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Sonntag, 24. Dezember 2006

Alltag in Ecuador VI

Bevor ich meine Koffer packe für den 12-Tage-Ausflug nach Berlin, möchte ich noch ein paar Alltagsgebräuche erwähnen, über die ich bisher noch nichts geschrieben habe.

Kaffee und Schokolade

Ecuador ist der siebtgrösste Kakaoerzeuger der Welt und ein grosser Kaffebohnenproduzent, man sollte also meinen, dass es hier auch eine lange Tradition der Cafés und der Schokoladenzubereitung gibt. Weit gefehlt! Im Supermarkt sucht man fast vergebens nach Schokolade, ausser von dem Hersteller Nestlé findet man nur Importprodukte (u.a. auch Ritter Sport und Kinderschokolade). Es gibt nur weisse Schokolade, weisse Schokolade mit Smarties und Vollmilchschokolade, keine weiteren Varianten wie Traube-Nuss, Joghurt oder gar Knusperkeks. Auch andere Produkte wie Twix, Rocher oder M&Ms gibt es zwar in vielen Märkten, aber ebenfalls importiert und zu Fantasiepreisen ab 4$ aufwärts (oder in Winzpackungen). Der Schokoriegel hier heisst Manicho und wird seit Juli 2006 wieder produziert, offensichtlich stand die Firma La Universal vorher kurz vor dem Konkurs. Manicho ist ein Schokoriegel mit Erdnüssen (auf spanich "mani").

Mit der Kaffeekultur ist es für europäische Verhältnisse hier auch nicht weit hergebracht. Der Standardkaffee ist der café con leche, das ist eine Tasse Milch, in die Nescafé löslicher Kaffee eingerührt wird. Den kann man natürlich auch mit Wasser statt mit Milch bekommen. Eine andere Form ist der café tinto, hier bekommt man zu seiner Tasse heissem Wasser ein Karäffchen mit esencia serviert, das ist ein dickflüssiges Kaffeekonzentrat, von dem man ein bisschen zu seinem heissen Wasser dazugibt. Dann gibt man ganz viel Zucker in den Kaffee (ohne Zucker trinkt den hier keiner), Milch oder Sahne gibt es nicht dazu. Filterkaffee (café americano) wird nur vereinzelt angeboten. In den Malls (Einkaufszentren) hat sich jetzt eine Kette etabliert, die Sweet & Coffee heisst. Hier gibt es leckeren Kuchen (Schoko/Manjar - Manjar oder Dulce de Leche ist ein süsser Milchbrotaufstrich - oder Erdbeer-Käsekuchen) und Kaffee in allen Variationen inkl. Cappuccino, ansonsten gibt es in Guayaquil ein McDonald's McCafé ähnlicher Machart und das war's dann auch schon mit Cafés im nordamerikanischen oder gar europäischen Stil in der Küste. Sieht man einmal von den bemannten (eher befrauten) Nescafé-Automaten in Malls und auf Flughäfen ab. Die Sierra ist viel touristischer, hier findet man in Cuenca z.B. das Café Austria in europäischem Stil.

