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Sonntag, 13. Januar 2019

Giesensdorf und Herr Carstenn

Vor einer Woche wusste ich noch nichts über Herrn Carstenn, dabei hat er den Südwesten Berlins vielleicht so sehr gestaltet wie kein anderer. Und ich kannte auch kein Giesensdorf, obwohl es unser Nachbardorf war und ich dort fast jeden Tag durchfahre. Es begann am Freitag bei Hugendubel im Sterncenter, einem Potsdam-Babelsberger Einkaufszentrum. Dort kaufte ich das "Teltower Land", ein Heimatbuch mit vielen Artikeln rund um Teltow. Da gab es auch den Artikel über Giesensdorf. Selbst als Berliner (wie ich) noch nie von Giesensdorf gehört? Dann lasst uns auf eine Landkarte von 1880 blicken:
Berlin und Umgebung 1880

Berlin ist noch nicht zu Groß-Berlin reformiert (das kam 1920), im Süden sieht man die Dörfer Groß-Lichterfelde, Lankwitz und Giesensdorf. 1865 hatte Wilhelm Carstenn, ein holsteinischer Kaufmann, die Güter Lichterfelde und Giesensdorf gekauft, sowie das Rittergut Wilmersdorf und Friedenau. Sein Geschäftsmodell war der Erwerb von Land, die stadtplanerische Entwicklung desselben zu Villenkolonien und der anschließende Verkauf der Grundstücke an wohlhabende Familien. Auf ihn gehen u.a. die rund angelegten Straßen in Friedenau zurück (über die ich mich immer gewundert habe, sie werden als Carstenn-Figuren bezeichnet). Lichterfelde und Giesensdorf schloss er 1878 zu Groß-Lichterfelde zusammen, die Giesensdorfer verzichteten seitdem auf ihren Dorfnamen, deshalb ist er nun praktisch verschwunden. Zur Erschließung von Groß-Lichterfelde ließ er 1868 auf eigene Kosten den Bahnhof Groß-Lichterfelde (heute Lichterfelde-Ost) bauen, schenkte 1871 dem preußischen Militär 20 ha Land für den Bau der Preußischen Hauptkadettenanstalt, verband diese mit dem Bahnhof mit der seit 1881 regelmäßig verkehrenden weltweit ersten elektrischen Straßenbahn und löste einen Boom von Zuzügen von preußischem Militär-Adel nach Lichterfelde-West aus. Die Villenkolonien waren ein Erfolg. Seine finanziellen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Kadettenanstalt ließen ihn allerdings verarmen. Straßenbahnen gibt es in Lichterfelde nicht mehr. Die Kadettenanstalt wurde in der Nazizeit durch ein schönes Schwimmbad ergänzt, in dem ich sonntags schwimme (Schwimmhalle Finckensteinallee). Heute beherbergt die Kadettenanstalt das Bundesarchiv.
Schwimmhalle Finckensteinallee 
Und Giesensdorf? Erhalten sind Ostpreußendamm Ecke Osdorfer Straße die Giesensdorfer Dorkirche aus dem 13./14. Jahrhundert (zweitkleinste Kirche Berlins), das Pfarramt gegenüber, die Giesensdorfer Grundschule, die Kleingartenkolonie Giesensdorf und die Giesensdorfer Straße. Die fahre ich wie gesagt fast täglich, ohne je die Geschichte dahinter gekannt zu haben.

Sonntag, 6. Januar 2019

Urlaub in Uganda 5

Eine Freundin hat mich neulich darauf hingewiesen, dass ich einen Bericht zum Hotel angekündigt, aber nie geschrieben habe. Das freut mich, dass es zumindest eine Leserin gibt, die das Blog akribisch liest!

