Translate

Donnerstag, 31. August 2006

Alter - Frischzellenkur - Filmstar II

Am Donnerstag abend mit Freunden im Club nube nueve (Wolke neun).

Also der Filmstar-Artikel kam gut an, so viel Feedback habe ich selten bekommen. Dann muss ich wohl auch erzaehlen, ob ich meine Handy-Nummer der Latino-Schoenheit herausgegeben habe.

Ja, habe ich. Dazu muss ich sagen, dass ich ihr Alter noch nicht wusste und sie wie Anfang 20 wirkte. Ihr richtiges Alter habe ich erst nach den ersten SMSen herausbekommen. Sie studiert Tourismus, wie 60% aller Studenten, die ich hier kenne (ausser in meinem Haus, da studiert das keiner). Allerdings war der Austausch der Nummern gar nicht noetig: Am Samstag zwei Tage spaeter bin ich mit den anderen Voluntaeren in die Disko Mr. Sam gegangen. Auf dem Weg ruft es auf einmal "Hola Tim!" Ich brauch nicht zu erwaehnen, wer da zufaellig mit zwei Freundinnen stand. Zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit: Guayaquil hat 2-3 Millionen Einwohner und bestimmt 50-100 Diskotheken. Die drei waren von einem Freund versetzt worden, schlossen sich uns an und es wurde ein sehr netter Abend. Die Ausgeherlaubis der Minderjaehrigen endete um 1, wir Voluntaere blieben noch bis kurz nach 3. Als ich hinterher den anderen das Alter erzaehlte, waren die sprachlos, sie haetten sie auch fuer viel aelter gehalten (und die anderen Voluntaere hier sind alle um die 18/19).

Damit sind wir auch schon beim Thema: das Alter in Ecuador. Ein Freund hat frueher immer erzaehlt, das ideale Alter einer deutschen Frau muss 23 sein. Wer juenger ist, fuehlt sich geschmeichelt, wenn sie aelter geschaetzt wird. Wer aelter ist, fuer die gilt das Gegenteil. Hier ist das etwas anders. Die Dame oben links neben mir (oranges Top) musste ich am Donnerstag Abend schaetzen, eine undankbare Aufgabe, mann verliert dabei immer (typische lose-lose-Situation). Die 23-Regel im Kopf und schon etwas auf Lateinamerika heruntergerechnet sage ich also: 21.

Pustekuchen! Ich ernte einen entruesteten, fassungslosen Blick, ein Kopfschuetteln und den Ausschrei: 19! Fuer meine Begriffe war ich doch eigentlich sehr nah dran. Das ideale Alter muss hier also 19, vielleicht noch 20 sein, danach gehoert man zum alten Eisen. Ich habe das meinen Gastbruedern erzaehlt, nachdem sie in etwa verstanden hatten, was ich meinte, haben sie mir das bestaetigt. Auch die Kandidatinnen fuer die Miss Guayaquil, heute alle einzeln in der Tageszeitung "El Universo" vorgestellt, sind alle 19 oder 20, eine (wahrscheinlich chancenlos...) ist 24.

Filmstar II: Eine Schulklasse von vielleicht 15-jaehrigen Maedchen tuschelte neulich mal wieder ueber mich, und als wir dann ins Gespraech kamen, hoerte ich "Mister Venezuela" heraus. Ich wusste nicht, wen sie meinten, auf Nachfrage meinten sie wirklich mich. Sie wollten auch unbedingt, dass ich die Gruppe im Zoo begleite, was ich dann ja tun musste. Natuerlich habe ich hinterher im Internet recherchiert, wie Mister Venezuela denn aussieht. Keine grosse Aehnlichkeit, ausser vielleicht der Groesse und der hellen Hautfarbe...

