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Sonntag, 18. Dezember 2011

Das Supertalent aus Ecuador

Leo mit Panflöte und Regenmacher

Bevor Silvia und ich 2008 nach Ecuador geflogen sind, ist Silvia zu mir gezogen und hat ihre alte Wohnung in Neukölln für drei Monate untervermietet. Mieter waren ein junges Pärchen, Ines aus Polen und Leonardo aus Ecuador, die in Spanien geheiratet hatten und gerade nach Berlin ziehen wollten. Bei der Wohnungsbesichtigung sah ich sie beide zum ersten Mal und war begeistert, einen Otavaleño (Einwohner des berühmten Dorfes Otavalo nördlich von Quito mit dem größten ecuadorianischen Indio-Markt) in Berlin kennen zu lernen. Bei Silvias Auszug hat er uns geholfen, die Möbel herunter zu tragen. Seine Frau Ines ist sehr an der ecuadorianischen Kultur interessiert und spricht perfekt spanisch. Bei mehreren latinoamerikanischen Festen in Berlin hat sie auf Spanisch gesungen. Ein paar Jahre später zog Amparo in die Neuköllner Hermannstraße in den 5. Stock. Ihre direkten Nachbarn waren dort wieder Ines und Leo, sie wohnen noch heute dort.

Die Überraschung war groß, als wir gehört haben, dass Leo mit Panflöte und Regenmacher beim Casting von Supertalent 2011 teil nimmt. Und er hat dort nicht nur die Jury Dieter, Sylvie und Motsi verzaubert, sondern auch das Publikum. Dieter Bohlen glaubte nicht, dass der Sound echt ist, und ließ ihn nach dem Casting nochmal die Panflöte spielen. Der Sound war echt und Leo im Halbfinale. Dort rührte er die Zuschauer außer mit seiner Musik auch mit dem tränenreichen Wiedersehen mit seiner Mutter, mit dem ihn RTL überrascht hatte. Gestern im Finale gewann er mit Abstand (31% der Anrufe) vor den beiden Nächstplazierten mit je 13%. Ein perfekter Auftritt mit viel Gefühl, bei der Zugabe mit Sieges- und Dankeschön-Schrei war Motsis Gesicht tränenüberströmt.

In Ecuadors Presse wurde der Sieg natürlich gefeiert, hier ein paar Links:
Auf diesem Wege herzlichen Glückwunsch und alles Gute für Leos Zukunft!
Dieter, Leo, seine Mama und Ines

Sonntag, 4. September 2011

Sommer

Seit dem letzten Artikel ist einige Zeit vergangen, zwei Urlaube nach Skandinavien und Lanzarote und im Moment habe ich wieder Urlaub für Melissas Eingewöhnung im Kindergarten. Deshalb hier einige Stichpunkte, Fotos und Videos:

Skandinavien


Stefan arbeitet ja schon seit einiger Zeit in Stockholm, und so haben wir im Mai die Gelegenheit genutzt, ihn dort zu besuchen und auch ausgiebige Zwischenstationen in Kopenhagen und Lund/Malmö gemacht. Was mich am meisten beeindruckt hat:

Ein Kindermöbelgeschäft in Kopenhagen-Ørestad 
Café Kreuzberg in Kopenhagen
8 Tallet in Ørestad, ein Haus in 8-Form, an dem man mit Kinderwagen hoch- und rumlaufen kann

Die Fahrt mit der führerlosen U-Bahn durch das Zukunftsviertel Ørestad ähnelt einem Rundgang durch eine Architekturausstellung

Tankstelle in Stockholm-Skansen
In dieser recht unscheinbaren Kirche heiratete im letzten Jahr Kronprinzessin Victoria von Schweden - und 31 Jahre zuvor ihre Eltern.  
Stefan zeigt uns Stockholm
Die Schären
In Lund
Die Universität von Lund
Der Turning Torso von Malmö
Skandinavien ist recht kinderfreundlich, das merkt man hierzulande schon an den vielen Wickelräumen,  Bollerwagen und Kindermenüs bei Ikea. In Stockholm müssen Mütter oder Väter mit Kinderwagen im Bus nichts zahlen (in der U-Bahn dagegen schon). Zusätzlich fällt einem die hohe Zahl von Fahrrädern auf, wie man es auch von Holland her kennt.

