gemacht. Nach mehr als vier Monaten hatte ich alle sehr lieb gewonnen und so gab es viele Umarmungen und hinterher im Bus bei mir Tränen. Die Arbeit hat mir sehr viel Spass gemacht, ich habe wohl über 60 Führungen auf spanisch, deutsch und englisch gehalten, immerhin dreimal Trinkgelder (zwischen 2 und 5 Dollar) bekommen (und viele Limonaden) und viel über die Tiere Ecuadors und über ecuadorianische Schulklassen (die Besucher) gelernt. Die Kooperationen mit den Zoos in Erfurt, Wien und Frankfurt wurden aufgebaut und Tierspenden (hauptsächlich Affen und Känguruhs) aus diesen Zoos sind angestossen. Ich habe Mäuse, Ratten und Schnecken gezüchtet und oft mit Huma, einem 4 Monate alten Puma, gespielt. Aber am schönsten waren die vielen Gespräche mit den Kollegen, aus denen sich einige Freundschaften, Liebeleien, Reisen und der Besuch einer Cocktailvorlesung an der Uni ergeben haben.

Am gleichen Abend bin ich im Nachtbus mit Annika nach Quito aufgebrochen, wo wir zusammen mit Enrico, Kathi, und Bekannten von uns die Stadt unsicher machen werden. Am Mittwoch geht es dann von Quito für 5 Tage nach Galapagos. Mein erster Eindruck von Quito: es ist nachts, morgens und abends kühl, mittags holt man sich dagegen leicht einen Sonnenbrand, und das Besteigen eines jeden Hügels ist in den ersten Tagen eine ziemliche Anstrengung in 2.850 m Höhe... Die Altstadt ist sehr schön, ähnlich Cuenca.

(*) Hanuta:
Ich bin erstaunt, wieviele deutsche Produkte man in Ecuador im Supermarkt kaufen kann: Hanuta, Kinderschokolade (1,31$), Kinder-Überraschungseier (heissen hier "Kinder sorpresa"), Rittersport-Schokolade (1,70$), Franziskaner-, Löwenbräu- und Holstenbier (je 2$ die Flasche), Uhu, Hansaplast, Wileda-Schwämme, Faber-Castell und Staedtler-Stifte, Pelikan-Radiergummi, Siemens-Handys, Nutella, Nivea-Creme, Haribo-Gummibärchen und vieles mehr. In Spezialgeschäften gibt es noch mehr, wie z.B. ein Partyfässchen Löwenbräu für stolze 30$ oder ein Franziskaner-Weizenbierglas für 5$. In umgekehrter Richtung ist es schon schwieriger, in deutschen Supermärkten findet man wahrscheinlich nur Bananen, Thunfisch und eventuell Krabben und Schnittblumen aus Ecuador.

Freitag, 8. Dezember 2006

Richards Geburtstag

Gestern hatte Richard, der Vater meiner Gastfamilie, Geburtstag. Ausser der Familie waren die Angestellten der Firma und Freunde der Familie eingeladen, auch Annika, und so kann ich von ihrer Kamera hier einige Fotos zeigen:

Es gab ecuadorianische Tacos (nicht etwa mexikanische, wie ich beim ersten Anblick gesagt hatte), Richard zeigt hier, wie man die so füllt, dass hinterher nichts tropft. Vorne links die Geburtstagsschokotorte.

Gruppenbild der Angestellten und der Familie mit Damen: von links nach rechts, hinten Juan Pablo, Betto, Tomas (alle drei Firma), Camilo (Gastbruder und Firma), ich, Diego (Gastbruder), Meili (Firma), Richard, René (Gastbruder), vorne Gabucho (Firma), Teresa, Leo und Alex (alle 3 Gastfamilie), im Hintergrund steht schon der geschmückte (Kunst-)Weihnachtsbaum. Echte Weihnachtsbäume gibt es hier nur ganz vereinzelt zu kaufen.

Zifu, der Vater der drei Labradoren, wird im Dezember 7 Jahre alt.

Nach dem offiziellen Teil kommt der inoffizielle in Richards Schlafzimmer: es wird rituell die DVD von Leonardo Favio gespielt und laut mitgesungen. Das ist wie eine Haushymne. Die Deutschlandfahne war eines meiner Gastgeschenke...

Auf Richards Bett versammelt sich die Familie.