Mister Venezuela

Frischzellenkur: Ein angenehmer Nebeneffekt des unterschiedlichen Altersgefuehls ist, dass ich hier von allen viel juenger geschaetzt werde, auf Anfang 30 vielleicht. Eine Verwandte der Familie hier hat einmal scherzhaft gesagt, das liege am kalten Klima in Deutschland (oder umgekehrt ausgedrueckt: unter der Aequatorsonne altert man schneller). Und da ich die meiste Zeit mit sehr viel Juengeren zusammen bin, kommt es mir vor, als ob ich meine Jugend nachhole und/oder noch einmal erlebe. Dazu die total stressfreie suedamerikanische Einstellung: Wenn das keine Frischzellenkur ist!

Montag, 28. August 2006

Bilder vom AFS-Treffen und aus Daule

Schmuckes Sicherheitspersonal am Malecon 2000.

Die 7 Voluntaere aus Guayaquil und die Stadtvaeter.

Schwimmbad/Museum mit praekolumbianischen Statuen nahe der Kleinstadt Daule.

Rio Daule mit schwimmendem Haus.

Am Samstag hatten wir das Orientierungstreffen der Voluntaere aus Guayaquil und einen Tag spaeter haben Annika und ich mit unseren AFS-Betreuern Galina und Wilmers einen Ausflug in die nahegelegene Kleinstadt Daule unternommen. Mehr Fotos wie immer auf meiner Fotopage.

Samstag, 26. August 2006

Leben wie ein Filmstar

Also ich glaube, wir Voluntäre aus den unterschiedlichsten Ländern sind schon eine kleine Attraktion hier in Ecuador. Wir fallen auf, durch unser Aussehen (viele sind blond und gross), durch die Sprache, die Kleidung. In meinem Fall kam ich mir die letzten Tage manchmal vor wie ein Filmstar. Zwei Beispiele aus meiner Arbeit im Zoo:

1. Gestern gehe ich an dem Zoo-Imbiss vorbei, wo alle Besuchergruppen Pause machen. Eine der Guides stellt mich kurz ihrer Gruppe, etwa 10 jungen Studenten, vor: Esto es Tim de Alemania - Das ist Tim aus Deutschland. Schon geht es los von allen Seiten mit den üblichen Fragen: Wie lange bin ich hier, wie gefällt mir Ecuador, wie war die Fussball-WM, aber auch: wie alt bin ich, habe ich eine Freundin, wie gross bin ich (einen 2 Meter-Menschen hat hier noch keiner gesehen...), wie gefallen mir die Latino-Frauen. Ich beantworte alles brav in meinem besten Spanisch. Nach der Familienstandsfrage steht eine junge, schlanke Latino-Schönheit auf, verrät mir ihre Grösse (1,71, für hiesige Verhältnisse sehr gross) und fragt mich kurz vorm Weitergehen der Gruppe nach meiner Handynummer, man könnte ja mal Bowling-Spielen gehen in San Marino, einer grossen Mall hier. Das Mädchen ist 17, ich könnte gut ihr Vater sein, aber irgendwie fühle ich mich doch sehr geschmeichelt...

2. Freitag vormittag sind im Zoo immer besonders viele Schulklassen, also passe ich heute bei einem Absperrgitter auf, dass eine auf die Rückfahrt zur Schule wartende Klasse nicht zu viel Unfug treibt. Die Kinder sind im Grundschulalter. Auf einmal kriegen sie mit, dass ich Deutscher bin und ein paar Brocken Spanisch spreche und sofort drückt sich eine grosse Traube an das Gitter (Filmstargefühl...) und alle fragen gleichzeitig, wie es bei Kindern üblich ist: Como se dice profesore en aleman - Was heisst Lehrer auf deutsch? Wobei "Lehrer" bei jedem Kind durch ein anderes Wort im Satz ersetzt wird: Schlange, Affe, dick, schön, Blatt, Direktorin, Schwein, Ecuador, und "deutsch" auch manchmal durch "englisch" oder "italienisch", weil die Kinder so aufgeregt sind oder es bis zu ihnen noch nicht durchgedrungen ist, woher ich komme. Das Ganze geht ununterbrochen für ca. 15 Minuten. Die Lehrerin ist froh, dass die Klasse eine Weile beschäftigt ist und ich bin froh, dass die Schulklassen hier nur Freitag Vormittag so gehäuft auftreten, und nicht jeden Tag.