Hotels, Frühstück und Mittagessen

Die letzten Wochen waren wir ja viel unterwegs und haben in Hotels übernachtet. Die Hotels sind einfach, haben aber meist einen recht ordentlichen Standard, sauber, mit heissem Wasser, Farbfernseher, eigenem Bad und Dusche. Man zahlt dafür zwischen 5$ (Baños) und 10$ (Esmeraldas) pro Person und Nacht, und es werden ohne Probleme auch Triple (Dreibettzimmer) angeboten. Ein Frühstück ist dabei nicht enthalten, kann man aber in der Regel im Hotel oder in einfachen Restaurants einnehmen. Das kostet meist 1,25$ und man bekommt dafür einen Kaffee (die Tasse Milch mit Kaffeepulver...), ein Glas frisch gepressten Saft (meist Brombeere oder Orange, aber auch Papaya oder andere Sorten), ein Rührei und ein Brötchen mit Käse (ohne Butter). Käse ist dabei der weisse, mozzarella-ähnliche Kuhmilchkäse, den es hier praktisch ausschliesslich gibt. Auch zum Mittagessen sucht man einfache Restaurants auf, die ein almuerzo completo, ein Mittagskomplettmenu, zu 1,50$ anbieten. Darin enthalten ist eine Suppe (meist Hühnerbrühe mit Hühnchenfleisch, Kartoffeln oder Yuka, Gemüse, gestern fanden wir aber auch Hühnerfüsse, Hals und Herz in der Suppe...), das Hauptgericht (Reis, Fleisch oder Huhn, Menestre (dickflüssige Linsen- oder Bohnensosse) oder Nudelsalat) und wieder der frisch gepresste Saft, manchmal auch noch ein Nachtisch. Natürlich kann man auch a la carte bestellen, dann zahlt man aber 3-4$ nur für das Hauptgericht. Ausländische Restaurants gibt es hier auch, hauptsächlich Italiener und Chinesen, aber auch Shawarma (das ist arabisch, meist von Libanesen betrieben, und bezeichnet eine mit Grillfleisch und Salat gefüllte Teigtasche) und Mexikaner.

Freundschaftsbänder


Armbänder aus Stoff, Leder oder Tagua sind in Ecuador weit verbreitet und auf allen Märkten zu Preisen zwischen 25 Centavos und 2$ zu erwerben. Im Laufe der Zeit habe ich vier Armbänder (s. Foto) und eine Halskette geschenkt bekommen von Teresa, Narcisa (gleich 2), Priscilla und Yuli. Sie sind eine nette Erinnerung, auch wenn das Auf- und Zuknoten (z.B. vor und nach dem Duschen) immer sehr mühselig ist.

Weihnachten und Silvester

Weihnachten wird in Ecuador ähnlich wie bei uns in der Familie verbracht, zu Essen gibt es Huhn, Truthahn oder Schwein. Die Geschenke werden erst Heiligabend um Mitternacht übergeben, dann wird auch der Braten gegessen. Zum Truthahn gab es bei uns die typische relleno de pavo, einen hellbraunen Brei mit Nüssen, Rosinen und Truthahnstücken. Vor dem Mitternachtsessen werden den ganzen Nachmittag schon bis um 12:00 SMSen mit allen Freunden ausgetauscht, bei denen man sich alles Gute wünscht, teils sehr religiös formuliert. Es gibt Weihnachtsbäume, aber keine echten, da hier keine Tannen wachsen. Die werden dafür meist schon einen Monat vorher aufgestellt, sie nadeln ja nicht... Der Advent mit Adventskranz, 4 Kerzen, Schoko-Adventskalender und Weihnachtsgebäck ist hier nicht bekannt und wird nicht gefeiert, Weihnachtsmärkte und Glühwein gibt es bei 30°C auch nicht, dafür wie in den USA Weihnachtsläden, die das ganze Jahr über geöffnet haben.

Zu Silvester werden Figuren aus Pappmaché gebastelt, die schon 1-2 Wochen vorher aufgestellt werden. Dies sind berühmte Personen (z.B. der noch amtierende Präsident Alfredo Palacio) oder nur lokal bekannte (im Zoo El Pantanal ist es dieses Jahr der Zoo-Biologe Marcos), die im vergangenen Jahr eine mehr oder weniger schlimme Bedeutung hatten. Auf die Figuren werden noch passende Texte geschrieben mit charakteristischen Eigenschaften, und bei der Ausstellung der Figuren wird Geld gesammelt (ich nehme an für die spätere Silvesterfeier). Am Silvestertag kommt es dann um Mitternacht zur Verbrennung der Figur, die Witwe (eine von einem Mann gespielte Frau) hält eine lustige Trauerrede. Schade, dass ich Silvester nicht mehr hier bin, das hätte ich mir gerne angesehen. Auf der anderen Seite soll dann ganz Guayaquil eine einzige Rauchwolke sein, weil alle Figuren gleichzeitig verbrannt werden.

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