Lanzarote

Im Juli haben wir für zwei Wochen Silvias Schwester Alicia, ihren Freund Francisco und andere Verwandte Silvias auf Lanzarote besucht. Fast alle Verwandten arbeiten dort im Hotelgewerbe, und so haben wir interessante Berichte gehört, wie sich manche Hotelgäste so benehmen. Die Klischee der englischen Touristen (trinkfreudig, Randale bei Fußballniederlagen) konnte z.B. leider nicht entkräftet werden. Oder von All-Inclusive-Reisenden, die das Hotelgelände praktisch nie verlassen (und auch kein Bargeld mit haben, wozu auch?). Dabei ist Lanzarote eine sehr schöne Insel, deren Hauptmerkmal zwei Sachen sind, die fehlen:
  • Abfälle/Dreck: Man sieht ständig Kolonnen von Strassenreinigern und findet nirgendwo Abfälle. Auch die Hausmüllbeseitigung ist umsonst, es gibt keine einzelnen Mülltonnen sondern nur große Container, die von einme gnazen Strassenblock benutzt werden.
  • Reklameschilder: Auf Initiative des lokalen Künstlers César Manrique wurden alle Reklametafeln auf der Insel verboten.
Mit Alicia im Vulkangestein
Mit Alicia und Francisco vor den Salinen
Mit Cousins Monica und Wilson und Tante Elsa in Manriques Kaktusgarten
Melissas bester Spielkamerad war ihr Cousin Joan
An dieser Poollandschaft von César Manrique würde sich auch James Bond wohlfühlen
Ausflug nach Fuerteventura: Bei der Seelöwenshow im Zoo robbt Coco direkt an Melissa vorbei
Das ehemalige Haus von César Manrique ist direkt in Vulkanblasen hineingebaut
Nationalpark Timanfaya

Erdwärme in Timanfaya

Silvias Geburtstag
Aussichtspunkt bei Haria
Melissas Kindergarten

Seit dem 1. September ist Melissa ein Ahörnchen (so heißt der Kinderladen zwei Häuser weiter). Melissa wurde herzlich von den anderen Kindern aufgenommen und es macht Spaß, die Eingewöhnung zu begleiten.
Die Ahörnchen beim Frühstück

Montag, 4. April 2011

Trommeln und eine Wahrsagerin

Am Freitag hat Steve Melissas Herz erobert. Früher hat sie immer geweint, wenn Steve kam. Doch Silvia ahnte den Schlüssel zum Erfolg und bat Steve, für Melly zu trommeln. Das Ergebnis war eine sagenhafte Jam-Session, die Ihr zum Teil oben im Video sehen könnt.
Trommeln macht Spaß!

Um Schwingungen anderer Art ging es vor ziemlich genau 5 fünf Jahren, als mich meine Bekannte Nicole fragte, ob ich nicht zu einer Wahrsagerin mit wolle. Es war kurz vor meinem Sabbatjahr, und ich war gespannt auf jede neue Erfahrung. So standen wir also in der Küche einer osteuropäischen Frau in Berlin-Friedenau und tranken einen Art Espresso mit Kaffeegrund in der Tasse. Der Grund wurde von mir auf die Untertasse gekippt, und dann ging die Analyse los. Zuerst wurde die Gegenwart untersucht, von so banalen Dingen wie "drei Mal schon eine eigene Wohnung gehabt" (wenn man eine kurze Untermiete und einen Studien-Aufenthalt in Boston nicht mitzählt, stimmt's) über ein traumatisches Kindheitserlebnis ("es brach etwas ab, Angst ist gekommen" - kann mich an keins erinnern) und Schwierigkeiten, sich zu verändern (stimmt, damit habe ich erst 2006 angefangen). Dann ging es an die Zukunft: "Zur Zeit steht er ein wenig in der Luft, obwohl er Wohnung hat und fest im Beruf steht" (ja, konnte man so sehen), "Weg von hier oder bleiben? => Kopf sortieren und dann entscheiden!" (das war ein Thema ab 2006), "Zwei wichtigere Beziehungen, alles vorbei" (zumindest eine war gerade vorbei), aber: "Gut, er schafft seine Karriere und privat wird es gut", Gesundheitsvorsorge: Rücken. Lunge, Bronchien, HNO, Glückstage 8 und 24 (am 08.05.2010 war unsere kirchliche Hochzeit), Glücksmonate März, Juli und Dezember (im März war die standesamtliche Hochzeit). Nach der Sitzung gingen wir jeder nach Hause, ich fuhr nach Ecuador und Uganda und vergaß alles ziemlich schnell wieder.
Vier Doppelseiten Mitschrift von der Wahrsagerin