Aber das Leben als Filmstar hat auch seine Schattenseiten: Eine sehr schöne blonde Voluntärin fährt wieder vorzeitig zurück, unter anderem, weil sie überall auf der Strasse, im Bus usw. nur noch von Männern angesprochen wird, die sich nicht unbedingt für ihre geistigen Fähigkeiten interessieren.

Meist wird so eine Anmache als typisch latinischer Machismo abgetan. Allerdings bin ich fest davon überzeugt, dass in den meisten Fällen die Anmache nicht im Vordergrund steht, sondern a) das ehrliche Interesse der Ecuadorianer an fremden Kulturen und b) die offene Art der Latinos, schnell und ohne Umschweife mit jemandem ins Gespräch zu kommen. Und das nach meiner Erfahrung noch mehr an der tropischen Küste Ecuadors als in der schroffen Sierra. Hier gibt es auf Partys keine peinlichen Schweigepausen, und im Bus sitzt man bei Salsamusik mit wildfremden Menschen in engem Körperkontakt zusammen, die einen fragen, ob sie einen Teil der Zeitung lesen dürfen. Ausser Religion (und selbst da hatte ich schon interessante Diskussionen...) gibt es keine Tabuthemen oder -fragen, man spricht hier offen über sein Alter, Einkommen, Familienstand (manchmal wird hier auch etwas geprahlt: "Ich habe 4 Frauen"), Vorlieben, und alles gleich beim ersten Gespräch. Man reicht (z.B. in der Disko) die Bierflasche herum, aus der alle gemeinsam nacheinander trinken, das gleiche passiert mit Colabechern in der Arbeitspause und zuhause ist sowieso alles Gemeineigentum: das Bett wird von anderen als Sofa oder zum Bügeln benutzt (wobei das Laken schon mal angesengt wird) und im Badezimmer wird alles, was herumsteht von allen benutzt (ich hoffe, ausser den Zahnbürsten und den Handtüchern...).

Dienstag, 22. August 2006

Leguane und ein Todesfall

Park der Leguane: Attraktion für Klein und Gross

Blick vom Hügel Santa Ana

Leguan-Skulptur

Am Freitag ist der Grossvater in der Gastfamilie gestorben. Das war sehr traurig, mein Gastvater Richard hat seinen Vater über alles geliebt und ihn die letzten Jahre aufopfernd gepflegt. Nun ging alles sehr schnell: Noch am selben Nachmittag und Abend erfolgte die Aufbahrung in einer Kondolenzhalle am Zentralfriedhof. Viele Verwandte, Freunde und Kollegen kamen, um ihr Beileid auszudrücken und Abschied zu nehmen. Am Samstag mittag wurde dann in der selben Halle der Totengottesdienst abgehalten, der immer wieder mit Gesang zur Gitarre aufgelockert wurde. Unter anderem wurde "Blowing in the Wind" auf spanisch gespielt. Anschliessend erfolgte dann die Kremation. An der Küste Ecuadors ist eine Erdbestattung unüblich, die gibt es mehr in der Sierra.

Am Samstag abend haben die AFS-Betreuer von Annika und mir, Galina und Wilmers sowie Galinas Sohn Andrey, mit uns eine Stadtbesichtigung per Auto (Volkswagen Käfer von 1958, ist hier noch oft zu sehen) und zu Fuss unternommen und uns danach in ihrer Wohnung zum Abendessen eingeladen. Dabei haben wir auch die Bahía, die Märkte in der Innenstadt, kurz kennengelernt. Ein Gewirr von Leuten und Ständen, überall Garküchen mit verlockenden Grills und Töpfen, billige Kleidermärkte und Obststände. Hier muss ich nochmal in Ruhe hingehen! Das orientalische Marktgefühl war ein Kontrast zur amerikanischen Super-Mall San Marino, in der ich mit Annika nachmittags gebummelt hatte. Die Wohnung von Galina und Wilmers war dann ein Museum mit Stücken aus der ganzen Welt, mit Schwerpunkt Europa und Russland, Galinas Heimat. Viele Stücke sind den beiden offensichtlich auch von den Austauschlern im Laufe der Zeit geschenkt worden. Es war ein sehr netter Abend mit Huhn und einigen Cuba Libre.

