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Sonntag, 25. September 2022

Würfelfreuden 3: Einfache Zugfolgen ausdenken

Eine weitere Möglichkeit, Würfel zu lösen, ist einfache Zugfolgen auszuprobieren und zu schauen, was da passiert. Dazu muss der Würfel allerdings im besten Fall gelöst sein, dann sieht man die Veränderungen am besten. Sie laufen meist nach einem regelmäßigen Muster vor-vor-zurück-zurück ab, können mehrfach wiederholt werden und kommen meist irgendwann wieder in die Ausgangssituation zurück.

Beim Zauberwürfel gibt es z.B. den sogenannten "sexy move", der geht so:

Der sexy move: rechts oben, oben links, rechts runter, oben rechts

Wenn wir den 3x hintereinander anwenden, kommen wir auf dieses Ergebnis:

vertauscht 2 Ecksteine oben und 2 vorne

Das ist zwar recht mühsam, dafür ist die Zugfolge einfach zu merken. Und beim Pyraminx (Zauberpyramide) und Skewb kommt man mit dieser Kombination sehr schnell vorwärts!

Effizient beim Zauberwürfel ist folgende Kombination:

wobei die obere Ebene bei 2 und 4 jeweils um 180° gedreht wird.

Damit tauschen folgende 3 Kantensteine ihren Platz:


Zum Musterdrehen eignet sich die letzte der hier vorgestellten Folgen. Dabei kann man entweder hoch-hoch-runter-runter drehen oder immer hoch und dabei den Würfel jedesmal um 90° im Ganzen im Uhrzeigersinn drehen:


Heraus kommt ein Ringtausch der Mittelsteine:


Mit diesen drei Prinzipien habe ich bisher alle Puzzle gelöst bzw. nutze sie zum Musterdrehen. Man muss nicht viel behalten, nach ca. 35 Jahren Pause zwischen den Achtzigern und dem Lockdown konnte ich mich immer noch gut an sie erinnern...





Würfelfreuden 2: Die Parität

Wenn man sich das Gottes-Prinzip aus dem vorherigen Eintrag anschaut, fragt man sich vielleicht: Ok, mit diesem Prinzip kann man ja nur 3 oder mehr Steine gleichzeitig tauschen, da man den Zweiertausch ja immer zweimal anwenden muss. Gibt es nicht Situationen, wo am Ende nur zwei Steine übrig bleiben, die zu tauschen sind? Oder nur einer, der auszurichten ist? Was macht man dann?

Dieser Fall wird Parität oder oft auch englisch Parity genannt. Beim Standard-Zauberwürfel ist das kein Problem und wird intuitiv gelöst (ich erzähle gleich wie). Ab dem 4x4 Würfel und größer bereitet das einem aber Kopfzerbrechen, da man mit dem Gottes-Prinzip hier wirklich nicht mehr weiter kommt.

Bei der letzten Ebene des Zauberwürfels versucht man in der Regel, entweder zuerst die Ecken oder zuerst die Kanten an ihren richtigen Platz zu bringen. Dabei kann man auf folgende Anordnung treffen:

Zwei Ecksteine (bzw. Kantensteine) richtig, zwei nicht, was nun?

In diesem Fall dreht man die 3. Ebene meist intuitiv um 90° nach rechts oder links und probiert es dann. Und siehe da, jetzt kann man es durch einen 3er-Tausch lösen:
Dreht man die Ebene im Bild oben um 90° im Uhrzeigersinn, erhält man den unteren Kantenstein an der richtigen Stelle, die anderen drei müssen getauscht werden. Analog auch die Ecksteine.

Damit ist die Parität beim 3x3-Würfel ohne viel Nachdenken gelöst. Glücklicherweise tritt es für Kanten und Ecksteine gemeinsam auf, hat man es wie hier für die Kantensteine gelöst, tritt es auch nicht mehr bei den Ecksteinen auf. Der Fall, dass beim Ausrichten nur ein Stein übrig bleibt, tritt nicht auf.

