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Samstag, 24. September 2022

Würfelfreuden 1: Wie löst man beliebige Zauberwürfel?

Ich liebe Zauberwürfel, egal welche Größe und Form. Ich muss selten eine Lösungsmethode im Internet nachschauen, und als ich in den Achtziger Jahren angefangen hatte, gab es auch gar kein Internet im heutigen Sinne. Es gab Lösungen für den 3x3-Würfel (Spiegel vom 19.01.1981 oder Bücher), für die anderen Würfel war man damals im Prinzip auf sich selbst angewiesen. Der Zauberwürfel kam in Deutschland 1980 raus, meine Eltern schenkten ihn uns drei Brüdern zu Weihnachten. Ich war zwölf und konnte ihn nicht lösen, bis der Spiegel die Lösung heraus brachte. Später hatte ich eine Pyramide, Tonne, den 5x5-Würfel und einiges mehr. Heute habe ich zusammen mit meiner Tochter Melissa 24 Puzzle:

Familientreffen unserer Zauberwürfel, die Originale aus den Achtzigern in der Mitte

Ich bin nicht schnell, für den normalen Zauberwürfel benötige ich 2-3 Minuten, der Weltrekord liegt bei 3-4 Sekunden! Ich habe mich eher auf Muster spezialisiert und Freistil-Lösen von beliebigen Puzzlen. Im Lockdown habe ich das Hobby wieder reaktiviert. 

Wie löst man nun einen beliebigen Zauberwürfel? Ich gehe zweistufig vor: in der ersten Stufe löse ich intuitiv, so weit ich komme. Das war beim normalen Zauberwürfel früher die 1. (von den drei) Ebene sowie die zweite Ebene bis auf den letzten Randstein. Den letzten Randstein der 2. Ebene löse ich immer noch mit der Spiegelmethode von 1981, aber ich könnte hier auch schon aufhören und in die zweite Stufe eintreten. Dann bleibt noch die 3. und letzte Ebene übrig. Von hieran nutze ich ein universelles Prinzip, das ich Gottes-Prinzip nenne. Komischerweise habe ich dieses Prinzip im Internet kaum gefunden, deshalb kenne ich auch keinen offiziellen Namen dafür. Die einzige Darstellung habe ich hier entdeckt (sehr gute Erklärung auf englisch). Mir ist es in den Achtzigern irgendwann von alleine als Erleuchtung gekommen und von da an konnte ich z.B. den 5x5-Würfel selber lösen.

Das Gottes-Prinzip

Beim Gottesprinzip tauscht man 2 Randsteine oder 2 Ecksteine auf der 3. (letzten) Ebene, ohne den Rest der 3. Ebene zu verändern. Die Ebenen 1 und 2 werden dabei ganz schön verdreht, das ist aber egal. Man findet hier leicht intuitiv eine Zugfolge, denn man hat die 1. Ebene ja auch intuitiv gelöst. Zur Einfachheit dreht man den Würfel dazu auf den Kopf, so dass die gelösten beiden (1. und 2.) Ebenen unten sind, die ungelöste 3. oben. Was passiert nun, wenn man dieselbe Zugfolge genau rückwärts ausführen würde? Na klar: dann tauscht man die beiden Steine in der 3. Ebene wieder zurück und richtet automatisch die 1. und 2. Ebene wieder her.

So weit, so gut, aber was bringt uns das? Dann wären wir ja genau dort wieder, wo wir angefangen haben. Also kommt jetzt der Clou: bevor man die Zugfolge wieder rückwärts dreht, dreht man die obere 3. Ebene um 90° oder um 180°, danach führt man die Zugfolge rückwärts aus. Was passiert dabei? Unten wird die 1. und 2. Ebene wieder hergestellt, oben in der 3. Ebene tauschen aber zwei andere Steine als die beiden ursprünglichen. Zum Schluss dreht man die 90°- oder 180°-Drehung der obersten Ebene wieder zurück. Nun hat man den Würfel wieder wie vorher, außer dass man entweder in der 3. Ebene 4 Steine paarweise vertauscht (bei der 180°-Drehung) hat:


oder 3 Steine im Kreis (bei der 90°-Drehung):


Letztlich besteht die ganze Zugfolge aus 4 Teilen:

  1. Intuitive Zugfolge zum Vertauschen von 2 Steinen
  2. Drehen der obersten Ebene um 90° oder um 180°
  3. Zugfolge aus Teil 1 rückwärts
  4. Drehung aus Teil 2 rückwärts
Man kann das auf Kantensteine oder Ecksteine anwenden und damit die restliche Ebene lösen. Das Ausrichten von Steinen (Stein an der richtigen Stelle, aber verdreht) geht genauso: Man richtet erst den einen Stein intuitiv aus, dreht die oberste Ebene und richtet dann mit der gleichen Zugfolge rückwärts den 2. Stein aus.

Die Schwierigkeit reduziert sich damit darauf, sich die intuitive Zugfolge genau zu merken, damit man sie im 3. Schritt exakt rückwärts ausführen kann. Dafür versteht man bei jedem Zug genau, was man macht, die Züge ergeben einen Sinn (im Gegensatz zu auswendig gelernten Zügen aus Lösungsanleitungen) und man kann sie universal für alle Würfelgrößen und -formen anwenden.

Es gibt noch eine Besonderheit (die Parität) und eine weitere Herangehensweise für das Finden von einfachen Zugfolgen, über die ich in einem späteren Blogbeitrag schreiben will.

Wenn Ihr das Prinzip noch nicht gleich richtig verstanden habt, nicht schlimm. Lest Euch dann vielleicht die ausführliche englische Anleitung durch, die bestimmt verständlicher ist. Ansonsten gerne Fragen im Kommentar!

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