Am Sonntag war ich dann mit Teresa im Leguan-Park (siehe Fotos). Die Tiere hocken auf den Bäumen und kommen tagsüber zum Essen runter auf die Erde. Übrigens habe ich auch bei uns im Zoo El Pantanal schon wilde Leguane auf den Bäumen gesehen, genauso wie Reiher. Ein kleines süsses Faultier kam uns letzte Woche verstört vom Baum heruntergekrochen (ein Glücksfall, Faultiere schlafen 22h am Tag), als wir gerade mit dem Bau eines neuen Affengeheges beschäftigt waren. Die Natur ist in Ecuador so reichhaltig, dass die Tiere schon alleine in den Zoo kommen...

Dienstag, 15. August 2006

Fotos vom Wochenende

Am Wochenende haben wir einen Ausflug aufs Land unternommen, dabei habe ich meine ersten Bananenplantagen gesehen. Zum Schutz vor Tieren sind die Bananen mit Plastikfolie geschuetzt.
Von diesem Hafen aus werden die Bananen in alle Welt verschifft. Neben mir die beiden primas (Cousinen) Diana und Sylvia.
Fuer mich sind hier fast alle Fruechte exotisch. Auf einer Finca haben wir gerade eine Guanabana geerntet, die normalerweise viel kleiner ist. Schmeckt ganz lecker, sehr suess.

Neu war fuer mich auch die Art, Orangen zu essen. Genauer gesagt werden die hier nicht gegessen, sondern getrunken und das geht so: Man schaelt die orange Schale duenn ab wie bei einem Apfel, so dass aber noch die dicke weisse Innenhuelle der Orange erhalten bleibt. Nun schneidet man oben einen kleinen Kegel aus der Orange heraus, es entsteht eine kreisrunde Oeffnung. Aus diesem Loch trinkt/saugt man dann die Orange wie aus einem Becher, wobei man die Orange kraeftig knetet, um den Saft herauszuloesen. Uebrig bleibt nur ein schlaffer Beutel aus Fruchtfleisch, den man dann wegwirft.
Familienfest auf der Finca, oben links sind Leo und Diego, meine Zimmergenossen, alle anderen sind primos und tios (Cousinen/Cousins und Tanten/Onkel).

Mehr Bilder gibt es hier, leider funktioniert die Kommentarfunktion dort nicht bei allen Bildern...