Parität bei größeren Würfeln

Beim Lösen vom 4x4-Würfel stößt man dann irgendwann einmal auf folgende Situation:

Parität beim 4x4-Würfel

Das macht einen am Anfang wahnsinnig, da man vielleicht keine andere Lösung findet, als den Würfel wieder zu verdrehen und zu hoffen, dass die Parität beim nächsten Mal nicht mehr auftritt. Chance wahrscheinlich 50:50. Auch eine einfache Drehung der obersten Ebene um 90° oder 180° bringt hier anders als beim 3x3-Würfel keine Abhilfe. Was hilft, ist folgendes:

Drehung einer der beiden Mittelebenen um 90°

Danach muss man 4 Kantensteinpaare mit dem Gottes-Prinzip vertauschen und die verdrehten Mittelsteine wieder richten. Will man die Mittelsteine nicht ausrichten, kann man auch folgende Zugfolge ausführen:
  1. Drehen der Mittelebene wie im Bild oben
  2. Drehen der obersten Ebene um 180°
  3. Teil 1 und 2 insgesamt 4x ausführen
  4. Teil 1 ein 5. Mal ausführen
Dann sind insgesamt 5 Kantensteine am falschen Platz. Diese Kombination habe ich irgendwann einmal zufällig durch Ausprobieren gefunden, dazu mehr im nächsten Blog-Beitrag. Hiermit kann man die Parität bei allen großen Würfeln lösen.

Achso, wie vertauscht man Kantensteine, die wie jetzt über mehrere Würfel-Ebenen verteilt sind? Also z.B. das hier:

Die drei zu tauschenden Kanten liegen nicht alle in der obersten Ebene, und nun?

In dem Fall dreht man zuerst den gelben Kantenstein unten in die obere Ebene (Züge merken!), macht dann den Dreiertausch über zwei Paartausche und dreht dann rückwärts den nun grünen Kantenstein wieder zurück:

Drehen des unteren Kantensteins in die obere Ebene


Samstag, 24. September 2022

Würfelfreuden 1: Wie löst man beliebige Zauberwürfel?

Ich liebe Zauberwürfel, egal welche Größe und Form. Ich muss selten eine Lösungsmethode im Internet nachschauen, und als ich in den Achtziger Jahren angefangen hatte, gab es auch gar kein Internet im heutigen Sinne. Es gab Lösungen für den 3x3-Würfel (Spiegel vom 19.01.1981 oder Bücher), für die anderen Würfel war man damals im Prinzip auf sich selbst angewiesen. Der Zauberwürfel kam in Deutschland 1980 raus, meine Eltern schenkten ihn uns drei Brüdern zu Weihnachten. Ich war zwölf und konnte ihn nicht lösen, bis der Spiegel die Lösung heraus brachte. Später hatte ich eine Pyramide, Tonne, den 5x5-Würfel und einiges mehr. Heute habe ich zusammen mit meiner Tochter Melissa 24 Puzzle:

Familientreffen unserer Zauberwürfel, die Originale aus den Achtzigern in der Mitte

Ich bin nicht schnell, für den normalen Zauberwürfel benötige ich 2-3 Minuten, der Weltrekord liegt bei 3-4 Sekunden! Ich habe mich eher auf Muster spezialisiert und Freistil-Lösen von beliebigen Puzzlen. Im Lockdown habe ich das Hobby wieder reaktiviert. 