Aber Nicole hat während der Sitzung alles mitgeschrieben, und mit ihren Nachfragen die Wahrsagerin dabei ganz schön aus dem Takt gebracht. Sie solle doch endlich ruhig sein, man könne die Schwingungen ja gar nicht mehr fühlen... Und da Nicole schon lange neugierig war, was von den Vorhersagen alles eingetroffen ist, habe ich nun die Mitschriften mal wieder hervorgeholt.

Mittwoch, 23. März 2011

Ein kleiner großer Schritt...

Karlsbrücke, vor der Prager Burg

Als Vater erlebt man im ersten Jahr viele kleine und große Meilensteine, und alle sind sie kleine Wunder: das erste Sitzen, das erste Auf-den-Bauch-Drehen, das erste Fläschchen, der erste Brei, das erste Wort, das erste Krabbeln, der erste Zahn, das erste Mal Selber-mit-dem-Löffel-Essen das erste Stehen. Aber das bisher größte Ereignis war gestern, als Melissa das erste Mal freihändig gelaufen ist. Das ist ein Gefühl von neuer Unabhängigkeit, das das nächste Mal wahrscheinlich erst bei Melissas Führerschein wieder auftreten wird. Sie läuft noch wie betrunken, torkelt hin und her, und freut sich am Ende sehr, wenn sie in Mamas oder Papas ausgebreiteten Armen landet!

Ansonsten haben wir zwei schöne Wochenenden hinter uns. Am ersten waren wir bei strahlendem Sonnenschein in Prag, haben die Altstadt, Karlsbrücke, Burg, böhmischen Knödel und Kaffeehäuser genossen.

Die Karlsbrücke über der Moldau

Am zweiten Wochenende waren wir auf dem James-Blunt-Konzert in der Berliner O2-Arena. Einmal im Monat schenkt uns Amparo einen freien Abend und passt auf Melissa auf. Das ist immer sehr schön, dieses Jahr waren wir schon im Kino, in der Sauna und nun auch beim Konzert. James Blunt wirkte ganz natürlich, trat in Jeans und T-Shirt auf, lief zweimal durchs Publikum, und machte sich über die Bestuhlung in der Halle lustig: "Ich hoffe, Ihr bleibt hier nicht lange sitzen, so alt seid Ihr ja nicht..." Es hat gewirkt, am Ende standen alle, und James macht einen Schnappschuss der Zuschauer. Seine Fotosammlung der vergangenen Konzerte wurde vor der Aufführung gezeigt. Hier die beiden Zugaben:


Und was machen wir am kommenden Wochenende? Da feiern wir einen ganz besonderen Tag, der auch schon wieder genau ein Jahr her ist...

Sonntag, 30. Januar 2011

Allein unter Frauen

Es gibt Situationen und Orte, die man als Mann nie erleben wird, z.B. den Besuch eines Nagelstudios, einen Termin beim Frauenarzt, den Aufenthalt in einer überfüllten Damentoilette, das Umziehen in einer Mädchenumkleide oder die Übernachtung in einem Frauen-Studentenwohnheim. Es sei denn, man wird dafür komisch angesehen oder sogar strafrechtlich verfolgt. Und doch gibt es manchmal Umstände, in denen man(n) ganz legal und unverhofft in solche Situationen hereinschlittert. Besonders als Vater oder bei Auslandsaufenthalten...

Als Kind hatte ich lange Haare. Es waren die 70er Jahre und ich habe mich mit 10 Jahren im Aussehen an meine älteren Brüder gehalten. Auf dem Klassenfoto bin ich das Mädchen mit den langen blonden Haaren oben in der Mitte stehend. Für das Umziehen zum Sport hat mich der Hallenwart manchmal in die Mädchenumkleide geschickt. Nach dem ersten peinlichen Mal habe ich meine Anfrage "Wo ist denn hier bitte die Umkleide?" ergänzt um das Wort "Jungen-Umkleide?".

Sport in der 4. Klasse. Ich habe die blonde Löwenmähne in der Mitte.