Mittwoch, 9. August 2006

Leben in der Familie

Blick von der Altstadt auf den Malecón 2000

Mein Leben in der Gastfamilie hat einige Umstellungen mit sich gebracht. Ich habe 9 Brueder (Leonardo, Camilo, Diego, René, Andrés, Marco, Jorge, Oscar und Alex), deren Namen ich jetzt halbwegs zuordnen kann und die zwischen knapp 18 und 25 Jahren alt sind. Fast alle studieren oder arbeiten in der Informatik oder Telekommunikation. Teresa ist die gute Seele des Hauses und Richard (eigentlich Ricardo) der Boss. Es ist keine Familie im herkoemmlichen Sinne, mehr eine Pension. 3 der Kinder sind leibliche von Richard, die anderen wurden im Laufe der Zeit aufgenommen und bekommen Kost und Logis, wenn sie sich an gewisse Regeln halten, die dem gesunden Menschenverstand entsprechen. Die Umstellung beinhaltet einerseits die Aufgabe jeder Privatssphaere (ich teile mein Zimmer mit 3 Bruedern), auf der anderen Seite ist man wirklich nie einsam und wenn man mal den Weg zu einem AFS-Treffen nicht weiss, finden sich immer ca. 3 Begleiter. Mit der Dusche gibt es komischerweise keine Probleme, die meisten duschen hier nachmittags oder abends. Alle sind sehr offen, freundlich und an Deutschland interessiert, ob das Bier hier anders schmeckt (tut es nicht, aber es gibt halt nur Pils), in welchen Laendern ich schon war, ob ich Spiele bei der Weltmeisterschaft gesehen habe. Die Freundlichkeit erstreckt sich nicht nur auf die Familie, sondern auf alle Ecuadorianer, die ich bisher kennengelernt habe. Das steckt richtig an :-) Ein Wohnzimmer gibt es nicht, alles spielt sich im Schlafzimmer des Vaters ab. Auf das grosse Bett passen 4-6 Personen und ein Hund, an jeder Seite laesst sich noch eine Haengematte aufspannen und so werden die Abende vor dem Fernseher oder vor der Playstation verbracht.
Am Wochenende war ich bei einer voellig fremden Familie zum Familientreffen und Mittagessen (ca. 30 Personen) eingeladen. Der einzige Bezug war, dass ein Mitglied der Familie auch einen Austausch-Voluntaer von AFS aufgenommen hat, den ich vorher nicht kannte. Ich kannte also gar keinen auf der Party, und alle sprachen natuerlich nur Spanisch. Trotzdem habe ich mich prima amuesiert, grosse Teile von Unterhaltungen mitbekommen (bis hin zur Rechtfertigung des Irak-Krieges) und wurde integriert, als ob ich schon immer dabei gewesen waere. Und die meisten oben genannten Fragen wurden natuerlich auch gestellt. Zur Begruessung und zum Abschied gibt es von den Frauen selbstverstaendlich einen Kuss auf die Wange, von den Maennern ein Haendeschuetteln mit gleichzeitig anerkennenden Klopfen der anderen Hand auf die Schulter.
Samstag abend war ich in einer Disko, dem Ofizz. Das System ist hier so: Mann zahlt 15 $ Eintritt, Frau gar nichts, dafuer sind alle Getraenke im Preis enthalten. Hat den angenehmen Nebeneffekt, das mann zwar blechen muss, aber dafuer ein fuer ihn angenehmes Geschlechterverhaeltnis anzutreffen ist. Ich war mit Leon, einem Belgier (AFS), einem Schweizer, seiner zukuenftigen (ecudorianischen) Frau, zwei hiesigen Freundinnen und einem Cousin als Aufpasser da. Eigentlich immer wenn ecuadorianische Single-Frauen ausgehen oder auf Maenner treffen, ist ein Aufpasser aus der Familie dabei. Trotzdem aber auch hier wieder eine offenherzige Kommunikation. Auf der oberen Ebene wurde leicht Techno angehauchte Diskomucke gespielt, unten Salsa und natuerlich Reggaeton, der augenblickliche Modetanz hier. Hinterher stehen die Taxis vor der Tuer, man handelt vorher den Preis aus, bei einer nicht lizensierten Taxe kann man den Preis weiter runter druecken (Standard nachts sind 2-3 Dollar), allerdings faehrt die dann auch entsprechend chaotisch. Dabei habe ich ein weiteres Einsatzgebiet der Hupe kennengelernt: Man hupt auch, bevor man bei rot ueber die Ampel brettert, damit der Querverkehr gewarnt ist. Immerhin.
Am Sonntag waren wir morgens in einer Picanteria fruehstuecken. Man bekommt dort einen grossen Teller mit Reis und jede Menge Meeresfruechte (Shrimps, Thunfisch, Tintenfisch, den Rest kannte ich nicht) fuer 2,50 Dollar, das Essen wird auf der Strasse gebraten. Es war sehr lecker. Natuerlich wird jedem Touristen (und auch AFSer) davon abgeraten, so etwas zu essen, wegen moeglicher Magenprobleme hinterher. Ich habe aber bisher alles bestens vertragen, toi, toi, toi! Danach war dann Grossreinemach-und-Ausmisttag im ganzen Haus, und nachmittags der Fussball-Klassiker, der ging unentschieden 1 - 1 aus, und diesmal ohne irgendeine Ausschreitung. Uebrigens habe ich mich seit einigen Tagen ueber einen deutlich groesseren Verkehr auf dieser Webseite erfeuen duerfen, am Samstag waren es 55 Besuche. Meine Nachforschungen ergaben, dass der Fanclub von Emelec einen Link auf meine Seite geschaltet hat mit der Ueberschrift: "Alemanes pendientes del clasico del Astillero", das heisst soviel wie "Die Deutschen verfolgen den Werft-Klassiker". Werft, weil beide Mannschaften aus der Hafenstadt Guayaquil kommen. Ich weiss nicht, wie die meine Seite gefunden (und verstanden!)haben, aber ich fuehle mich irgendwie geehrt... Abends haben wir dann noch mit mit Alex, Diego und einem Freund der Familie einen Stadtspaziergang unternommen und u.a. eine Aussicht wie oben auf dem Foto gehabt.
So, das reicht fuer heute, ein bisschen muss ich ja noch fuer die naechsten Berichte aufheben :-) Liebe Gruesse nach Hause!