Wie löst man nun einen beliebigen Zauberwürfel? Ich gehe zweistufig vor: in der ersten Stufe löse ich intuitiv, so weit ich komme. Das war beim normalen Zauberwürfel früher die 1. (von den drei) Ebene sowie die zweite Ebene bis auf den letzten Randstein. Den letzten Randstein der 2. Ebene löse ich immer noch mit der Spiegelmethode von 1981, aber ich könnte hier auch schon aufhören und in die zweite Stufe eintreten. Dann bleibt noch die 3. und letzte Ebene übrig. Von hieran nutze ich ein universelles Prinzip, das ich Gottes-Prinzip nenne. Komischerweise habe ich dieses Prinzip im Internet kaum gefunden, deshalb kenne ich auch keinen offiziellen Namen dafür. Die einzige Darstellung habe ich hier entdeckt (sehr gute Erklärung auf englisch). Mir ist es in den Achtzigern irgendwann von alleine als Erleuchtung gekommen und von da an konnte ich z.B. den 5x5-Würfel selber lösen.

Das Gottes-Prinzip

Beim Gottesprinzip tauscht man 2 Randsteine oder 2 Ecksteine auf der 3. (letzten) Ebene, ohne den Rest der 3. Ebene zu verändern. Die Ebenen 1 und 2 werden dabei ganz schön verdreht, das ist aber egal. Man findet hier leicht intuitiv eine Zugfolge, denn man hat die 1. Ebene ja auch intuitiv gelöst. Zur Einfachheit dreht man den Würfel dazu auf den Kopf, so dass die gelösten beiden (1. und 2.) Ebenen unten sind, die ungelöste 3. oben. Was passiert nun, wenn man dieselbe Zugfolge genau rückwärts ausführen würde? Na klar: dann tauscht man die beiden Steine in der 3. Ebene wieder zurück und richtet automatisch die 1. und 2. Ebene wieder her.

So weit, so gut, aber was bringt uns das? Dann wären wir ja genau dort wieder, wo wir angefangen haben. Also kommt jetzt der Clou: bevor man die Zugfolge wieder rückwärts dreht, dreht man die obere 3. Ebene um 90° oder um 180°, danach führt man die Zugfolge rückwärts aus. Was passiert dabei? Unten wird die 1. und 2. Ebene wieder hergestellt, oben in der 3. Ebene tauschen aber zwei andere Steine als die beiden ursprünglichen. Zum Schluss dreht man die 90°- oder 180°-Drehung der obersten Ebene wieder zurück. Nun hat man den Würfel wieder wie vorher, außer dass man entweder in der 3. Ebene 4 Steine paarweise vertauscht (bei der 180°-Drehung) hat:


oder 3 Steine im Kreis (bei der 90°-Drehung):


Letztlich besteht die ganze Zugfolge aus 4 Teilen:

  1. Intuitive Zugfolge zum Vertauschen von 2 Steinen
  2. Drehen der obersten Ebene um 90° oder um 180°
  3. Zugfolge aus Teil 1 rückwärts
  4. Drehung aus Teil 2 rückwärts
Man kann das auf Kantensteine oder Ecksteine anwenden und damit die restliche Ebene lösen. Das Ausrichten von Steinen (Stein an der richtigen Stelle, aber verdreht) geht genauso: Man richtet erst den einen Stein intuitiv aus, dreht die oberste Ebene und richtet dann mit der gleichen Zugfolge rückwärts den 2. Stein aus.

Die Schwierigkeit reduziert sich damit darauf, sich die intuitive Zugfolge genau zu merken, damit man sie im 3. Schritt exakt rückwärts ausführen kann. Dafür versteht man bei jedem Zug genau, was man macht, die Züge ergeben einen Sinn (im Gegensatz zu auswendig gelernten Zügen aus Lösungsanleitungen) und man kann sie universal für alle Würfelgrößen und -formen anwenden.

Es gibt noch eine Besonderheit (die Parität) und eine weitere Herangehensweise für das Finden von einfachen Zugfolgen, über die ich in einem späteren Blogbeitrag schreiben will.

Wenn Ihr das Prinzip noch nicht gleich richtig verstanden habt, nicht schlimm. Lest Euch dann vielleicht die ausführliche englische Anleitung durch, die bestimmt verständlicher ist. Ansonsten gerne Fragen im Kommentar!