Dienstag, 5. Dezember 2006

Shakira, Frust und Familienbilder

Das war ein langes Wochenende, am Donnerstag früh kam Enrico aus Esmeraldas zu Besuch, Grund war das Shakira-Konzert am gleichen Abend, und blieb bis zum Sonntag abend. Über die Vorbereitungen zum Konzert wurde in der Presse hier schon Tage vorher berichtet, es gibt solche Grosskonzerte hier nicht oft, und so hat die interessierte Leserschaft erfahren, dass Shakira nur italienisches Mineralwasser trinkt, viel Obst und Gemüse isst, dass ihr Lebensgefährte sie auf der Tournee begleitet, aber in der Suite des Hilton Colon (Kolumbus-Hilton) ein eigenes Schlafzimmer hat. Hm, ist doch mal interessanter als immer die trockenen Politik-Nachrichten in Deutschland... Ausserdem wurde geschrieben, dass man (nicht professionelle) Kameras mitnehmen darf, um das unvergessliche Event zu verewigen.

Um 20:00 ging es los, meine Gastbrüder (die nicht mitkamen, 21$ Eintritt ist hier sehr viel Geld) waren schon ganz nervös, als Enrico und ich um 18:30 immer noch zu Hause waren, das Stadion und der Andrang sei gross und so spät kämen wir nicht mehr herein. Eine Stunde später hatten wir aber rechtzeitig den Innenraum des Stadions erreicht und uns einen guten Platz (für unsere Preisklasse) ausgesucht. Unser Vorteil: Durch die europäische Grösse konnten wir ganz gut über die Menge schauen, während sich andere Zuschauer ärgerten: sie hatten die Plastikferngläser für einen (oder zwei?) Dollar erstanden, die ihnen aber nichts nützten, weil sie damit nur den Hinterkopf des Vordermannes vergrössern konnten, aber keinen Blick auf die Bühne erhaschten.

Mit einer halben Stunde Verspätung (also für hier recht pünktlich) ging es dann los und wir waren fasziniert von Shakiras Bauchnabel, ihren Tänzen und dass die Zuschauer schon gleich beim ersten Lied auswendig mitsangen. Ich habe tolle Fotos und Videos gemacht. Und dann passierte das, was ich in Südamerika eigentlich immer erwartet hatte, aber durch die bisherigen guten Erfahrungen unvorsichtigerweise verdrängt hatte. Als ich wieder ein Bild machen wollte und vorne an meine Fotogürteltasche fasste, war diese leer. Irgendwie ein blödes Gefühl. In Gedanken versuchte ich zu rekonstruieren: normalerweise merkt man, wenn einem jemand vorne an den Gürtel unter das darüberhängende Oberhemd fasst, und ein Gedränge war auch nicht. Naja, bei einem Lied tanzten auf einmal zwei kleine rundliche Frauen vor uns und drängelten ganz schön, ich gab natürlich nicht nach, man muss ja seinen guten Platz verteidigen. Nach einem halben Lied waren sie auch schon wieder weg. Guter Trick, muss man anerkennen, ich habe nichts gemerkt.

Für mich war der Abend dann gelaufen, der Kopf sagt zwar, Ärgern hat keinen Sinn, da man jetzt eh nichts mehr dran ändern kann, und das Frustgefühl wurde hinterher mit zwei Krügen Bier besänftigt, aber das hilft nicht richtig.

Das restliche Wochenende war wieder sehr schön, Annika, Enrico und ich waren praktisch ständig zusammen und haben die Stadt unsicher gemacht. Am Freitag vormittag hat Enrico mich in den Zoo begleitet, wo ihn meine ganzen Kolleginnen erst einmal kennenlernen wollten. Ansonsten haben wir viel philosophiert, z.B. über in Deutschland unumstössliche Grundfeste, die hier ganz anders sind: die Mondsichel, die liegt und nicht aufrecht steht; die zwei Jahreszeiten (Trocken- und Regenzeit statt wie bei uns Frühling, Sommer, Herbst und Winter); der kreisrunde kleine Schatten zur Mittagszeit; die nur halbstündige Dämmerungzeit hier.

Ich hatte bisher nur wenig Bilder meiner Familie gemacht, der nahende Abschied und Annikas Kamera haben das jetzt mal nachgeholt:

Richard, Vater der Gastfamilie

René (Gordo), Meili (gehört nicht zur Familie, sondern zur Firma), Marco (Flaco), Teresa, Jorge (Zuco) und Oscar, in Klammern die hier üblichen Spitznamen (Dicker, Dünner und Blonder)

Jorge, René, Diego, Oscar und Andres

Leo, Alex und Diego

Camilo