Samstag, 5. August 2006

El Pantanal


Galápagos-Riesenschildkröte

Capybara


Meine erste Arbeitswoche im Zoo El Pantanal ist vorbei und wir beiden Tims wurden dort sehr herzlich aufgenommen. Doch erst einmal zu El Pantanal: begonnen hat das Ganze vor 40 Jahren als private Aufzucht- und Wiederauswilderungsstation für wilde Tiere Ecuadors. Dies ist es immer noch und alle Tiere wurden dem Zoo entweder gespendet oder von der Polizei beim illegalen Tierhandel beschlagnahmt. 98% des Zoos sind deshalb in Ecuador beheimatete Tiere. Die wenigen "Ausländer" (Löwen, Tiger, Straussen) kommen aus Zirkussen. Die Familie Chiriboga, gute Freunde meines Gastvaters, betreiben El Pantanal und haben ihr ganzes Vermögen dafür gestiftet. Um mehr Geld für die Tiere einzunehmen, wurde El Pantanal vor vier Jahren als erster Zoo Guayaquils der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Da die Guayaqilenser keine Erfahrung mit Tiergärten haben (und die Tiere erschrecken oder den Arm in den Löwenkäfig halten wollen), kann er nur in Gruppenführungen besichtigt werden. Eine schöne Fotoreportage gibt es übrigens in der aktuellen Ausgabe der ecuadorianischen Frauenzeitschrift Caras, der Link führt zum Artikel.
In der ersten Woche haben wir einen spanischen Brief auf deutsch und englisch übersetzt und per e-Mail an gut 70 Zoos in Deutschland, Österreich und Australien (da kommt der andere Tim her) geschickt. Der Brief regt die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Zoos an, und weil ein Austauschjahr, wie man sieht, uns Menschen ganz gut tut, haben wir einen Austausch für Tiere angeregt. Nun warten wir gespannt auf die Antworten... Heute haben wir einen Hundezwinger gebaut, die Hunde haben bisher in einer Halle gelebt, die demnächst in ein Museum umgebaut wird. Dann übersetzen wir gerade den Kurzführer über alle Tiere El Pantanals auf deutsch und englisch, um fremdsprachige Touristen herumführen zu können. Ich füttere die Waschbären und Füchse mit Hühnchenschenkeln, züchte Schnecken und Mäuse als Nahrung und den Löwen habe ich auch schon durch das Gitter gestreichelt (kein gutes Vorbild für die Besucher, war aber unter Aufsicht des Zoo-Biologen...).
Am liebsten gefallen mir die Capybaras, aber auch der Waschbär und die Galápagos-Schildkröten (siehe Bilder).
Auf der Busfahrt lese ich immer die Tageszeitung, wo der Schwerpunkt auf Lateinamerika (Machtabgabe Fidel Castros), Nueva York (hier leben über 500.000 Ecuadorianer, gerade ist dort eine enorme Hitzewelle) und natürlich Fussball (am Wochenende findet in Guayaquil der "Klassiker" statt, Barcelona gegen Emelec, beides Erstligisten aus Guayaquil) liegt. Ausserdem bei der Metrovia (eine Art Bus-Metro) und dem internationalen Flughafen, die beide gerade neu eröffnet wurden bzw. werden. Abends schaue ich mit der Familie Los Simpsons im Fernsehen. Durch beides wird mein Spanisch immer besser.
Doch jetzt beginnt die Fin de Semana (WOCHENENDE)! Heute abend schaue ich mir mit der Familie die Stadt an, morgen bin ich bei einer anderen AFS-Familie zum Mittagessen eingeladen und Sonntag ist halt der Klassiker, wahrscheinlich nur im Fernsehen, weil es im Stadion (Karten kosten zwischen 6 und 15$) letztes Mal zu erheblichen Ausschreitungen gekommen ist.
Viele Grüsse an Euch alle zu Hause!