15 Jahre später hatte ich einen Studienaufenthalt von 4 Monaten am MIT (Massachusetts Institute of Technology) in den USA bei Boston. Dort hatte ich eine Freundin Mindy, die im Frauenstudentenwohnheim auf dem Campus gewohnt hat. Sie meinte, Jungen dürften dort auch übernachten. Als ich das gemacht habe, hatte ich ein komisches Gefühl. Bevor ich in die Gemeinschaftsdusche gehen konnte, musste Mindy immer vorher schauen, ob alles frei ist und hat dann an der Tür ein Schild umgedreht ("Achtung Mann!").

Nach der Dusche im Mädchenwohnheim habe ich mich 1993 mit einem Handtuchturban getarnt.

Ins Nagelstudio wollte ich in Ecuador 2006 eigentlich nur aus Langeweile und Begleitung für Narcisa gehen. Warum ich dann hinterher auch pedikürt war, könnt Ihr hier nachlesen.

Termine beim Frauenarzt hatte ich 2009 öfters, als ich mit Silvia zu einigen Schwangeschaftsuntersuchungen mit gegangen bin. Natürlich wollte ich mir die Ultraschallbilder und das erste In-Bauch-Video von Melissa nicht entgehen lassen!

Der Ecuador-Stand auf der Grünen Woche, hinten sitzt Silvia mit Melissa

Warum ich den Artikel aber eigentlich schreibe, ist mein erster Besuch in einer völlig überfüllten Damentoilette gestern bei der Grünen Woche (Nahrungsmittelmesse) in Berlin. Silvia hat die Woche über spontan auf der Messe gearbeitet, da ihr Chef auf dem zuerst leeren Ecuador-Stand Panama-Hüte verkaufen durfte. Gestern habe ich sie dort besucht und habe dann mit Melissa die Hallen erkundet (es war sehr voll, so dass Silvia ihre Kollegin nicht alleine lassen konnte). Irgendwann kam dann natürlich auch die Zeit zum Windelwechseln. Nun gibt es auf dem riesigen Messegelände Hunderte von Toiletten, Wickelräume sind aber rar. Auf dem nördlichen alten Teil gibt es gar keine Räume, eine Hostess empfahl mir stattdessen die DRK-Sanitäterstation. Die war aber so überfüllt von teils ohnmächtigen Patienten, dass kein Platz zum Wickeln war. Nach einer Stunde hatte ich mich dann mit Kinderwagen durch die völlig überfüllten Hallen auf das neuere Südgelände vorgearbeitet. Dabei habe ich auch Kommentare wie "Es müsste mal einen Tag ohne Rentner und Kinderwagen hier geben, dann käme man besser durch!" gehört. Endlich sah ich dann das Baby-Symbol und ging in die Richtung. Allerdings führte das Schild direkt in die Damentoilette, und an der Herrentoilette war kein entsprechender Hinweis zu finden. Das Südgelände wurde in den 90er-Jahren gebaut, offensichtlich gab es damals noch keine Väter, die ihre Kinder gewickelt haben. Was nun? Nachdem ich schon im Vorraum der Damentoilette mit Kinderwagen stand, eine riesige Warteschlange und fragende Gesichter bei den Frauen sah, wollte ich eigentlich gleich wieder umdrehen. Ich hatte die amerikanischen Filme im Kopf, wo die Frauen hysterisch laut kreischen, wenn sie einen Mann auf der Toilette sehen. Dann hat mich aber eine freundliche Toilettenfrau, die wie eine Verkehrspolizistin die Koordination und Einweisung der Warteschlange durchführte, zu sich herangewunken, mich an der Schlange vorbei zu den Toilettenräumen gelotst, und tatsächlich, hinter der ersten Ecke rechts gab es versteckt einen Raum. Der hatte zwar nur einen blanken Tisch, immerhin einen Papierspender und einen offenen, stinkenden Windeleimer (Waschbecken? Wickelunterlage?), aber er erfüllte seinen Zweck. Beim Rausgehen war die Verkehrspolizistin verschwunden und ich musste mir selber meinen Weg gegen den Strom der entgegen drängenden Frauen suchen, aber das war nichts im Vergleich zum Gedränge oben in den Hallen...

Die Grünen interpretieren den Namen "Grüne Woche" auf ihre Art, hier Frau Claudia Roth. Das Wickelraum-Thema hätte sie vielleicht auch interessiert? Habe ich aber erst danach erlebt.