Auf dem Weg zum Frühstück

Hotel

Im Hotel Santa Maria Health Resort in Entebbe hatten wir für unsere zwei Familien zwei Apartments reserviert. Nach der abendlichen Ankunft am Flughafen haben uns das Hotelshuttle und unser Auto mit Chauffeur abgeholt (wegen des Gepäcks zwei Autos) und uns im Dunkeln in die Apartments gebracht. Jedes Apartment hatte eine Wohnküche, ein Schlafzimmer und ein Bad, soweit so gut. Es gab noch eine Entschuldigung für Bauarbeiten am Haus, naja, wird schon nicht so schlimm werden. Am nächsten Morgen sahen wir dann das ganze Ausmaß der Bauarbeiten: Das Haus bestehend aus unseren beiden Apartments im Erdgeschoss und zwei weiteren im 1. Stock ist komplett eingerüstet, das Dach abgedeckt. Über das Gerüst können die Bauarbeiter in die Zimmer schauen. Es sieht nicht so aus, als ob die Arbeiten bald erledigt sind. Nach einem Tag halten wir es nicht mehr aus und wechseln die Zimmer. Nun haben wir zwar keine Apartments mehr, die neuen Zimmer sind dafür aber recht geräumig, die Erholung kann beginnen!

Frühstück

Die Anlage ist bis auf die Bauarbeiten sehr schön, es gibt zwei Pools, einen Fitness-Raum und eine Sauna. Für die Fitness kommen auch viele Tagesgäste. Da hat sich in den letzten zehn Jahren einiges entwickelt, Fitness Clubs gab es damals nur zwei in Kampala, jetzt ziemlich viele überall. Mit Steve gehe ich einmal in die Sauna. Da sitzen dicke Männer drin. Wir fragen an der Rezeption nach einem Aufguss. Einen Moment, heißt es. Kurz darauf kommt der Portier mit frisch geschnittenem Zitronengras zurück und legt das in das heiße Wasser auf den Saunaofen. Herrlich!

Abends sitzen wir oft auf dem Balkon und genießen mit Fiona und Steve selbst gemixten Radler oder eine Flasche Wein. Eines Abends freuen wir uns auf eine Flasche Chardonnay, als ein komischer Geruch draußen auf dem Balkon ist, als ob jemand raucht, nur viel stärker. Dann sehen wir, daß das Hotel seinen Müll direkt vor unseren Zimmern verbrennt. Nach unserer Beschwerde wird das Feuer gelöscht, der Geruch bleibt aber noch lange in der Luft. In Uganda gibt es keine Müllabfuhr und nur wenige Mülldeponien. Fast jeder verbrennt seinen Müll also selbst.

Bobi Wine

Bobi Wine ist ein bekannter Musiker aus Uganda, der 2017 als jüngster ugandischer Abgeordneter in die Politik wechselte und schon als chancenreicher Präsidentschaftskandidat gehandelt wird. Kurz vor unserem Rückflug wurde bei einem Besuch des Präsidenten im Norden Ugandas erst der Fahrer von Bobi Wine von Polizisten erschossen, dann Bobi Wine wegen illegalem Waffenbesitz festgenommen. Die Situation wird unklar, u.a. wird der Polizei Folter von Bobi Wine vorgeworfen. Das Auswärtige Amt warnt per E-Mail die registrierten Urlauber in Uganda vor möglichen Ausschreitungen in Kampala. Wir sind wachsam. Anfang September (wir sind schon wieder in Teltow) gelingt es Bobi Wine, in die USA zur medizinischen Behandlung auszureisen.

Bobi Wine - Kiwaani (2007), der Hit von meinem Sabbatjahr

Ebola

Der Ebola-Ausbruch im Kongo macht alle Nachbarstaaten vorsichtig. Auf dem Rückflug müssen wir für den Zwischenstopp in Nairobi, Kenia einen medizinischen Fragebogen ausfüllen und unsere Körpertemperaturen werden von einer Infrarotkamera gemessen.

WhatsApp-Steuer

Was in Europa noch diskutiert wird (Besteuerung von Internetkonzernen, Digitalsteuer), ist in Uganda schon  Realität. Die sogenannte WhatsApp-Steuer wurde 2018 eingeführt, gilt auch für andere Soziale Medien wie Facebook und Twitter und wird pauschal über die Handygebühren für mobiles Internet abgeführt. Natürlich ist diese Steuer nicht sehr beliebt, wird als Bereicherung der Regierung und Behinderung der Opposition (die sich über Soziale Medien organisiert) angesehen, hält aber trotzdem den Facebook-Boom in Uganda nicht auf. In Uganda handeln die Firmen nicht über eBay oder Amazon, sondern bieten ihre Waren und Dienstleistungen über Facebook an. Internet wird hauptsächlich mobil über Handy betrieben, DSL nutzen nur Firmen und keine Privatpersonen.