Mittwoch, 2. August 2006

Alltag in Ecuador

Nach 12 Tagen in Ecuador schreibe ich heute mal ueber die Tuecken des Alltags, an die man sich erstmal gewoehnen muss. Fangen wir an mit dem

Verkehr

In Ecuador wird sehr viel mit der Hupe gefahren und ohne jede Ruecksicht auf Fussgaenger. Gehupt wird u.a. eigentlich immer, wenn man jemanden ueberholt. Es besteht Gurtpflicht, woran sich aber kaum jemand haelt, es sei denn, man faehrt an der Polizei vorbei.
Fuer Busse gibt es keine Fahrplaene oder Liniennetze, Haltestellen auch fast nicht. Man fragt am besten einen Kollegen oder seine Familie, welchen Bus man am besten nimmt. Nur nicht den Busfahrer fragen, der kennt z.B. den Zoo von Guayaquil in der Regel nicht, obwohl er dran vorbei faehrt. Man geht also an die von den Freunden genannte Strasse, schaut wo eine groessere Gruppe von Wartenden steht, gesellt sich zu denen und wartet. In der Regel kommt der naechste Bus der gewuenschten Linie nach spaetestens 5 Minuten. Man muss die Nummer nur schnell finden, bevor der Bus wieder vorbei gefahren ist. Da es die unterschiedlichsten Busgesellschaften gibt, stehen die Busnummern auch an den unterschiedlichsten Stellen. Hat man die Nummer gesichtet, macht man eine Handbewegung mit der Handinnenflaeche nach unten, die in Deutschland eher bedeuten wuerde: "Nun bleib mal auf dem Teppich, immer ruhig." Hier heisst diese Bewegung "Komm her zu mir!" oder einfach nur "Anhalten, ich will mitfahren". Nun muss man sehr sportlich sein, zumindest wenn man als einziger oder zu zweit einsteigt. Der Bus haelt dann naemlich nicht an, sondern bremst nur etwas ab. Man greift an die Stange an der immer offenen Vordertuer (die Hintertuer ist bei allen Bussen verschlossen), springt auf wie frueher in London und hat in der anderen Hand schon abgezaehlt die Muenzen fuer das Fahrgeld. Bloss keine Scheine, die wechselt der Fahrer einem nicht! Der Fahrpreis betraegt meist 25 Centavos, manchmal auch nur 18 und steht gross an der Frontscheibe dran.
Im Bus kriegt man fast immer einen Sitzplatz und muss nun mitdenken, wo man etwa aussteigen will (es gibt ja keine Haltestellen...). Waehrend der Fahrt steigen oft Haendler jeden Alters (die juengste war vielleicht 10) ein, die einem Bonbons, Eis am Stiel, Wasser in Plastiktuetchen (so welche, als ob man seinen Aquariumfisch transportieren will), Kokosnuss oder Lotterielose verkaufen wollen. Das Papier vom Eis wird am einfachsten aus dem Fenster entsorgt. So sieht der "Gruenstreifen" an der Schnellstrasse dann auch aus, ein durchgehender 2-4 m breiter Muellstreifen... Zum Aussteigen laeuft man wieder nach vorne zum Fahrer, der dann nach Gutduenken bei der naechsten Moeglichkeit abbremst. Nun muss man entscheiden, wann und wie man durch die offene Vordertuer herausspringt. Je frueher man springt, desto mehr muss man darauf achten, nach der Landung gleich in Fahrtrichtung weiterzulaufen. Sonst faellt man durch den Impuls einfach nach vorne um. Ist wohl schon einigen hier passiert, u.a. auch einem meiner 9 Gastbrueder.

Essen und Trinken

Das System mit den Pfandflaschen habe ich noch nicht ganz verstanden. Es gibt welche, Bier und Wasser in Glasflaschen. Will man die allerdings in einem kleinen Geschaeft kaufen, wird man mit einem Schwall von Fragen ueberhaeuft, die darauf abzielen, wo man die Flaschen trinken will. Vielleicht trinkt man hier Glasflaschen immer gleich im Laden aus und gibt sie dann sofort wieder ab? Wenn man sie mitnehmen will, muss man jedenfalls versprechen, sie auch mañana wieder zurueckzubringen und bekommt dafuer wohl ein Pfand berechnet, das man aber nie erstattet bekommt. Also Wasser immer in Plastikflaschen, Bier in Dosen kaufen. Komisches System...
Zum Essen besteht hier hier jede warme Mahlzeit erstmal zu zwei Dritteln aus Reis. Meist gibt es dann noch eine andere Beilage, z.B. Kartoffeln dazu. Dazu ein Stueck Fleisch oder Gulasch/Frikassee, Sosse und auf dem Reis ein grosses Stueck Kochbanane. Mir wurde schon zweimal Caldo de Salchicha bzw. nur Salchicha angeboten. Eine Wuerstchenspezialitaet, weil ich doch Deutscher bin, die Wuerstchen lieben! Caldo steht fuer Suppe. Die Wurst selber ist wie eine japanische Sushi-Reis-Rolle und schmeckt ganz gut, bis einem gesagt wird, dass das Rotbraune im Reis Schweineblut ist. Blutwurst halt, die schmeckt mir aber auch in Deutschland nicht. Dazu gibt es dann noch Innereien wie Leber aber auch Schweinefuesse und -haut. Naja, man muss halt alles mal probieren :-)

Sicherheit

Ich bin in Suedamerika, und da ist man ja schon irgendwie vorgewarnt. Zum Busfahren nehme ich z.B. nichts mit wie Kamera, i-Pod oder Kreditkarte. Nur ca. 10 Dollar und mein Handy (was hoffentlich nie waehrend der Fahrt klingelt!). Ich habe uebrigens jetzt eine ecuadorianische Handynummer: 00593-(0)84200813. Die Geschaefte sind meist bewacht und viele Haeuser und Wohnungstueren massiv mit Mauern und/oder Eisengittern geschuetzt. Gleich bei der Ankunft in Guayaquil kam ich mit meiner Gastfamilie in eine Polizeikontrolle. Alle Autos wurden angehalten und von maschinengewehrbestueckten Beamten nach Waffen durchsucht. Bei der Identifizierung hatte ich Probleme. Mein Reisepass ist noch irgendwo in Quito bei der Botschaft oder bei AFS, weil man nach der Einreise das Visum registrieren lassen muss. Die Kopie des Reisepasses von AFS reichte nicht aus, mein Fuehrerschein und die Flugtickets auch nicht. Kurz bevor ich nun offensichtlich abgefuehrt werden sollte fiel mir ein, dass ich ja noch eine zweite Kopie meines Passes hatte, diese in Farbe und noch wichtiger mit der Seite des Visums. Nun entspannte sich das Gesicht des Beamten, der vorher schon per Funk viel herumtelefoniert hatte. Ich durfte wieder in das Auto einsteigen, puh!
Das hoert sich jetzt wahrscheinlich alles viel schlimmer an, als es ist. Wenn man bestimmte Sachen beachtet und sich nicht wie ein Tourist verhaelt, lebt man hier ganz in Ruhe, also keine Angst haben zu Hause!!

So das war es erstmal, demnaechst schreibe ich mehr ueber meine Arbeit im Zoo!